Aufgeklärt?
Polizei schließt politischen Hintergrund bei Bielefelder Moscheebränden aus
Die Brandanschläge auf Moscheen in Bielefeld hatten der Polizei zufolge keinen politischen Hintergrund. Der Dieb habe die Brände aus Frust gelegt angesichts der geringen Ausbeute. Genau diese Vermutung hatte die Polizei vor zwei Monaten aufgestellt. Muslime bezweifeln unterdessen diese Version der Polizei.
Montag, 27.10.2014, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 28.10.2014, 17:59 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Entweder ist die Polizei sehr gut bei der Einschätzung möglicher Motive von Straftaten oder sie kann mittels magischer Kräfte in die Zukunft schauen. Diesem Eindruck kann man sich schwer entziehen angesichts der Ermittlungsergebnisse zu zwei Brandanschlägen auf Moscheen in Bielefeld. Aber der Reihe nach:
Unbekannte Täter hatten im August innerhalb weniger Tage in zwei Bielefelder Moscheen eingebrochen und dort Exemplare des Korans auf dem Boden des Gebetsraums in Brand gesetzt. Kurz nach dem ersten Brand hatte die Polizei noch spekuliert, es handele sich möglicherweise um einen einfachen Einbruchsdiebstahl. Womöglich habe der Täter das Feuer aus Frust gelegt angesichts der geringen Ausbeute. Erst nach dem zweiten Brandanschlag nach gleichem Muster teilte die Polizei mit, die Ermittlungen liefen in alle Richtungen.
DNA Spuren
Wie die Polizei am Freitag mitteilte, seien die Brandanschläge nun aufgeklärt. Ein 32-Jähriger ohne Migrationshintergrund habe die Taten gestanden, sagte Polizeipräsidentin Katharina Giere. Hinweise auf einen politischen oder religiösen Hintergrund gebe es nicht. Der Täter sei ein bekannter Krimineller und Drogensüchtiger in Bielefeld.
Wegen einem Einbruch in eine Tankstelle hätte man ihn schon am 15.9. festgenommen. An Hand der DNA-Spuren und Fußabdrücke hätte man erkannt, dass er auch die Brände in den Moscheen gelegt hatte. Diese gab er dann auch zu. Er hätte in den Moscheen nach Geld gesucht und nichts gefunden. Aus Frust hätte er in den Moscheen Feuer gelegt. Er sei jetzt in U-Haft. Die Vernehmung ist noch nicht abgeschlossen. Einen politischen oder religiösen Hintergrund schließt die Polizei aus.
Muslime bezweifeln Polizeidarstellung
Dieser Darstellung kann der Vorsitzende des Dachvereins der muslimischen Einrichtungen in Bielefeld, Cemil Şahinöz, wenig abgewinnen. „Wer garantiert, dass die Aussage Diebstahl keine Schutzbehauptung ist? Verdeckt Diebstahl womöglich andere Motive? Das kennen wir aus den NSU-Skandalen“, so Şahinöz.
Zudem sei fraglich, wie man davon ausgeht, dass sich Geld ausgerechnet in einer Moschee befindet? „Nehmen wir an, der Täter wusste das beim ersten Einbruch nicht. Doch spätestens danach wusste er ja, dass in Moscheen kein Geld da ist, höchstens Bücherkassen mit 10-15 Euro. Warum soll er sich also noch einmal den Aufwand machen und in eine zweite Moschee einbrechen? In der zweiten Moschee musste er Kameras verdrehen, Fenster aufbrechen etc. Diesen Aufwand würde ein Dieb nicht machen, der schon einmal in eine Moschee eingebrochen ist und nur 10 Euro gefunden hat“, erklärt Şahinöz. Unklar sei zudem, wieso der Täter in der zweiten Moschee eine klar ersichtliche Bücherkasse nicht einmal berührt habe.
Polizei macht es sich zu einfach
Möglicherweise mache es sich die Polizei zu einfach mit dem Verweis auf die kriminelle Vergangenheit des Täters. „Hat der Täter auch in anderen Fällen, seine Zielobjekte in Brand gesetzt?“, fragt Şahinöz. Bei der zweiten Moschee habe der Täter die Koranexemplare mit einer Kerze angezündet. „Wieso sollte ein Dieb Kerzen in die Moschee mitzunehmen, wenn er die Moschee nur ausrauben wollte?“, möchte Şahinöz von den Ermittlern wissen. Er verweist auf mehrere unaufgeklärte Moscheeanschläge in dieser Region innerhalb weniger Wochen. Die Taten ähnelten sich. „Daher möchten wir, dass die Ermittler die Anschläge als Gesamtbild betrachten und nicht als Einzelfälle“.
Die Taten sorgten für Empörung, nachdem sich die betroffenen Muslime öffentlich über die mangelnde Anteilnahme beschwert hatten. Anschließend erklärten Kirchen und das nordrhein-westfälische Integrationsministerium ihre Solidarität mit den betroffenen Moscheegemeinden. Unterdessen ermittelt die Polizei weiter in einem anderen Brandfall in einer Moschee in Bad Salzuflen am 11. Oktober. Ein politischer Hintergrund könne dort bisher nicht ausgeschlossen werden, hieß es. (mig/epd) Aktuell Politik
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Hier in Migazin stellt Biplab Basu in seinem Beitrag vom 24.10.2014 „Die Justiz – Das Gesamtbild ist rassistisch“ fest: „Die Polizei, Ermittlungsbehörde, Staatsanwaltschaft und Gerichtsbarkeit sind keine neutralen Institutionen; auch sie sind in dieser rassistischen Gesellschaft verankert. …“ Man kann hier das Wort „rassistisch“ genauso zutreffend durch „islamfeindlich“ ersetzen, und trifft damit den Nagel auf den Kopf. Die genannten Vertreter des Staates selbst nehmen dies jedoch nicht wahr. Für sie ist Islamfeindlichkeit kein Thema; sie haben kein Verständnis dafür, daß Islamophobie in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen ist. Die Polizeibeamten und Richter empfinden sich als neutral, auch wenn sie es nicht sind, und aus diesem irrigen Empfinden heraus verdrängen sie die offensichtlichen Hinweise darauf, daß die Straftat ein islamfeindliches Motiv haben könnte. Und diejenigen von ihnen, die es möglicherweise anders empfinden, haben unter dem psychologischen Gruppenzwang vielleicht nicht den Mut, ihren Vorgesetzten gegenüber ihre abweichende Meinung zu äußern. Das ist eine bedenkliche Entwicklung.
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