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Mustafa Esmer © privat, bearb. MiG

Hallo Deutschland!

Wir, die 60 Prozent, sind auch noch da

Die Türkei hat gewählt und die Meinungsspalten in deutschen Medien sind voll mit Kommentaren zum Wahlausgang. Sie alle kritisieren den AKP Wahlsieg. Jene 60 Prozent in Deutschland, die die AKP gewählt haben, kommen hingegen kaum zu Wort. Woran liegt das?

Von Mustafa Esmer Mittwoch, 04.11.2015, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 08.11.2015, 15:18 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Türkei hat gewählt. Die AK Partei holte sich, mit einem Stimmenzuwachs von knapp 10 Prozent die absolute Mehrheit im türkischen Parlament zurück. Die HDP schaffte nicht nur erneut den Einzug ins Parlament, sondern löste auch die national-konservative MHP als drittstärkste Kraft ab. Bei dieser Konstellation reichen die Stimmen der AK Partei und der HDP, um gemeinsam erarbeitete und auf Konsens basierende Gesetze zu verabschieden. Schon deshalb ist das Wahlergebnis begrüßenswert.

Schaut man sich die öffentlichen Diskussion zu den Wahlergebnissen in der Türkei aber an, bekommt man den Eindruck, als sei die Welt untergegangen. Nicht nur in Kommentarspalten etablierter Medien wird ein Weltuntergangsszenario konstruiert, sondern auch in der Politik. Bundestagsvizechefin Claudia Roth (Die Grünen) etwa kondolierte der Türkei zu diesem „schwarzen Tag“.

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Auffällig an dieser Debatte ist: Es kommen fast ausschließlich AKP-Gegner zu Wort. Und wie es der Zufall will, kommen sie überwiegend aus dem linken Spektrum – egal ob sogenannte deutsch-türkische Politiker, Vereinsfunktionäre oder Wissenschaftler. Allen gemein ist der einfach gestrickte Tenor: Gewinnt die AK Partei, war die Wahl schlecht.

Laut vorläufigen Wahlergebnissen haben jedoch etwa 60 Prozent der Türkeistämmigen in Deutschland, die AKP gewählt. Die dürften zufrieden sein mit den Wahlergebnissen. Aber wo bitte kommen diese Menschen zu Wort? Warum wird die Mehrheit der türkeistämmigen Wähler in Deutschland ignoriert, warum werden sie von der öffentlichen Debatte ausgeschlossen, während wir tagein tagaus HDP-nahe Meinungen lesen und hören, obwohl sie vergleichsweise niedrige 15,9 Prozent der türkeistämmigen Wähler in Deutschland überzeugt haben?

Leider ist das kein neues Phänomen. In meinen 39 Lebensjahren, die ich ausschließlich in Deutschland verbracht habe, haben Stimmen aus Medien und Politik mit dem erhobenen Zeigefinger auf uns und auf die Türkei gezeigt. Als Jugendlicher erklärte ich mir die in unterschiedlichen Formen erlebte „Türkenfeindlichkeit“ mit dem Versäumnis der konservativen türkeistämmigen Gruppen, ausreichende Sprachkompetenzen zu erwerben. Sie haben nie gemeinsam mit den Deutschen abends am Lagerfeuer gesessen und gemeinsam mit ihnen „Die Internationale“ gesungen, nie biertrinkend Schweinshaxe in der Kneipe gegessen. Nie gelernt, wie man beim Skat reizt und die Hand gut spielt.

Sie haben einfach keine Gemeinsamkeiten mit den Deutschen gefunden, die ihnen zudem vorurteilsbehaftet begegneten. So zogen sie sich zurück in ihre Unterschicht-Enklaven, die ihnen von öffentlich geführten Wohnungsverwaltungsgesellschaften zugewiesen wurden. Sie hatten deshalb keine Möglichkeit, ihre Argumente mit der Mehrheitsgesellschaft zu teilen und der Meinung türkeistämmiger Linker etwas entgegenzusetzen.

Einmal haben sie in den 1990ern versucht, ihre Stimmen zu erheben, sich in Deutschland politisch zu engagieren und sind grandios gescheitert. Ihre fehlenden Sprachkenntnisse sind ihnen zum Verhängnis geworden. Sie wurden als Faschisten etikettiert, weil sie mit türkischen Fahnen demonstriert hatten. Linke Türkeistämmige – schon damals vergleichsweise bestens vernetzt mit der Politik und den Medien – mischten als Ideengeber und Berater deutscher Politiker und Journalisten kräftig mit. Ihre Positionen wurden zur einzigen Wahrheit.

So wurden die Meinungen der konservativen Türkeistämmigen über Jahrzehnte unterbunden. Meiner Generation wurde im Elternhaus beigebracht, in der Öffentlichkeit bloß nicht aufzufallen – weder mit Meinung noch mit Tat. Sie hatten sich in den 1990ern die Hände verbrannt. Heute sieht sich diese Generation aber als Teil der deutschen Gesellschaft, sie besitzt ausreichende Sprach- und Sachkompetenz. Sie könnten die türkischen Wahlergebnisse ebenso gut – wenn nicht sogar besser – bewerten und kommentieren, vielleicht sogar befreit von Ideologien und sonstigen Scheukappen. Trotzdem kommen sie nicht zu Wort.

Dieser Zustand wird mit der zunehmenden Kompetenz immer unerträglicher. Deutschland muss auch diesen jungen Menschen zuhören, ihnen Möglichkeiten eröffnen, ihre Meinungen, Einstellungen und Überzeugungen in die öffentliche Diskussion einzubringen. Sonst bleiben sie außen vor, werden an den Rand gedrängt, ausgeschlossen. Wollen wir das? Aktuell Meinung

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  1. Jörn Sudhoff sagt:

    Hallo Migazin,
    kann das wirklich ein gewolltes Zitat (ab Zeile 4) sein: „Die kurdisch-nationalsozialistische HDP …“? Könnte es nicht sein, dass der „dipl. Sozialwissenschaftler“ meinte: „Die kurdisch-nationalistische HDP …“?
    So oder so teile ich aber seine Meinung in diesem Punkt nicht, da in der HDP auch diverse andere Menschen und Gruppen vertreten sind.
    Tschüs
    Jörn Sudhoff (in Istanbul lebend)

  2. Julia M. sagt:

    Mich würde wirklich interessieren, was die Beweggründe sind, die AKP zu wählen.

    Für mich steht sie in Verbindung mit einem Despoten, der Völkerrecht bricht und Gewalt gegen seine eigenen Landsleute ausübt, wenn sie nicht in seinem Sinne agieren.

    Das ist für mich nicht akzeptabel und gegen jedes Menschenrecht. Bitte lassen Sie mich daher gern wissen, warum man einem solchen Menschen mit der Regierung beauftragt, damit ich es zumindest ansatzweise verstehen kann.

  3. G. Polat sagt:

    Ich möchte ja ungern Ihr konservatives und heiles Weltbild von Erdogan und seiner AKP zerstören aber die Antwort auf Ihre Fragen erscheint mir doch sehr einfach. Stellen Sie sich vor, die Demokratie, wie sie hier in Deutschland verstanden wird, bekommt plötzlich eine Wende durch einen autoritären und christlich religiösen Präsidenten, der mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln versuchen würde, Deutschland langsam aber sicher zu einem religiös-konservativen Land umzubauen und es christlich und autoritär zu regieren. Hierfür nähme er auch gern Verstöße gegen die Demokratie in Kauf. Zu allererst betriebe er Säuberung seines Regierungsapparates durch Vetternwirtschaft, da er ja seine eigenen Leute neben sich im Staatsdienst sehen möchte, um seine Ideen besser umsetzen zu können. Natürlich würde er nur noch seine eigenen treuen Anhänger überall im ganzen Land voranbringen, wie z.B. Lehrer, Polizisten, Beamte, Studenten, etc.
    Staatsgegner, Friedensaktivisten, Andersdenkende, Andersgläubige und Andersartige sind für ihn Feinde und werden mit Gewalt eliminiert und durch seinen Polizeistaat niedergeknüppelt. Alle Medien würden plötzlich direkt oder indirekt kontrolliert und zensiert, um nur noch seine fanatische Politik und Autorität zuzulassen und auszustrahlen…stundenlange Omnipräsenz in allen Staatsmedien bzw. Fernsehkanälen. Menschen, die vor dieser Gewalt flüchten oder sich zur Wehr setzen, hießen dann plötzlich Terroristen und Staatsfeinde und würden öffentlich an den Pranger gestellt.

    Zudem versuchte er das neue Deutschland auch noch durch eine Verfassungsänderung in eine Präsidialrepublik umzuwandeln, um seine Macht als Staatschef noch weiter auszuweiten und die alleinige Herrschaft über sein Land zu bekommen und unantastbar zu sein. Wollten wir das?

    Deutschland hat dieses Phänomen mit einem Geisteskranken bereits durchlebt und hinter sich gebracht. Hat aus seiner Geschichte gelernt und achtet darauf, dass so etwas nicht mehr passiert. Die Wähler Erdogans nehmen in erster Linie die wirtschaftliche Entwicklung in der Türkei und den Glauben zum Anlass, ihn zu wählen. Von Unterdrückung, Folter und einer menschenverachtenden Politik wollen sie nichts wissen und das ist fernab jeglichen demokratischen Verständnisses und Verantwortung gegenüber den Betroffenen. Das erklärt vielleicht auch, warum Menschen wie Claudia Roth bzw. freiheitsliebende und – denkende Menschen so empört sind und keine Hoffnungen mehr für ein friedvolles Zusammenleben in der Türkei haben.

  4. Ludwig M. sagt:

    Die Kommentare sind überwiegend negativ weil eine Partei gewonnen hat die die Menschenrechte missachtet und die Meinungs- und Pressefreiheit massiv einschränkt. Warum sollte man dazu etwas Positives schreiben?

  5. Rudolf Stein sagt:

    In den Augen vieler Deutscher, die keine Türken oder türkischer Herkunft sind, befindet sich die Türkei im gesellschaftlichen Wandel, hin zu einem Staat, in dem der Religion politische Macht eingeräumt wird. So betrachtet stellt die Türkei eine Bühne dar, auf der man als Außenstehender beobachten kann, wie Islamisierung funktioniert. Das schürt Befürchtungen hinsichtlich der anhaltenden Einwanderung muslimischer Menschen in dieses Land. Und nun erfährt man, dass 60 Prozent aller Türken oder Türkischstämmigen in der BRD, die mitgewählt haben, einer solchen Politik zustimmen. Was soll ich von dieser „Mitbürgern“ halten? Vor allem von deren Loyalität zum Grundgesetz dieses Staates? Denn eines dürfte klar sein: wer mit dem gegenwärtigen gesellschaftlichen Wandel in der Türkei einverstanden ist, kann nicht mit dem demokratischen System der BRD einverstanden sein.

  6. deutscher staatsbüger sagt:

    In der Türkei gibt es 81 Provinzen. Wahlbezirke sozusagen, die die Abgeordneten für das Parlament stellen. Je nachdem, wie gewählt wird.

    Nun Leben in der Türkei ca 78 Millionen Menschen. Davon leben 71 Millionen in Städten.

    Jetzt nach diesen Parlamentswahlen werden vier Parteien im Parlament sitzen.

    Folgt werden Parteien gelistet, in wievielen Provinzen sie Parlamentarier stellen bzw nicht stellen:

    Akp:

    Abgeordnete aus 78 Provinzen. 3 fehlen.

    Chp:

    Abgeordnete aus 46 Provinzen. 35 fehlen.

    Mhp:

    Abgeordnete aus 24 Provinzen. 57 fehlen.

    Hdp:

    Abgeordnete aus 22 Provinzen. 59 fehlen.

    Ich finde es sehr traurig und besorgniserregend wie viele Menschen sich hinter das Wort „Kritik“ verstecken, seien es Politiker, Journalisten oder Kommentatoren.

    Und dabei darf man aus Deutschland Kritik erwarten. Denn hier lernen schon Kinder in der Schule, was Kritik ist, wie man mit Kritik umgeht und wie man kritisiert. Siehe objektive Kritik bzw konstruktive Kritik.

    Aber was wir gerade im Moment erleben und zum Teil auch schon seit Jahren erleben, was gegen Türken und der Türkei geschrieben wird, fällt nicht mehr in die Kategorie Kritik.

    Ein Mensch, der die Schule besucht hat, sollte das erkennen können. Aber das ist wohl heute in Deutschland zu viel erwartet. Mir tun unsere türkischen Mitbürger leid, die hier für unmündig erklärt werden. Und die hier eine Definition nach der anderen über sich ergehen lassen müssen. Es ist schon ekelhaft, wie hier in Deutschland, sich so viele Menschen über Türken und Türkei auskotzen.

    Wir haben es hier deutlich mit einer breit ausgelegten Kampagne zu tun. Es ist nur zu hoffen, dass die Stille Mehrheit in Deutschland sich nicht manipulieren lässt. Sonst sehe ich nichts gutes für unsere türkischen Mitbürger in Deutschland.

    Denn eines ist sicher, es gibt in Deutschland genug Extremisten, denen Kommentare schreiben nicht mehr genügen.

  7. Cengiz K sagt:

    Im allgemeinen Sprachgebrauch nennt man/frau das denigrierende Reden über Menschen, die sich abwesend vom diskursiven Geschehen befinden, Lästerei. Da sind Menschen meiner Erfahrung nach, im besonderen diejenigen, denen gerne eine überbordende Fähigkeit zur Anwendung von kritischen Methodiken nachgedichtet werden, besonders anfällig dafür.. Ich vermute als Kompensationsreaktion..Man/frau weiß nie, ob deren Urteil objektiv oder subjektiv gefällt wurde.. Das ist vermutlich auch die Absicht.. Man/frau tut alles, um sich dem offenen Gespräch zu entziehen, manchmal mit der Begründung ‚Gutmenschlichkeit‘, manchmal mit ‚political correctness‘, manchmal mit als Argumente getarnten Platitüden oder Polemiken.. Bei politischen Glatzenträgern nannte man/frau das früher ‚Parolen‘..
    Guter Artikel von Mustafa Esmer.

  8. aloo masala sagt:

    Hallo Herr Esmer,

    sollte es stimmen, dass Sie sich mit dem Wort „wir“ zu den 60% Wählern der AKP zählen, dann gratuliere ich Ihnen zum Wahlsieg Ihrer favorisierten Partei.

    Offenbar sind Sie in Deutschland geboren und nach 39 Jahren weiterhin türkischer Staatsbürger. Worauf ich hinaus will, Sie geben im Text klar und deutlich zu verstehen, wer „wir“ ist und wer die „anderen“ sind. Darauf komme ich später noch einmal zurück.

    Sie bekennen sich wiederholt als Unterstützer einer Partei, die ein erklärter Feind der Meinungs- und Pressefreiheit ist. Letzteres ist keine Erfindung der von Ihnen scharf kritisierten deutschen Medien, sondern kann in sämtlichen englischsprachigen Medien von der India Times und Al Jazeera zu den britischen und US-News nachgelesen werden.

    Doch die Meinungs- und Pressefreiheit ist Ihnen billig und recht, wenn Sie die einseitige deutsche Berichterstattung, die deutsche Politik und die deutsche Gesellschaft kritisieren wollen. Daraus folgt für mich, dass Sie die Meinungsfreiheit befürworten, solange die Sicht dargestellt wird, die Ihnen gefällt. Das ist etwa auch die Auffassung von Meinungsfreiheit, die nicht nur Erdogan vorschwebt, sondern auch anderen zwielichtigen Gestalten aus der Geschichte der letzten 100 Jahre.

    Sie legen in Ihren Artikeln großen Wert auf das „wir“ (die Türken) und die „anderen“ (die Deutschen). Sie legen so großen Wert darauf, dass Sie in einem anderen Migazin-Artikel die deutschen Medien mit den Worten aufforderten „Kümmert euch um Eure eigene Politik.“ [1]

    Offenbar kümmert Sie selbst die Politik der „anderen“ mehr als die „eigene“ Politik. Sie haben hohe Ansprüche an die „anderen“ aber keine an „uns“. Das nennt man Prinzipienlosigkeit oder auch Heuchelei.

    Um klarzustellen, ich selbst stehe der deutschen Presse sehr kritisch gegenüber. Was Sie aber hier machen ist krass widersprüchlich und deswegen völlig unglaubwürdig.

    Beste Grüße

    aloo masaa

    [1] http://www.migazin.de/2013/06/14/das-erdogan-bashing-leitmedien/

  9. Limon (Türkin) sagt:

    Ungeachtet aller Skandale und der Politik der Angst, Gewalt und des Chaoses meint Herr Esmer zufrieden, dass endlich die konservativen Türkeistämmigen auffallen können und Ihre Meinung sagen dürfen. Komisch, dass jemand, der in einem freien Europa lebt, alle demokratischen Vorteile genießt, auf Kosten der Bürgerfreiheit eine antidemokratische Partei unterstützt.
    Alles hat für ihn keine Bedeutung. Wichtig waren es eher seine Aufzählungen, seine Erlebnisse als Jugendliche. Er habe oft unterschiedliche „Türkenfeindlichkeit“ erlebt. Er habe nie gemeinsam mit den Deutschen abends am Lagerfeuer gesessen und gemeinsam mit ihnen „Die Internationale“ gesungen, nie biertrinkend Schweinshaxe in der Kneipe gegessen.
    Hier möchte ich kurz klarstellen, dass es ganz gewiss eine Unterdrückung (insbesondere im Beruf) gibt aber offenbar hat sich beim Herrn Esmer einige Gruppenereignisse zu einer Sozialpsychose entwickelt. Sich beim Schweineessen oder beim Biertrinken ausgegrenzt fühlen, ist keine ECHTE Unterdrückung höchstens ein Gruppenzwang, der auch unter Rauchern eintreten könnte. Es ist erstaunlich und traurig, dass jemand durch seine Andersartigkeit, das offenbar ein Teil seiner selbst geworden ist, somit ein politisches oder religiöses Statement entwickelt. Wie beim Gruppenzwang unter Rauchern empfehle ich Herrn Esmer dagegen endlich erwachsen zu werden und nicht seine Mitmenschen über seine Eß oder Trinkgewohnheiten zu messen.

  10. Magistrat sagt:

    Die Kommentare sind eine wunderbare Bestätigung dessen, was Herr Esmer in seinem Artikel anprangert und spiegeln wunderbar das medial eingeprägte Meinungsbild wieder. Ohne die Medien zur Türkeiwahl intensiv verfolgt zu haben, lässt sich aus den Kommentaren die Meinung der öffentlich-rechtlichen gut ablesen.
    Zum Beispiel Julia M. Sie kritisiert, dass Erdogan „Gewalt gegen seine eigenen Landsleute ausübt, wenn sie nicht in seinem Sinne agieren“, weil die hießige Presse und Politiker (!!) die antidemokratischen Randale und Chaoten Taksim-Platz für ihre Zwecke medial inszeniert haben.
    Nun, liebe Julia M., Sie können froh sein, dass die türkische Presse es nicht für nötig erachtet, die Polizeiaktionen gegen randalierende Linke im Zentrum Frankfurts, nahe der EZB nicht für ihre Zwecke inszenieren. Oder „Polizeigewalt“ gegen Stuttgart 21-Demonstranten. Ganz einfache Bürger! Merken Sie was? Vielleicht, wie selektiv Ihre Wahrnehmung ist??

    Was die „Kritiker“ noch nicht ganz realisiert haben: Staatsmedien stellen kein Medium zur Verbreitung der staatlich genehmen „Meinung“ dar. Sondern sie dienen der neutralen, objektiven Information der Bevölkerung aus – wohlgemerkt – den Mitteln u.a. der Bürger. Wir Bürger wollen nicht für einseitige Meinungsmache bezahlen, sondern für objektive Berichterstattung. Doch genau das passiert. Ist das nicht dasselbe, was gleichzeitig an Erdogan hierzulande so vehement kritisiert wird? Was ihn angeblich zum Undemokraten, zum Despot, zum Alleinherrscher, ja zum Sultan gar macht? Dass er andere Meinungen, als der seinen kein Medium gibt?

    Demokratie heißt, das Mehrheitsvotum zu akzeptieren. Und Interventionsverbot heißt, dass ich mich aus inneren Angelegenheiten in anderen Staaten herauszuhalten haben. Es ist beschämend und undemokratisch, es ist völkerrechtswidrig, wenn die deutsche Politik Partei für die türkische Opposition ergreift und ihr Sprachrohr spielt. Das gilt gerade für türkischstämmige Parteipolitiker auf Bundesebene, die ein Mandat des deutschen Volkes haben und keines der türkischen Linke.