CSU Forderung
Integrationsfernsehen soll Einwanderern Leitkultur vermitteln
Ein eigener TV-Sender, in dem ARD und ZDF Flüchtlingen die "deutsche Leitkultur" vermitteln? Das wünscht sich die CSU. Die Sender verweisen jedoch auf bestehende Angebote für Zuwanderer.
Freitag, 23.10.2015, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 25.10.2015, 16:24 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Die CSU fordert ARD und ZDF auf, einen eigenen Fernsehkanal aufzubauen, um die Integration von Flüchtlingen und Zuwanderern in Deutschland zu unterstützen. Hauptaufgabe des „Deutschen Integrationsfernsehens“ solle die „Vermittlung unserer deutschen Werte und unserer deutschen Leitkultur“ sein, zitiert das Boulevardblatt Bild aus einem Schreiben von CSU-Generalsekretär Andreas Scheuer an den ARD-Vorsitzenden Lutz Marmor und den ZDF-Intendanten Thomas Bellut. Die Sender äußerten sich nicht direkt zu dem Vorschlag, verwiesen aber auf eine „enge Abstimmung“ von ARD und ZDF beim Flüchtlingsthema. Ver.di und der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) lehnten die Idee der CSU ab.
Scheuer wünscht sich laut Bild ein Programm mit Grundgesetz-Unterricht, Info-Sendungen über das „Leben in unserem Staat und unserer Gesellschaft“ sowie Sprachkursen. Integration sei „die Mega-Aufgabe für die ganze Gesellschaft, zu der auch die TV-Anstalten ihren Beitrag leisten“ müssten, schreibt der CSU-Generalsekretär und bittet Marmor und Bellut, „sich kurzfristig abzustimmen, um dieses wichtige Projekt auf den Weg zu bringen“.
Ein neuer Kanal könnte nicht von ARD und ZDF selbst gegründet werden, sondern müsste von den Bundesländern beauftragt werden. Nach den Vorstellungen der CSU sollen für das Integrationsfernsehen die eingefrorenen Finanzreserven der öffentlich-rechtlichen Sender in Höhe von 1,6 Milliarden Euro verwendet werden. Auf diese Höhe werden sich bis Ende 2016 voraussichtlich die Mehreinnahmen aus dem neuen Rundfunkbeitrag summieren. Die Einnahmen liegen jedoch zunächst auf Sperrkonten und dürfen nicht verwendet werden, ehe ein politischer Beschluss gefasst ist.
Die ARD erklärte, sie sehe die Notwendigkeit, Zuwanderern ein leicht zugängliches Angebot zu machen. Unter der Internetadresse „refugees.ard.de“ seien sämtliche Angebote der ARD-Sender und der Deutschen Welle zusammengefasst. Dort fänden sich unter anderem Antworten auf grundsätzliche Fragen. Außerdem sei geplant, die „Tagesschau in 100 Sekunden“ in absehbarer Zeit auch auf Englisch und Arabisch zu senden. Der ARD-Vorsitzende Lutz Marmor sagte, die meisten Flüchtlinge ließen sich am besten über Internet und Smartphone erreichen. „Deshalb haben wir uns hauptsächlich auf Angebote im Netz konzentriert.“
Das ZDF bezeichnete die Integration von Flüchtlingen als „gesamtgesellschaftliche Herausforderung, der sich das ZDF stellt“. Über die breite Berichterstattung in den aktuellen Sendungen und Magazinen hinaus plane das ZDF gezielte Angebote für Flüchtlinge. In der ZDF-Mediathek würden künftig alle wichtigen Sendungen zum Thema gebündelt angeboten. Außerdem werde daran gearbeitet, die täglichen „Logo“-Nachrichten in der Mediathek auch mit arabischen Untertiteln anzubieten.
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) wies die Forderung nach einem Integrationskanal zurück. „Ein eigenes Programm, das eine wie auch immer definierte deutsche Leitkultur vermitteln soll, ist als mediales Ghetto zum Scheitern verurteilt“, erklärte Manfred Kloiber, Bundesvorsitzender der Fachgruppe Medien in der Gewerkschaft. Der öffentlich-rechtliche Rundfunk habe keinen Erziehungsauftrag, sondern einen Bildungsauftrag. „Dem kommen ARD, ZDF und Deutschlandradio am besten nach, indem sie sich auf allen Kanälen intensiv und kritisch mit dem Thema Migration auseinandersetzen.“ Kloiber lobte die bereits existierende Berichterstattung.
Der Sprecher des Deutschen Journalisten-Verbands (DJV), Hendrik Zörner, bezeichnete den CSU-Vorschlag als unbrauchbar. „Wenn man denn wirklich den Begriff Leitkultur verwenden will: Diese wird täglich von öffentlich-rechtlichen und auch privaten Sendern vermittelt, da braucht man keinen Flüchtlingskanal“, sagte Zörner dem Evangelischen Pressedienst. (epd/mig) Aktuell Politik
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