Theater
Die Migronauten kommen
Berlin ist zunehmend Sammelpunkt junger griechischer Migranten. Was machen die alle hier? Theater. Zumindest die Gruppe ithAKT, die am 17. Mai 2013 die Premiere ihres ersten Stücks „Migronauten“ feiert.
Freitag, 10.05.2013, 8:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 14.05.2013, 9:07 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
„Lieber Maki, ich hoffe es geht dir gut. Komm bitte bald zurück. In drei Wochen spielen wir Fußball gegen die 3A. Wir sehen uns! Christos“. Wir haben uns nicht wiedergesehen. Im Mai 1995 habe ich von meinem damaligen Banknachbarn und besten Freund Christos eine Postkarte mit diesen Worten aus meiner griechischen Heimatstadt Preveza bekommen. Ich war kaum einen Monat in Deutschland und der festen Überzeugung, dass die Klasse 2B in ihrer Startaufstellung nicht auf mich verzichten müsse.
In der Zwischenzeit – achtzehn Jahre sind vergangen – bin ich ganze drei Mal als Tourist in Preveza gewesen. Mein Kontakt zu Griechen in Deutschland beschränkte sich in dieser Zeit auf gelegentliche Gaststättenbesuche mit meinen Eltern, Pastoren die vorbeikamen um Geld zu sammeln und beiläufige Begegnungen auf der Straße, bei denen meine Augen kurz aufleuchteten weil ich Griechisch hörte. Heute leiste ich mir den Luxus, mich nicht mehr über jeden Griechen freuen zu müssen. Es sind so viele, dass ich ihnen als Menschen begegnen kann, ohne Heimatnostalgie und ohne Sympathievorschuss.
Aber was machen die alle hier in Berlin? Theater. Natürlich nicht alle, aber zum Beispiel diejenigen, die sich im November 2012 unter der Leitung der Regisseurin Elena Sokratous zusammengetan haben, um die Theatergruppe ithAKT zu gründen. Ich bin einer von ihnen. In wenigen Tagen feiern wir die Premiere unseres ersten Stücks.
„Migronauten – Μεταναύτες“ ist ein Ausflug in eine Berliner WG mit Lebemännern, Trauerklößen und menschlichen Abgründen. Eine experimentelle Collage, zu der – im Einklang mit dem Geschehen auf der Bühne – Fotografen, Maler, Musiker und Filmemacher beitragen. Flackernde Lichter und ein Knall. Wir möchten Sie gern dabei haben, damit wir gemeinsam auf den Putz hauen können. In deutscher und griechischer Sprache mit Übertiteln.
Termine: 17./ 18./ 19./ 31. Mai 2013 und 01./ 02. Juni 2013; Ort: „To Spiti“, Morusstr. 18A, 12053 Berlin-Neukölln; Einlass: 20:00 Uhr; Eintritt frei; Ungeeignet für Jugendliche unter 16; Aufführungen finden in griechischer und deutscher Sprache statt (mit Übertiteln); Reservierung per Email info@ithakt.com telefonisch 0151 638 550 71 oder 0176 284 540 22 – weitereInfo: ithakt.com, facebook.com
Wenige von uns sind professionelle Kunstschaffende, andere sind Studenten oder arbeiten als Software-Entwickler oder Psychiater. Den letzten Winter haben wir uns erträglich gemacht, indem wir zusammen Szenen ausgearbeitet, Bühnenbilder entworfen und Trailer gebastelt haben. Wenn wir uns zur Probe treffen, sind wir Künstler, Freunde, Mentoren und Selbsthilfegruppe zugleich. Das führt dazu, dass wir während des Aufbaus über arbeitsrechtliche Fragen sprechen, und beim Aufräumen darüber, wo man in Berlin frischen Fisch kaufen kann, oder den „richtigen“ Kaffee. Eigentlich geht es hauptsächlich ums Essen und Kochen und darum was gerade wieder in Griechenland und Zypern los ist.
Diese Leute um mich herum, alle zwischen 19 und 29 Jahre alt, haben ein anderes Griechenland mitgebracht, als das aus meinen Kindheitserinnerungen an die Fußballspiele am Strand. Ein Griechenland, in dem man Heavy Metal hört und auf die Straße geht. Eines, das einem keine Wahl lässt, als seine Zukunft in die Hand zu nehmen oder unterzugehen. Sieht man das in unserem Theaterstück? Kommen Sie und sehen Sie selbst! (gb) Aktuell Feuilleton
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