Blick auf Europa 2/3
„Europäisch bedeutet offen gegenüber den Mitmenschen zu sein.“
Über Europa wurde viel diskutiert. Politiker werben für ein stärkeres Gemeinschaftsgefühl. EU-Bürger werden mobilisiert, um sich in ganz Europa wie zu Hause zu fühlen. Gleichzeitig werden nationalistische Gruppierungen stark und die EU als Wirtschaftsgemeinschaft wegen der Euro-Krise in Frage gestellt. Doch wie wird die Staatengemeinschaft eigentlich von außen gesehen? Drei Gespräche in Deutschland mit jungen Leuten aus Nicht-EU-Staaten über ihre Sicht auf Europa. Heute Iryna aus der Ukraine.
Von Miriam Gutekunst Donnerstag, 04.07.2013, 8:24 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 04.06.2015, 10:20 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Die Ukrainerin Iryna, 23, kam vor eineinhalb Jahren als Au-pair nach Deutschland. Sie hatte vor ihrer Ausreise ein rundum positives Bild von Europa – beziehungsweise von den Ländern der Europäischen Union. Denn rein geografisch gehört die Ukraine auch zu Europa und trotzdem fühlen sich die Menschen in diesem Land ausgeschlossen von der gemeinschaftlichen Idee Europas und viele Ukrainer wünschen sich die EU-Mitgliedschaft.
Wenn Iryna sagt, Lviv, wo sie Journalismus studiert hat, sei auch eine europäische Stadt, meint sie nicht, dass dieser Ort auch Teil Europas ist, sondern mit der Bezeichnung „europäisch“ verbindet sie gewisse Vorstellungen und Lebensweisen. Es gehe um die Mentalität der Leute und was sie möchten im Leben, erklärt sie. „Die Offenheit gegenüber den Mitmenschen. Das Verständnis, das jeder Mensch unterschiedliche Bedürfnisse und Ideen hat. Und das Recht, diesen individuellen Stil zu leben.“
Sie hat das Gefühl, dass man in Deutschland anziehen könne, was man will und man fühle sich wohl damit. In Europa könne man sich individuell entwickeln und den eigenen Weg finden. In der Ukraine gäbe es dagegen einen Standard, wie es gut ist und wenn man dem nicht entspreche, würden die Leute schauen. Auch seien die Menschen in Deutschland offen und freundlich. „Sie lachen einfach zu dir. Bei uns, wenn dich jemand anlacht, denkst du gleich, er ist in dich verliebt,“ sagt Iryna.
„Aber in Lviv sind die Leute schon wie in Europa, weil sie auch diese Idee haben.“ Es seien ihrer Meinung nach die vielen Ukrainer und Ukrainerinnen, die in der Europäischen Union arbeiten und diese neue Idee und Kultur mit nach Hause bringen.
Europa ist für Iryna auch das viele Grün in den Städten und die Bewegungskultur. Sie selbst liebt Sport und ist begeistert davon, wie sportliche Aktivitäten hier in den Alltag integriert sind. Diesen Trend könne sie ebenfalls in Ansätzen bei jungen Leuten in ihrer Heimat beobachten.
Doch Iryna hat auch negative Erfahrungen mit dem Europa gemacht, das sie so begeistert. Die Einreisebestimmungen in die Europäische Union sind für Menschen aus der Ukraine trotz dem Visumerleichterungsabkommen von 2007 relativ strikt, genauso wie für Bürger aus anderen Nicht-EU-Ländern, die als sogenannte „negative Drittstaaten“ kategorisiert sind.
Als sie das letzte Mal ihre Eltern in der Ukraine besucht hat, musste sie auf der Rückfahrt sieben Stunden lang an der Grenze zu Polen im Bus warten. Es wurden die Unterlagen von jedem Reisenden genauestens überprüft und anschließend jedes Gepäckstück durchsucht. In diesen Momenten wird Iryna traurig. „Es fehlt einfach an Vertrauen“, schätzt sie die Situation ein. „Aber ich hoffe, dass sich das bald ändert und die Ukraine auch Europa wird.“ Aktuell Feuilleton
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Was Menschen aus Drittstaaten immer wieder vergessen ist das die EU nun mal eine privilegierte Gemeinschaft ist. Und selbst das stimmt nicht ganz da z.B. im Falle von Rumänien und Bulgarien auch schon innerhalb der EU große Missstimmung herrscht. Außerdem ist die EU trotzdem längst ein Quantensprung beim Thema freizügigkeit, weil wohl zu gern verdrängt wird das diese Wartezeiten manchmal schon anfielen wenn man nur ins Nachbarland wollte. Es kann sich jeder gerne die Frage selbst beantworten, wenn die EU morgen verkünden würde, das für alle und jeden Menschen die Grenzen offen wären. Dann kämen tausende wenn nicht millionen von Menschen mit der „paradiesischen Vorstellung von der EU“.