Ebola

Epidemie wirkt sich auf Freizügigkeit und Einwanderung aus

Der Ausbruch und die Verbreitung des Ebola-Virus haben weltweit zu erhöhten Sicherheitsvorkehrungen im Reiseverkehr geführt. Während einige Staaten mit Bedacht auf verstärkte Kontrollen Reisender aus der Region setzen, wird die Angst der Bevölkerung vor einer Ansteckung mit Ebola in anderen Staaten benutzt, um Einwanderungsbeschränkungen zu fordern.

Von Rainer Ohliger Dienstag, 25.11.2014, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 26.11.2014, 16:53 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Das Ebola-Virus, das aktuell vor allem in den westafrikanischen Ländern Guinea, Sierra Leone, Liberia, teils auch in Nigeria auftritt, hat mittlerweile 10.000 Personen infiziert und mehr als 5.000 Todesopfer gefordert. Berechnungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) gehen bei einem exponentiellen Wachstum der Ansteckung von gegenwärtig 1.000 neu Infizierten pro Woche aus. Diese Zahl, so die Prognose, könnte auf 10.000 Personen wöchentlich bis Ende des Jahres steigen, wenn das prognostizierte Wachstum anhält. Die Angst vor der unkontrollierten Verbreitung der Krankheit, gegen die es bislang keine sicher wirkenden Medikamente oder prophylaktische Impfung gibt, hat weltweit zu erhöhten Sicherheitsvorkehrungen im Reiseverkehr sowie zu Überlegungen und Maßnahmen zur Einschränkung von Freizügigkeit und Einwanderung geführt. Die Maßnahmen reichen von verstärkten Kontrollen Reisender und obligatorischen Gesundheitsuntersuchungen bei Aus- oder Einreise bis hin zu Einreise- und Einwanderungsverboten.

Zahlreiche afrikanische Staaten wie die Elfenbeinküste, Gambia, Kamerun, Kenia, Nigeria und der Senegal haben den Flugverkehr mit Guinea, Liberia und Sierra Leone massiv eingeschränkt oder ganz eingestellt. Südafrika gewährt die Einreise aus Westafrika nur noch den eigenen Staatsangehörigen. Auch die USA, die Europäische Union und eine Reihe von Ländern des Verbands Südostasiatischer Staaten (ASEAN) sehen gezielte oder verstärkte Kontrollen von Passagieren aus den westafrikanischen Ländern als geeignete Maßnahme an, um ihre Bevölkerungen vor der Krankheit zu schützen. Insbesondere jene asiatischen Staaten mit hohem Flugaufkommen und Drehkreuzen für den internationalen Luftverkehr (Malaysia, Singapur, Thailand) setzen auf die gezielte Untersuchung und Registrierung von Flugpassagieren für bis zu drei Wochen, der Inkubationszeit von Ebola.

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Nachdem in Australien im Oktober der erste Ebola-Fall bei einem aus Guinea einreisenden Teenager aufgetreten war, setzte das Land die Einreise aus westafrikanischen Ländern sogar komplett aus. Für bereits eingereiste oder eingewanderte Westafrikaner wurden Quarantänemaßnahmen verhängt. Ende Oktober folgte auch Kanada dem australischen Beispiel und verweigert seitdem Personen aus den betroffenen westafrikanischen Ländern die Einreise. Kanada verzeichnet bislang keinen Ebola-Fall.

Strikte Maßnahmen gegen Freizügigkeit und Einwanderung zum Zweck des Gesundheitsschutzes sind umstritten. Sowohl die Weltgesundheitsorganisation (WHO) als auch die US-Regierung unter Präsident Barack Obama (Demokraten) sprechen sich strikt gegen solche Reise- und Handelsbeschränkungen aus, weil diese für die Wirtschaft, die medizinische Versorgung und Hilfsmaßnahmen in den von der Epidemie betroffenen Ländern kontraproduktiv seien.

Politisch ist diese Position sowohl in den USA als auch in Teilen Europas umstritten. In den Vereinigten Staaten wie auch in Italien wurde die Angst vor Ebola zu einer Politisierung des Themas genutzt, die als Zielrichtung die verstärkte Migrationskontrolle, Grenzsicherung und Abwehr von Migranten hat. Im jüngsten Wahlkampf für den Senat missbrauchten republikanische Kandidaten das Thema, um die ungeliebte Einwanderungsreform der Regierung Obama zu torpedieren. Sie instrumentalisierten die Angst vor der Krankheit, um eine striktere Kontrolle der mexikanisch-amerikanischen Grenze zur Verhinderung illegaler Einreise von potentiell mit dem Ebola-Virus Infizierten zu fordern. Dabei beriefen sie sich auf Marinegeneral John F. Kelly, der bei den amerikanischen Streitkräften für Lateinamerika zuständig ist. Bei einem Vortrag sagte Kelly, dass sich die Krankheit über die Migrationsrouten unkontrolliert bis in die USA ausbreiten werde, wenn sie erst einmal in Lateinamerika angekommen sei. In Italien forderte die rechtspopulistische Lega Nord mit Blick auf afrikanische Migranten stärkere Gesundheitskontrollen und die restriktivere Regulierung von deren Zuwanderung und Aufenthalt. Die WHO hingegen sprach sich gegen Panikmache aus und trat Forderungen nach verschärften Reise-, Grenz- und Migrationskontrollen entgegen. Aktuell Politik

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  1. Rufus sagt:

    Schwieriges Thema. Die Verbreitung über Migrationsrouten ist in der Tat möglich, allerdings unwahrscheinlicher als die Übertragung per Flugzeug, also über „legale“ Wege. Allerdings beträgt die Inkubationszeit in manchen Fällen mehr als drei Wochen, in der die Patienten schon ansteckend sind. Das ist ausreichend Zeit für westafrikanische Flüchtlinge, über das Mittelmeer in eine Flüchtlingsunterkunft zu gelangen. Und wie die Zustände dort sind, muss ich hier ja wohl niemandem erklären.

    Ich gebe zu bedenken: Wenn Konservative etwas können, dann ist es, potenzielle Gefahren frühzeitig zu erkennen und zu vereiteln. Der Zusammenhang zwischen konservativer Einstellung und einem Gespür für „schlechte Zeiten“ wurde, glaube ich, auch wissenschaftlich untermauert. Das muss man nicht immer verteufeln.