Hässlicher Deal

Lockerung der Optionspflicht und Verschärfung des Asylrechts passieren Bundestag

Kinder ausländischer Eltern sollen in Zukunft ihre Mehrstaatigkeit behalten dürfen, wenn sie in Deutschland aufgewachsen sind. Im Gegenzug sollen Asylbewerber aus den Balkanländern schneller abgeschoben werden. So lautete der Deal zwischen CDU/CSU und SPD.

Freitag, 04.07.2014, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 09.07.2014, 20:10 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Drohung der CSU, die Lockerung der Optionspflicht im Staatsangehörigkeitsgesetz zu verhindern, sollte die SPD der Asylrechtsverschärfung nicht zustimmen, zeigte Wirkung. Am Donnerstagabend beschloss der Bundestag mit den Stimmen der schwarz-roten Regierungskoalition beide Gesetzesvorhaben.

In Zukunft können Kinder ausländischer Eltern neben der deutschen auch die Staatsangehörigkeit ihrer Eltern behalten, wenn sie bis zum 21. Lebensjahr acht Jahre lang in Deutschland gelebt oder sechs Jahre eine Schule besucht oder eine Schul- oder Berufsausbildung gemacht haben. Bislang mussten sie sich spätestens mit 23 Jahren zwischen der deutschen und der Staatsbürgerschaft ihrer Eltern entscheiden.

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Özoğuz: 95 Prozent profitieren von der Neuregelung

Laut Aydan Özoğuz (SPD), Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, befreit die Neuregelung über 95 Prozent der Jugendlichen von der bisherigen Optionspflicht. Das sei die wichtigste Reform des Staatsangehörigkeitsrechts seit 1999. Die Änderung werde die gesellschaftliche und politische Akzeptanz der Mehrstaatigkeit in Deutschland grundlegend verbessern. Darauf baut auch SPD-Parteivorsitzender Sigmar Gabriel. Die neue Regelung sei „nur ein erster Schritt.“

Davon ließ sich die Opposition allerdings nicht überzeugen. Grünen-Innenpolitiker Volker Beck bemängelt, dass das Gesetz gegen EU-Recht verstößt und Zwei-Klassen-Bürger schafft. Keineswegs werde mit der Neuregelung die Optionspflicht abgeschafft. Die integrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion, Sevim Dağdelen warf der Union vor, aus ideologischer Borniertheit auf dem überholten Dogma der Vermeidung von Mehrstaatlichkeit zu beharren.

Dass die SPD selbst mit dem Gesetz nicht zufrieden ist, räumte im Bundestag SPD-Innenpolitiker Rüdiger Veit ein. Seine Partei hätte eine generelle Hinnahme der Mehrstaatigkeit gewünscht, doch mit der Union sei ein besserer Kompromiss nicht möglich gewesen. Erst nach zähen Verhandlungen hatte die SPD der Union bei den Koalitionsverhandlungen eine Änderung der Optionspflicht abgerungen.

Verschärftes Asylrecht als Gegenleistung

Dafür trugen die Sozialdemokraten gestern im Bundestag die von der CSU vorangepeitschten Verschärfungen im Asylrecht mit. Im Gegensatz zur Lockerung der Optionspflicht ist aber die Asylrechtsverschärfung im Bundesrat zustimmungspflichtig. Vor allem die Grünen und die Linkspartei wollen die Verschärfungen nicht. Sie könnten das Gesetz im Bundesrat blockieren.

Es sieht vor, Serbien, Bosnien-Herzegowina und Mazedonien zu sicheren Herkunftsstaaten zu erklären. Damit möchte die Regierung Asylbewerber aus diesen Ländern schneller ablehnen, das Asylverfahren beschleunigen. Begründet wird dieses Vorhaben mit dem Anstieg der Asylanträge aus diesen Ländern. Laut Bundesinnenministerium kamen im ersten Quartal dieses Jahres rund ein Fünftel aller Asylerstanträge aus einem dieser Länder. Wie das Ministerium außerdem mitteilt, liegt die Anerkennungsquote bei unter einem Prozent; eine politische Verfolgung liege in den allermeisten Fällen nicht vor.

Unter aller Kanone

Dass das nur die halbe Wahrheit ist, zeigt eine Antwort der Bundesregierung auf eine parlamentarische Anfrage der Linksfraktion. Danach ist die bereinigte Gesamtschutzquote viel höher. Im vergangenen Jahr etwa wurden deutlich mehr als doppelt so vielen Asylsuchenden aus Serbien und Mazedonien ein Schutzstatus von Seiten der Verwaltungsgerichte erteilt als vom Amt. Die gerichtlich durchgesetzten Anrerkennungen tauchen in den offiziellen Statistiken des Ministeriums aber nicht auf.

Um die Opposition dennoch zu überzeugen, zog Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) gestern im Bundestag alle Register: „Wir können mehr Verfolgte aus Syrien aufnehmen, wenn weniger Nichtverfolgte aus Serbien kommen. So einfach ist die Lage“, sagte de Maizière. Die Grünen konterten mit scharfer Kritik. Die Logik des Ministers sei „schräg“ und folge dem unsäglichen Das-Boot-ist-voll-Motto. Die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen, Luise Amtsberg sagte: „Flüchtlingsgruppen gegeneinander auszuspielen, ist unter aller Kanone“. (bk) Aktualisiert: 15:41 Uhr Leitartikel Politik

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  1. Khan sagt:

    Die Deutsche Politik vernichtet die Demokratie vollkommen. Ihre eigene aroganz wird am ende ihr leid.

    Was ist das für eine Regelung ? Der doppelpass gilt auch nur für die jenigen die ab 1990 geboren sind. Von einer Diskriminierung in die nächste. Jetzt wird man wegen seinem alter diskriminiert weil man zu früh geboren ist.

    Viele Migranten erwarten nichts mehr von dieser Politik. Die hoffnung ist vor jahrzehnten schon aufgegeben wurden.

    Wir erwarten nichts mehr aber bitte auch an die Politiker die sollen auch nichts mehr von uns erwarten.

    Man baut aus der Politik eine extreme eiszeit zwischen migranten und der politik auf. das wird sich in der kommenden zeit noch deutlicher zeigen.

    Wir sind kein teil dieses land und wir gehören auch nicht hier her. Das wird uns auch immer deutlich gemacht.

    Was soll diese merkwürdige regelung beim doppel pass ? Die nach 1990 geboren sind wollen wir haben aber die davor geboren sind nicht ?

    Das ist kein doppelpass sonder das ist die deutsche doppel moral.

  2. Linkes Herz sagt:

    Ganz miese Nummer, die die SPD da abzieht. Erinnert mich an die Zeit als in den Neunzigern die Asylantenheime brannten und das Asylrecht mit Zustimmung der SPD praktisch abgeschafft wurde.

  3. glamorama sagt:

    Die Rhetorik des Innenministers folgt dem klassischen Motto “Teile und herrsche”. Solange man verschiedene Asylantengruppen gegeneinander ausspielt, kommt vielleicht niemand auf die Idee, dass der eigentliche Verursacher der Probleme im Innenministerium sitzt.

  4. Global Player sagt:

    Khan, solange Sie darauf pochen, Türke zu sein, sind Sie auch kein volwertiger Teil dieses Landes. Das ist die bittere Wahrheit. Sie sind dann ein Türke, der hier lebt.

  5. Mike sagt:

    Khan: jedes Gesetz gilt ab einem bestimmten Zeitpunkt, lange Zeit konnte nur der Vater die deutsche Staatsangehörigkeit vererben sind deswegen all diejenigen die nach damaligen Recht nicht deutsch sind diskriminiert?

  6. H.P.Barkam sagt:

    Auch wenn es die §§ 232, 233 StGB für mich nicht erkennbar hergeben,
    kommt der ‚zwanghafte‘ Austausch von Menschen und Menschenrechten gegen ihren Willen nicht einem zumindest anstößigen Menschenhandel gleich, wenn sich verschiedene Interessengruppen, die sowieso für ihre Skrupellosigkeit bekannt sind, auf einem geschäftlichen Vergleich einigen, der ausschließlich zu ihrem eigenen Vorteil gereichen soll?

    Ist nur so ein Gedanke.

  7. peace a bane sagt:

    Mir tut es vielmehr wehe,dass das Politikerin mit Zuwanderungshintergrund sagen und vollziehen …als die Tatsache das Roma aus SICHEREN HERKUNFTSSTAATEN kommen,und der Integrationswille wird zertreten durch Politiker wie Güler,Özoguz oder wie wir alle heissen

  8. deutscher staatsbürger sagt:

    Khan hat recht und Khan ist sehrwohl ein Teil dieses Landes. Überhaupt nicht betroffen fällt es einigen Kommentatoren sehr leicht hier Menschen auszugrenzen. Und diese heuchlerische selber schuld Mentalität finde ich überhaupt nicht freundlich.

    Die Lage der vor 90 geborenen, vor 90 des letzten Jahrhunderts, vor 90 des letzten Jahrtausends, ist verheerend. Khan ist nicht der eine, ich bin auch betroffen. Ich bin hier geboren und lebe seit 35 Jahren hier. Ich lebe in einem Unrecht-Staat. Mein Deutschland ist undemokratisch. Ich werde von Beamten schikaniert, diskriminiert und ausgegrenzt.

  9. Matthias sagt:

    Da sind wir aber im Tal der Jammernden gelandet….

    Es war der Wunsch einiger Parteien, die Optionspflicht aufzulockern ohne gleich einen Doppelpass einzuführen. Jeder Staat hat das Recht, sein Staatsangehörigkeitsrecht zu regeln.

    Die Optionsregelung ist demokratisch zu stande gekommen. Für mich legitim. Die deutsche Politik vernichtet damit nicht die Demokratie, sondern lebt diese.

  10. Global Player sagt:

    @deutscher staatsbürger

    Warum? Sind Sie deutscher Staatsbürger oder haben Sie sich für die türkische Staatsbürgerschaft entschieden? Falls letzteres: warum genau? Falls ersteres: wie genau werden Sie diskriminiert?

    Grüße