Rezension zum Wochenende
Maria von Welsers „Wo Frauen nichts wert sind“
Maria von Welser war in verschiedenen Ländern, hat vor Ort über Lebenswege von Frauen recherchiert und viele Einzelschicksale in ihrem Buch „Wo Frauen nichts wert sind – Vom weltweiten Terror gegen Mädchen und Frauen“ dokumentiert. Es ist ein Buch, das Menschen zu Wort kommen lässt, die sonst keine Stimme haben. Dieses Buch macht Mut und Hoffnung, dass es sich lohnt, für den Wert einer jeden Frau zu kämpfen.
Von Rukiye Çankıran Freitag, 31.10.2014, 8:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 01.11.2014, 21:23 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Weltweit ist unser Focus momentan auf Terror gerichtet, er bestimmt unseren Alltag, unsere Medien unsere Gespräche und zeigt uns die dunklen Seiten der Menschen. Will die Masse der Menschen nicht eigentlich in Frieden und glücklich mit ihren Familien und Liebsten leben? Warum also gibt es immer wieder Kriege, Kämpfe und Terror? Warum sind Menschen so besessen von Macht und sogar bereit, diese mit Gewalt durchzusetzen?
Das alles sind Fragen, die Sachbücher, Talkshows und Internetforen füllen. Es sind nur wenige Größenwahnsinnige, die von diesem Terror und den Machtkämpfen profitieren und viele Leidtragende. Ob nun im Krieg oder durch systematische Unterdrückung, in vielen Ländern ist die Gewalt gegen Frauen so selbstverständlich, dass sie gar nicht mehr wahrgenommen bzw. als Normalität hingenommen wird.
Maria von Welser hat sich mit dem weltweiten Terror gegen Mädchen und Frauen beschäftigt. Die Fernsehjournalistin und Publizistin aus Bayern war vor Ort in Afghanistan, Indien, Kongo und Bosnien, hat recherchiert und in ihrem Buch „Wo Frauen nichts wert sind“ viel Einzelschicksale dokumentiert. Es ist ein sehr persönliches Buch mit vielen sachlichen Informationen und guter Recherche zu politischen und geschichtlichen Entwicklungen in den jeweiligen Ländern.
Gleich im Präludium geht die vielfach ausgezeichnete Autorin auf die Frage ein, warum sie dieses Buch geschrieben hat. Sie möchte den vielen unterdrücken Frauen eine Stimme geben, auf die Gewalt gegen sie aufmerksam machen. Insbesondere die sexuelle Gewalt wird bis heute von vielen Betroffenen totgeschwiegen, aus Scham, aus Angst oder einfach nur, weil es keiner wissen möchte. Die Autorin betont, dass sie genau das aber mitteilen möchte, „das ganze Grauen und Leiden der Welt auch noch in Buchform und komprimiert“.
Das Buch ist keine Urlaubslektüre, weder Unterhaltung, noch gemütlich. Es macht traurig und wütend. Aber es gibt auch Mut, vor allem denjenigen Frauen, die helfen können, die bessere Chancen haben im Leben und Verantwortung tragen wollen. Verantwortung dafür, dass Mädchen und Frauen überall auf der Welt Zugang zu Bildung bekommen, ein Recht auf Selbstbestimmung und Freiheit. Denn so banal es klingt, in großen Teilen der Welt sind massenweise Frauen Analphabetinnen. Sie leben auf dem Land, werden häufig früh verheiratet, meisten noch vor dem 16. Geburtstag, und werden ihr Leben lang von Männern bevormundet, erst von ihren Vätern, später von den Ehegatten. Ohne Bildung, finanzielles und soziales Kapital sind sie diesem Teufelskreis ausgeliefert und geben diese Lebensform an ihre eigenen Töchter weiter.
Im Epilog sagt sie: „Wenn junge Frauen einen Beruf erlernen können, wenn sie studieren, eigenes Geld verdienen und nicht abhängig sind von einem Vater, von einem Ehemann und von Schwiegereltern – dann wird man sie auch nicht mehr schlagen, treten, anzünden und umbringen. Denn dann sind sie etwas wert.“
Der Wert der Frauen ist ihr zentrales Thema. Mit den Chancen, Möglichkeiten und dem, was Familien ihren Kindern bieten können, definiert sich der Wert eines Menschen in der Gesellschaft, in der dieser lebt. Es ist das Gegenüber, dass einem Wert beimisst, das individuelle Empfinden für den eigenen Wert ist bedeutungslos, wenn dem Menschen eine freie geistige und körperliche Entfaltung, verwehrt werden. Insbesondere in streng patriarchalen und konservativen Strukturen ist der Platz und Wert einer Frau klar definiert. Es geht dabei immer um Macht und das-Sagen-haben, das die männlichen Mitglieder ausnahmslos für sich beanspruchen, unabhängig von religiöser und kultureller Prägung. Ihr Geschlecht legitimiert ihr Verhalten und ihre natürlichen Rechte, die ihrer Überzeugung nach unantastbar sind und mit dieser Begründung verhindern sie weltweit bis heute jegliches Streben nach Freiheit und Unabhängigkeit von Frauen.
Die Autorin ruft in ihrem Buch alle Frauen auf, sich in Männergremien und Männerhochburgen zu engagieren, damit sich Strukturen ändern, denn nur einige wenige privilegierte Frauen in der westlichen Welt genießen die heutige Gleichberechtigung, für die in der Vergangenheit viele Menschen gekämpft hatten.
Maria von Welser weiß, wovon sie spricht, wenn es um Privilegien geht. Auf ihrer Homepage beschreibt sie, dass ihr Vater „Kaufmann und Kaiserlich-Japanischer Konsul“ war und ihre Mutter „Leiterin der Mode-Redaktion MADAME“. Nach dem Abitur machte Maria von Welser ein Redaktions-Volontariat in München und studierte Politologie und Soziologie. Bekannt wurde sie mit dem Frauenjournal „ML – Mona Lisa“. Kritiker nannten sie am Anfang ihrer Karriere bieder und angepasst. Vielleicht sind das wichtige Komponenten für den Erfolg. Bis heute ist die Autorin in verschiedenen Gremien und Einrichtungen engagiert. Sie ist in dritter Ehe verheiratet, hat erwachsene Kinder und ist für viele Frauen ein Vorbild. Aktuell Rezension
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