Interview mit Kulturminister Lorz

„Imame können keinen Islam-Unterricht erteilen“

Katholische und evangelischen Religionsunterricht an Schulen können neben Lehrern auch Pfarrer, Priester und Nonnen geben. Imame hingegen sollen beim islamischen Religionsunterricht nicht unterrichten dürfen. Ein Gespräch mit dem hessichen Kultusminister Alexander Lorz:

Mittwoch, 08.10.2014, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 09.10.2014, 18:12 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Herr Minister, soll es künftig an jeder hessischen Schule Islam-Unterricht geben?

Alexander Lorz: Unser langfristiges Ziel ist, bekenntnisorientierten Islam-Unterricht überall dort anzubieten, wo es genügend Schülerinnen und Schüler gibt, die den Unterricht in Anspruch nehmen wollen. Entscheidend ist also der Bedarf. Auch andere konfessionelle Unterrichtsangebote gibt es ja nicht an allen Schulen.

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Derzeit wird der Islam-Unterricht nur in Grundschulen erteilt. Soll er auf die weiterführenden Schulen ausgeweitet werden?

Lorz: Natürlich. Der Islam-Unterricht soll organisch aufwachsen. Dieses Schuljahr gehen die ersten Kinder in die zweiten Klassen. Wenn diese in einigen Jahren in die fünfte Klasse kommen, soll es für sie auch an weiterführenden Schulen ein Angebot geben.

Welche Rückmeldungen bekommen Sie von den Eltern?

Lorz: Die Schulen berichten uns von einer großen Akzeptanz. Dies zeigt sich ja auch daran, dass alle 27 Schulen, die zum Schuljahr 2013/2014 mit dem Islam-Unterricht in einer ersten Klasse gestartet sind, in diesem Schuljahr wieder Islam-Unterricht für die neuen ersten Klassen anbieten. In diesem Schuljahr werden an 38 Grundschulen 1.180 Schülerinnen und Schüler unterrichtet.

Vor der Einführung des Faches gab es bei der CDU Befürchtungen, der türkische Staat könne über die „Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion“ (Ditib), Einfluss auf hessische Schulen nehmen. Sehen Sie diese Sorgen widerlegt?

Lorz: Wir, also das Kultusministerium, haben vor der Einführung des Faches sehr genau darauf geachtet, dass es organisatorische Vorkehrungen gibt, die das ausschließen. Wir haben das damals auch mit der Ditib sehr offen und vertrauensvoll besprochen. Ich denke, diese Vorarbeiten haben sich bewährt.

Welche Kinder besuchen den Islam-Unterricht? Sind es nur Kinder, die Moscheegemeinden des Ditib-Verbandes und der Ahmadiyya-Gemeinschaft angehören?

Lorz: Der Unterricht ist grundsätzlich auch für nicht der jeweiligen Religionsgemeinschaft angehörende Kinder offen. Wie bei allen anderen Religionsgemeinschaften müssen die Eltern allerdings die Teilnahme wollen und die Religionsgemeinschaften zustimmen. Die Lerngruppen sind bunt gemischt, es finden sich Kinder mit den unterschiedlichsten Migrationshintergründen, von Bosnien bis Nordafrika.

Bis 2013 gab es keine Lehrer, die für das neue Fach Islam-Unterricht ausgebildet waren. Dann startete ein Kurs an der Universität Gießen. Wie ist der Stand?

Lorz: Mittlerweile sind zwei Weiterbildungskurse beendet und es läuft ein dritter. Uns ist sehr wichtig festzustellen, dass die qualifizierten Lehrerinnen und Lehrer, die jetzt den Unterricht erteilen, alle bereits im hessischen Schuldienst tätig sind. Sie erwerben also durch die Kurse einfach nur die Qualifikation, ein weiteres Fach zu unterrichten. Mittlerweile sind rund 40 Lehrerinnen und Lehrer qualifiziert. Das ist eine Kapazität mit ausreichend Puffer, mit der auch Elternzeiten und die geografische Verteilung berücksichtigt sind.

Katholische und evangelische Religion können überdies Pfarrer, Priester und Nonnen unterrichten, die nicht im Staatsdienst sind. Ist eine solche Regelung auch für den Islam-Unterricht geplant?

Lorz: Eine solche Forderung gibt es derzeit nicht, auch nicht vonseiten der muslimischen Religionsgemeinschaften. Bei den christlichen Kirchen existiert dafür eine weit zurückreichende Tradition. Außerdem haben sie Regelungen geschaffen, die sicherstellen, dass die gestellten Lehrkräfte die notwendige Qualifikation zum Unterrichten haben. Etwas Entsprechendes existiert bei den islamischen Religionsgemeinschaften bislang nicht.

Dass also in Hessen Islam-Unterricht bald auch von Imamen erteilt wird, ist für Sie ausgeschlossen?

Lorz: Ja, das ist ausgeschlossen, weil sie in der Regel nicht über ein theologisches Vollstudium an einer deutschen Hochschule verfügen wie beispielsweise Pfarrerinnen und Pfarrer. Dieses Studium schließt auch religionspädagogische Anteile ein. Dagegen gibt es hierzulande keine Imame oder Imaminnen mit einer solchen Ausbildung. Speziell in der derzeitigen Anfangsphase ist es sehr wichtig, dass wir nur Lehrerinnen und Lehrer einsetzen, die bereits im allgemeinen Schuldienst sind.

(epd/mig) Aktuell Politik

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  1. horsti sagt:

    er hat ja absolut recht. ein imam hat in der regel keinen deutschen studienabschluss.

    trotzdem bin ich dafür, dass auch pfarrer vom schuldienst ausgeschlossen werden. die kirche hat an unseren schulen nichts verloren.

    religionsunterricht durch die kath kirche ist wie chemieunterricht bei einem BASF-angestellten. pfui.

  2. Mika sagt:

    GLEICHES RECHT FÜR ALLE!

    In dem Fall bin ich der Meinung wie @horsti: Pfarrer oder Pastoren sollten dann auch nicht unterrichten dürfen!

  3. karakal sagt:

    In den arabischen Ländern sind die Absolventen der Schari´a-Fakultät einer staatl. Universität gleichermaßen dazu qualifiziert, als Imam und Prediger in einer Moschee tätig zu sein als auch an einer Schule Religionsunterricht zu erteilen. Wenn die BRD für letzteres noch besondere pädagogische Qualifikationen voraussetzt, sollte es doch eigentlich möglich sein, die Imame in besonderen pädagogischen Grundkursen dazu zu qualifizieren.
    Andererseits läßt man Dozenten an Universitäten unterrichten, auch wenn sie keine erziehungswissenschaftliche Ausbildung hierfür erhalten haben. Man setzt einfach voraus, daß jeder Akademiker dazu qualifiziert ist, sein Wissen an andere Erwachsene weiterzugeben, auch wenn mancher von ihnen dies nicht in geeigneter Weise zu tun vermag.

  4. Wendy sagt:

    @karakal – es macht sicher einen Unterschied ob ich Kinder von einem in einem islamischen Staat ausgebildeten Land unterrichten lasse oder von einem der hier ein theologisches Studium absolviert hat.
    Die Studieninhalte hier und in den arabischen Ländern sind, selbst ohne die Bekenntnisbezogenen Differenzen, sicherlich deutlich unterschiedlich und basieren auch auf vollkommen anderen Grundsätzen.

    Ein Erwachsener an der Uni sollte (hoffentlich) soweit gefestigt sein, dass er kritisch mit den vermittelten Inhalten umgehen kann. Ein Kind ist das nicht. Hochschulbildung und Grundschulbildung sind da sehr verschieden zu bewerten.