Chancen und Risiken
Türkeistämmige im Fokus der türkischen Regierung
Das zunehmende Interesse der türkischen Regierung für die Türkeistämmigen in Deutschland sorgt für Verstimmungen in den deutschtürkischen Beziehungen. Dass sich daraus Chancen für die hiesige Integrationspolitik ergeben, wird bisweilen übersehen.
Von Dr. Yaşar Aydın Mittwoch, 08.10.2014, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.10.2014, 21:48 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Das zunehmende Interesse der türkischen Regierung für die Türkeistämmigen in Deutschland und Interventionen türkischer Politiker in Angelegenheiten, die sie betreffen, ziehen in Deutschland Kritik auf sich und sorgen für Verstimmungen in deutschtürkischen Beziehungen. Wenngleich hierfür die ideologische Ausrichtung der türkischen Regierung sowie der Habitus der betreffenden Politiker verantwortlich gemacht werden, liegen ihre Ursachen tatsächlich in den neuen globalen Gegebenheiten. Sie erzeugen aus der Sicht der türkischen Außenpolitik das Erfordernis, die Türkei innerhalb der internationalen Beziehungen neu zu positionieren und die Potenziale der weltweit verstreuten Türkeistämmigen für das Land nutzbar zu machen.
Die türkische Diasporapolitik steht also in Zusammenhang mit der Entstehung einer türkeistämmigen transnationalen Diaspora in Deutschland: Die Deutsch-Türken bilden eine transnationale Diasporagemeinschaft, weil sie erstens eine eigenständige Identität zum Ausdruck bringen, zweitens intensive Beziehungen zur Türkei unterhalten und drittens schließlich über transnationale politische Organisationen verfügen, die über Ländergrenzen hinweg agieren. Aufgrund der wirtschaftlichen Potenziale der türkeistämmigen Diaspora in Deutschland deckt sich die türkische Diasporapolitik auch mit den wirtschaftspolitischen Interessen der türkischen Außenpolitik.
Das Interesse der türkischen Regierung für die Türkeistämmigen in Deutschland ist also nicht konjunkturell bedingt, wie es häufig angenommen wird, sondern Teil einer politischen Strategie, die auf Ausbau und Stärkung von Diasporaorganisationen und Erweiterung ihrer Handlungsfähigkeit zielt. Es ist daher davon auszugehen, dass die türkeistämmige Diaspora in Deutschland weiterhin im Fokus der Türkei bleiben wird, woraus sich nicht nur Herausforderungen für die bundesdeutsche Außen-, sondern auch Chancen für die Integrationspolitik ergeben.
Eine Herausforderung besteht darin, dass aufgrund von transnationalen Verflechtungen zwischen Deutschland und der Türkei eine klare Trennung zwischen Innen- und Außenpolitik nicht möglich ist. Die Türkeipolitik der Bundesregierung ist zugleich eine innenpolitische Angelegenheit, die Integrationspolitik gegenüber den Türkeistämmigen wiederum ist Gegenstand bundesdeutscher Außenpolitik. Die transnationalen Verflechtungen zwischen beiden Ländern haben eine „Außenpolitisierung“ der Innenpolitik und „Innenpolitisierung“ der Außenpolitik zur Folge. Hieraus ergibt sich für die bundesdeutsche Regierung die Notwendigkeit, die Türkei und Integrationspolitik als Balanceakt zwischen innenpolitischen Rücksichten und außenpolitischen Interessen zu gestalten.
Für die bundesdeutsche Integrationspolitik ergeben sich auch Chancen aus der türkischen Diasporapolitik, deren Ziel es ist, die Integration der Türkeistämmigen zu fördern, somit die Handlungsfähigkeit und politischen Einflussmöglichkeiten von Türkeistämmigen zu stärken. So plädiert der türkische Premier Recep Tayyip Erdoğan in seinen Deutschlandauftritten an die Türkeistämmigen, die Bildungschancen in Deutschland besser zu nutzen, sozial aufzusteigen, am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben und sich politisch zu engagieren. All dies wiederum kann nur erreicht werden, wenn sie sich moderne Verhaltensdispositionen und einen aufgeschlossenen Habitus aneignen. Insofern verhält sich die türkische Diasporapolitik – trotz ihrer Befürwortung einer konservativen Sozialmoral – komplementär zu der bundesdeutschen Integrationspolitik und Integrationsbemühungen der Türkeistämmigen. Aufgrund dieser konservativen Sozialmoral birgt die türkische Diasporapolitik die Gefahr, die kulturellen Fragmentierungen innerhalb der türkeistämmigen Diaspora in Deutschland weiter zu verfestigen. Aktuell Meinung
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Diaspora Politik gehört aus den Fängen der Nationalstaaten heraus genommen – und sollte einer supranationalen Institution übertragen werden – d.h. man sollte migrationsspezifische Funktionen der ILO (Arbeitsrecht), UNCTAD (Handel & Entwicklung) und UNDP (Kapital & Entiwcklungszusammenarbeit) herauslösen und in eine neue supranationale Institution zusammenführen.
Die Budgets der Nationalstaaten für Diaspora-Politik gehören dieser neuen supranationalen Institution als Beitragszahlung zugesprochen.
Staatszentrierte Diaspora Politik ist gefährlich für die Menschen, weil Auswanderungsstaaten sie instrumentalisieren könnten. Ebenso haben die USA ethnische Diasporas als außenpolitisches Instrument aufgebaut, um die Auswanderungsstaaten zu destabilisieren.
Diaspora Politiken als Agenda der Ein- und Auswanderungsstaaten zielen naturgemäß auf Vorteilsnahme unter Ausnutzung angeblicher Interessensgleichheit zwischen Diasporas und Ministrialbeamter in den Ein- und Auswanderungsstaaten. Das ist natürlich kontraproduktiv für die Inklusionspolitik.
Anders ist die Lage, wenn man eine offene und transparente supranationale Diaspora Politik machen würde unter Umgehung der nationalstaatlichen Ebene durch Akzentuierung der Rolle der regionalen Gebietskörperschaften auf Provinz- und kommunaler Ebene.
Diasporas vergessen nicht so leicht, dass es der Zentralstaat war, der sie zur Auswanderung trieb, und es ist auch heute noch der Zentralstaat, der die Auswanderunggsregionen benachteiligt, obwohl die Auswanderer den Auswanderungsstaat saniert haben durch Rücküberweisungen und Tourismusausgaben. Nicht zu vergessen die Ermöglichung von zinsgünstigen Kreditaufnahmen durch DPR Deals mit Rücküberweisungen, um die Restriktionen der schlechten Rating-Note der Türkei zu umgehen.
Langsam sollten sich die Türkischstämmigen fragen, wo all das Geld geblieben ist, dass man in die Türkei investiert hat ?