Herr Minister, soll es künftig an jeder hessischen Schule Islam-Unterricht geben?
Alexander Lorz: Unser langfristiges Ziel ist, bekenntnisorientierten Islam-Unterricht überall dort anzubieten, wo es genügend Schülerinnen und Schüler gibt, die den Unterricht in Anspruch nehmen wollen. Entscheidend ist also der Bedarf. Auch andere konfessionelle Unterrichtsangebote gibt es ja nicht an allen Schulen.
Derzeit wird der Islam-Unterricht nur in Grundschulen erteilt. Soll er auf die weiterführenden Schulen ausgeweitet werden?
Lorz: Natürlich. Der Islam-Unterricht soll organisch aufwachsen. Dieses Schuljahr gehen die ersten Kinder in die zweiten Klassen. Wenn diese in einigen Jahren in die fünfte Klasse kommen, soll es für sie auch an weiterführenden Schulen ein Angebot geben.
Welche Rückmeldungen bekommen Sie von den Eltern?
Lorz: Die Schulen berichten uns von einer großen Akzeptanz. Dies zeigt sich ja auch daran, dass alle 27 Schulen, die zum Schuljahr 2013/2014 mit dem Islam-Unterricht in einer ersten Klasse gestartet sind, in diesem Schuljahr wieder Islam-Unterricht für die neuen ersten Klassen anbieten. In diesem Schuljahr werden an 38 Grundschulen 1.180 Schülerinnen und Schüler unterrichtet.
Vor der Einführung des Faches gab es bei der CDU Befürchtungen, der türkische Staat könne über die „Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion“ (Ditib), Einfluss auf hessische Schulen nehmen. Sehen Sie diese Sorgen widerlegt?
Lorz: Wir, also das Kultusministerium, haben vor der Einführung des Faches sehr genau darauf geachtet, dass es organisatorische Vorkehrungen gibt, die das ausschließen. Wir haben das damals auch mit der Ditib sehr offen und vertrauensvoll besprochen. Ich denke, diese Vorarbeiten haben sich bewährt.
Welche Kinder besuchen den Islam-Unterricht? Sind es nur Kinder, die Moscheegemeinden des Ditib-Verbandes und der Ahmadiyya-Gemeinschaft angehören?
Lorz: Der Unterricht ist grundsätzlich auch für nicht der jeweiligen Religionsgemeinschaft angehörende Kinder offen. Wie bei allen anderen Religionsgemeinschaften müssen die Eltern allerdings die Teilnahme wollen und die Religionsgemeinschaften zustimmen. Die Lerngruppen sind bunt gemischt, es finden sich Kinder mit den unterschiedlichsten Migrationshintergründen, von Bosnien bis Nordafrika.
Bis 2013 gab es keine Lehrer, die für das neue Fach Islam-Unterricht ausgebildet waren. Dann startete ein Kurs an der Universität Gießen. Wie ist der Stand?
Lorz: Mittlerweile sind zwei Weiterbildungskurse beendet und es läuft ein dritter. Uns ist sehr wichtig festzustellen, dass die qualifizierten Lehrerinnen und Lehrer, die jetzt den Unterricht erteilen, alle bereits im hessischen Schuldienst tätig sind. Sie erwerben also durch die Kurse einfach nur die Qualifikation, ein weiteres Fach zu unterrichten. Mittlerweile sind rund 40 Lehrerinnen und Lehrer qualifiziert. Das ist eine Kapazität mit ausreichend Puffer, mit der auch Elternzeiten und die geografische Verteilung berücksichtigt sind.
Katholische und evangelische Religion können überdies Pfarrer, Priester und Nonnen unterrichten, die nicht im Staatsdienst sind. Ist eine solche Regelung auch für den Islam-Unterricht geplant?
Lorz: Eine solche Forderung gibt es derzeit nicht, auch nicht vonseiten der muslimischen Religionsgemeinschaften. Bei den christlichen Kirchen existiert dafür eine weit zurückreichende Tradition. Außerdem haben sie Regelungen geschaffen, die sicherstellen, dass die gestellten Lehrkräfte die notwendige Qualifikation zum Unterrichten haben. Etwas Entsprechendes existiert bei den islamischen Religionsgemeinschaften bislang nicht.
Dass also in Hessen Islam-Unterricht bald auch von Imamen erteilt wird, ist für Sie ausgeschlossen?
Lorz: Ja, das ist ausgeschlossen, weil sie in der Regel nicht über ein theologisches Vollstudium an einer deutschen Hochschule verfügen wie beispielsweise Pfarrerinnen und Pfarrer. Dieses Studium schließt auch religionspädagogische Anteile ein. Dagegen gibt es hierzulande keine Imame oder Imaminnen mit einer solchen Ausbildung. Speziell in der derzeitigen Anfangsphase ist es sehr wichtig, dass wir nur Lehrerinnen und Lehrer einsetzen, die bereits im allgemeinen Schuldienst sind.
(epd/mig)