Ausbildung
Mädchen mit Migrationshintergrund sind mehrfach benachteiligt
Die Hälfte der jungen Frauen ohne deutsche Staatsangehörigkeit macht Ausbildungen in nur fünf Berufen. Sie müssen ihre Berufswünsche drastisch einschränken, weil sie mehrfach benachteiligt sind. Das zeigt eine aktuelle Girls’Day Forschungsreihe.
Donnerstag, 14.11.2013, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:44 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
„Junge Frauen mit Migrationshintergrund interessieren sich für viele verschiedene Berufe und wollen Karriere machen“, erklärt Wenka Wentzel vom Kompetenzzentrum Technik-Diversity-Chancengleichheit in Bielefeld. „Wenn sie dann tatsächlich aus der Schule in die Arbeitswelt wechseln, landen sie in nur wenigen, den immer gleichen Berufsgruppen. Die Hälfte der jungen Frauen ohne deutsche Staatsangehörigkeit macht Ausbildungen in nur fünf Berufen wie Arzt- bzw. Zahnarzthelferin und Friseurin. Bei Frauen mit deutscher Staatsangehörigkeit sind dies nur 30 Prozent“.
Der Grund dafür sei aber nicht, betont die Wissenschaftlerin, dass sich die Mädchen nur für ein eingeschränktes Berufsspektrum interessieren. Diese jungen Frauen haben viele Wünsche in Bezug auf ihr Berufsleben und – sie träumen mehr als Mädchen ohne Migrationshintergrund von „klassischen Karriereberufen“ wie Ärztin oder Juristin! Sobald sie aber mit der konkreten Suche nach Ausbildungsmöglichkeiten beginnen, schränken sie ihre Wünsche drastisch ein und passen sie an wahrgenommene Arbeitsmarktrealitäten an.
Benachteiligung trotz gleichen Qualifikationen
Diese und andere Ergebnisse stellt der neueste Band der „Forschungsreihe Girls’Day“ vor, für die mehr als 10.000 Mädchen befragt und die Antworten von Haupt-, Realschülerinnen und Gymnasiastinnen ausgewertet wurden. Davon haben insgesamt 24 Prozent einen Migrationshintergrund. „Diese Mädchen legen hohen Wert auf Bildung und beschäftigen sich intensiv mit ihrer beruflichen Zukunft“, heißt es in der Studie. 14 Prozent der befragten Mädchen mit Migrationshintergrund können sich vorstellen, Ärztin zu werden. Auch Lehramt und kaufmännische Berufe (jeweils mit 6 Prozent) stehen bei ihnen hoch im Kurs.
Info: In der Forschungsreihe Girls’Day werden relevante Befragungsergebnisse aus der Evaluation des Girls’Day – Mädchen-Zukunftstags in lockerer, thematisch orientierter Folge vorgestellt. Die Reihe „Wunsch und Wirklichkeit – Berufsfindung von Mädchen mit Migrationshintergrund“ finden Sie hier.
Doch haben es Jugendliche mit Migrationshintergrund viel schwerer, den gewünschten Ausbildungsplatz zu finden. Dies gilt auch dann, wenn gleiche Ausgangsqualifikationen vorliegen und weitere potenziell hinderliche Faktoren berücksichtigt werden. Ausnahmen bilden lediglich zwei Bereiche, die Bau- und Holzbranche sowie Metall- und Elektroberufe, in denen Jugendliche mit Migrationshintergrund teilweise sogar höhere Einmündungschancen haben als Jugendliche ohne Migrationshintergrund.
Mehrfach benachteiligt
Vergleicht man wiederum die Chancen von Frauen und Männern miteinander (ohne Berücksichtigung ihres Migrationshintergrundes) schneiden die Frauen deutlich schlechter ab. Für Frauen mit Migrationshintergrund ist deshalb davon auszugehen, dass sie mehrfach benachteiligt sind. „Frauen, und besonders Frauen mit Migrationshintergrund, begegnen den erhöhten Einmündungsschwierigkeiten mit besonderen Anpassungsanstrengungen – allerdings ist fraglich, inwieweit diese tatsächlich zum gewünschten Erfolg führen“, heißt es in der Studie weiter.
„Die Einstellungspraxis der Unternehmen könnte hier viel verändern“, betont Wenka Wentzel. „Weil diese jungen Frauen in vielen Berufen kaum präsent sind, nehmen wir an, dass viele Personalverantwortliche, die Einfluss auf die Einstellungspraxis haben, keine Erfahrungen mit weiblichen Beschäftigten mit Zuwanderungsgeschichte haben. Es ist wichtig, Kontakte zwischen Unternehmen und interessierten Migrantinnen herzustellen, um mögliche Vorbehalte auf beiden Seiten abzubauen.“ (hs) Aktuell Gesellschaft Studien
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Mich stört im Artikel, dass man für dieses Problem scheinbar nur einen Verantwortlichen findet: den Arbeitgeber. Aber ist das nicht mal wieder ein bisschen zu einfach? Und ist es nicht ein bisschen übertrieben, wenn der Arbeitgeber auf die Zuwanderungsgeschichte des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen soll? Ist es nicht eigentlich so, dass sich die Arbeitnehmer den vorhandenen Gegebenheiten anpassen müssen?
Der letzte Satz bestätigt meien Vermutung eigentlich:
„…Es ist wichtig, Kontakte zwischen Unternehmen und interessierten Migrantinnen herzustellen, um mögliche Vorbehalte auf beiden Seiten abzubauen.“ Warum wird denn im Artikel nicht auf die Vorbehalte der Migrantinnen eingegangen die sie anscheinend gegenüber dem Arbeitgeber hegen?
Mal ganz davon abgesehen, dass der Artikel auf reinen „Vermutungen“ basiert und somit null aussagekräftig ist. Es könnte genauso gut ein anderes Problem geben.
Mir ist beispielsweise auch aufgefallen, dass extrem viele Mädchen mit muslimischer Herkunft scheinbar immer nur Juristin oder Ärztin werden wollen. Ich vermute, dass das Problem auch aus der Kultur stammt.
@Armin
diese Mädchen bewerben sich und werden nicht angenommen weil der Arbeitgeber Vorurteile hat und sie schreiben die Kultur der Bewerber sei das Problem!? In welcher abstrakten Gedankenwelt leben sie eigentlich?
Wenn jemand ein Kulturproblem hat dann sind es Menschen wie sie die andere durch ihre Herkunft oder Religion benachteiligen, im Arbeitsleben wie auch in der Gesellschaft.
Dass in der florierenden Exportweltmeister-Nation Menschen nach ihrer Qualifikation ausgewählt werden (auch für staatlich vergebene Posten, verbeamtet oder nicht) ist der allergrößte Witz des bundesdeutschen Personalwesens.. Fairness wird ja nicht umsonst groß geschrieben.. Rassismus und Diskriminierung kann es in der BRD allein per Dekret ja gar nicht geben.. Alle kulturellen Bürgerbewegungen bzgl. Ausgrenzung, Denigration, -Rechte, und Teilhabe, die weltweit alle Menschen aller „Arten“ weltweit begeistern und Anklang finden, gehen dem bundesdeutschen Monetär-Apparat (staatlich wie privat „wir sind wer“) am Allerwertesten vorbei.. Humankapital einer sozialdarwinistischen Gesellschaftskultur..
„Wenn jemand ein Kulturproblem hat dann sind es Menschen wie sie die andere durch ihre Herkunft oder Religion benachteiligen, im Arbeitsleben wie auch in der Gesellschaft.“
Das ist auch nur eine Vermutung/Unterstellungen ihrerseits, denn sie haben auch hierfür keine Beweise! Und dass es nunmal auch auf migrantischer Seite Vorbehalte gibt steht ja im Artikel und ist keine Vermutung meinerseits, sondern die der Autorin! Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass der Artikel nur einseitig über die mangelnde Toleranz von Arbeitgebern berichtet und das ist nunmal nicht das einzige Problem.
Frauen, bzw. Mädchen haben häufig ein Problem mit dem Selbstbewusstsein und auch etliche Stereotypen im Kopf, die sich je nach Herkunft und dem kulturellen Frauenbild dann auch noch verstärken. Manchmal fehlt es auch an Beispielen in der eigenen Familie oder es ist ein gewisser Druck da, sich dann auch pragmatisch schnell zu entscheiden und Geld zu verdienen. Da nimmt man ‚halt das nächstliegende, wo auch die Einstellungshürden am Niedrigsten sind. Einer meiner Töchter (auch Migrationshintergrund), die sich nach ihrem Abi, dass sie noch im Heimatland gemacht hatte bevor wir nach D kamen, überhaupt nicht entscheiden konnte … riet ich ein BFJ zu machen, um Zeit zu gewinnen, zu reifen, sicherer im Deutsch zu werden … ich glaube, das war eine gute Idee.
Es ist gut dass die Studie aufzeigt dass Mädchen mit Migrationshintergrund sich gehäuft für bestimmte Berufe entscheiden.
Allerdings wird es Zeit genauer hinzuschauen: Aus welchen Herkunftsländern stammen diese Mädchen / ihre Eltern? Welchen kulturellen Hintergrund haben sie?
„mit Migrationshintergrund“ ist genau so aussagekräftig wie gleich zu sagen „Menschen“. Aus so einer allgemeinen Aussage lassen sich keine Lösungen entwickeln.
Ich kenne z.B. viele Frauen mit koreanischen Wurzeln. Die haben kein Problem Karriere zu machen. Im Gegenteil: Sie sind weit überdurchschnittlich erfolgreich.
Darum sollten wir genauer hinschauen – und auch fragen: Spielen vielleicht die Werte die im Elternhaus vermittelt werden eine Rolle?
Und bitte: Hört endlich auf Einwanderer mit „Opfer“ gleichzusetzen! Meine Firma vermittelt internationale Fachkräfte nach Deutschland. Diese Menschen sind keine „Opfer“ sondern höchst erfolgreich!
Sie wollen kein Mitleid, keine Sonderbehandlung – sondern einfach nur so akzeptiert werden wie sie sind.
@ Armin W: „Und ist es nicht ein bisschen übertrieben, wenn der Arbeitgeber auf die Zuwanderungsgeschichte des Arbeitnehmers Rücksicht nehmen soll? Ist es nicht eigentlich so, dass sich die Arbeitnehmer den vorhandenen Gegebenheiten anpassen müssen?“
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Wenn jemand eine Zuwanderungsgeschichte hat oder aus einer Familie mit einer solchen kommt (das können auch Menschen mit deutscher Staatsbürgerschft, hier geboren und ein deutsches/ein nichtdeutsches Elternteil sein) dann ist dies eine Tatsache, die der Betreffende/die Betreffende nicht ändern kann. Wenn jemand hier geboren ist, einen guten Schulabschluss erreicht hat und ausgezeichnete deutsche Sprachkenntnisse hat, dann gibt es keinen Grund, eine „Anpassung an die vorhandenen Gegebenheiten“ zu verlangen. Woraus sollte diese Anpassung denn bestehen??? Was lässt sich denn da noch anpassen?????
Ansonsten kann ich auch nicht verstehen, warum man nach „kulturellem Hintergrund oder Herkunft“ fragt. Dieser sollte bei einer Bewerbung oder bei der Ausbildung doch eigentlich keinerlei Rolle spielen. Schlißelich lässt die kulturelle Herkunft des Bewerbers keinen Rückschlüsse auf dessen Leistungsfähigkeit oder berufliche Kompetenzen zu.
Die Wunschberufe Ärztin, Lehrerin, Juristin sind doch gar keine Ausbildungsberufe, sondern Studiengänge. Über die Zulassung entscheidet, sofern mehr Bewerber wie Studienplätze vorhanden sind, die Zentrale-Studienvergabe Stelle (ZVS) und zwar nach Notenschnitt+einem Eignungstest+ Dauer der Wartezeit. Also hängt die Zulassung nicht mit der ethnischen Herkunft ab.
Ansonsten finde ich den Hinweis auf das freiwillige soziale Jahr (FSJ), oder Berufs-Freiwilligen-Jahr BFJ) auch sehr gut. Dabei können Jugendliche ab 17 Jahren Erfahrungen im angestrebten Berufsfeld sammeln, erhalten zumindest ein Praktikantengehalt und auch schon eine Reverenz für eine eventuelle Ausbildungsstelle.
@ Armin V., posteo
„Bleiben Sie bei ihren Leisten – Schuster“. Das ist das einzige, was mir bei ihren Kommentaren einfällt. Die Gender Diskriminierung ist geographisch sehr unterschiedlich, und das hängt von historischen Kräfteverhältnissen ab zwischen Staat, Arbeitnehmern und Arbeitgebern.
In Frankreich waren die Arbeitsbeziehungen traditionell sehr feindselig, deswegen konnte der Staat auch eine Vermittlerrolle dort einnehmen. Deutschland ist ein spätkapitalistischer Staate, das mit Produzentengüter aufgestiegen ist. Eine Wirtschaft auf Produzentengüter aufzubauen erfordert komplexe technische Skills. Der Staat in Deutschland bekam keine Kontrolle über die Reproduktion der Arbeitskraft, und musste die Ausbildung lokal organisiert lassen. Die meisten Ausbilder sind weiße Männer und diese Gender Disparität macht es weißen deutschen Frauen schwer, aber auch migrantischen Frauen – bei diesen kommt zusätzlich die Stereotypisierung hinzu.
Bildungsinstitutionen sind keine meritokratischen Gebilde, sondern soziale Orte, wo der Bildungserfolg vom Besitz von Kapitalarten abhängt. Bordieu hat soziales, ökonomische, politisches, symbolisches und kulturelles Kapital bei der Produktion in seinem Werk „Die feinen Unterschiede“ nachgewiesen für das französische Bildungssystem.
Bildungsinstitutionen sind auf das eloquente weiße, deutsche Mittelstandskind ausgerichtet. In der BRD haben wir eine besondere Bildungsideologie geerbt, die es in anderen Ländern so nicht gibt. Bildung ist ein Lehnwort in anderen Ländern. Das deutsche Verständnis von Bildung führt so weit, dass für manche Leute man unter Doktorgrad kein Mensch ist. Diese Bildungsideologie steckt in abgeschwächter Form in den Köpfen der Lehrerschaft. Sie unterscheidet Kinder nach Stallgeruch. Dieses Phänomen erklärt auch die verschwundenden 2% hochbegabter Migranten-Kids, die es biologisch geben muss. Sie werden einfach von der Lehrerschaft niemals entdeckt, weil man hinter dem Phänotypus der Migranten-Kids keine Hochbegabung vermutet.
Bordieus Kapitalsorten werden in der Interaktion mit den Bildungsinstitutionen als Vorinvestition eingebracht um Bildungserfolg als Rendite ernten zu können. Da die Bildungsinstitutionen diese Kapitalsorten aber nicht selbst produzieren, werden sie faktisch von den Eltern erwartet.
Die deutsche Bildungsforschung kann man überhaupt nicht ernst nehmen. In den USA wird niemals ein Aufsatz veröffentlicht, der nicht die Störfaktoren race und gender kontrolliert. Da die BRD stark verstädtert ist und Bildung Ländersache ist, sollte man denken, man würde zusätzlich nach Einflußvariablen wie reiche Strassenabschnitte/arme Strassenabschnitte und Gemeindegrößen, Einwanderungsjahr kontrollieren, wie es bei Haushaltspanel üblich ist. Aber das gibt es nicht. Hier wird ministeriale Auftragsforschung betrieben mit Kosten ab 150 000 € aufwärts, wo das Ministerium vielleicht drei Zahlen braucht, um der eignen Inkompetenz ein wissenschatliches Feigenblatt zu beschaffen.
@Saadiya
Verstehen Sie mich bitte nicht falsch! Im Artikel wird es nahezu so dargestellt, als ob der Arbeitgeber dafür verantwortlich wäre, dass der Migrant sich wie „Zuhause“ fühlt. Der Meinung bin ich aber nicht, sondern ich denke, dass der Migrant da nicht mehr verlangen kann, als ein deutscher Arbeitnehmer. Ein Arbeitgeber muss keine Gebetsnischen in seinem Betrieb einbauen lassen, damit sich Muslime dort wohlfühlen. Der Arbeitgeber muß auch nicht irgendwelche kulturellen Besonderheiten berücksichtigen, sondern hat diese Faktoren gänzlich zu ignorieren. Ein Mensch ist ein Mensch. Er muß einen migrantischen Arbeitnehmer genauso behandeln, wie einen Einheimischen.
Und den migrantischen Arbeitnehmern kann man abverlangen sich den vorhandenen Arbeitsverhältnissen anzupassen und ihren religiösen wie auch kulturellen Hintergrund nicht zum Vordergrund zu machen, denn das ist ja, wenn auch im Artikel nicht erwähnt, das Hauptproblem.