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Die Aliens

Deutsche mit Migrationshintergrund

Die Interkulturellen Trainings, die ich anbiete, fange ich meistens mit folgender Geschichte an, die der verstorbene, ehemalige Integrationsbeauftragte von Nordrhein-Westfalen, Dr. Klaus Lefringhausen, sehr gerne auf Veranstaltungen erzählte:

Von Mittwoch, 24.04.2013, 8:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 03.05.2016, 17:03 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

„Eine türkische Familie zog in eine neue Wohnung ein, in direkter Nachbarschaft zu einer deutschen Familie. Die türkische Familie backte einen Kuchen und wartete darauf, dass die Nachbarn sie besuchen und sie willkommen heißen. So kannten sie es aus ihrer eigenen Tradition. Die deutsche Familie backte ebenfalls einen Kuchen, denn es ist bei ihnen üblich, dass die neuen Nachbarn vorbeikommen und sich vorstellen. Beide Familien blieben mit ihrem Kuchen allein.“

In dieser kurzen aber präzisen Geschichte wird deutlich, wie Missverständnisse und Vorurteile entstehen können. Die türkische Familie wird wohl denken, dass die deutschen Familien “alte Rassisten“ sind. Die deutschen Familien werden wohl annehmen, dass die türkische Familie “eine Parallelgesellschaft mitten in IHRER Wohngegend“ aufbaut. Dabei sind es fehlende Informationen über die gegenseitige Kultur, die zu diesen Vorurteilen führen.

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Hierzu sagte Ali, der vierte Khalif und Schwager des Propheten Muhammed: „Der Mensch mag das nicht, was er nicht kennt.“ Wenn man sich kennt, merkt man, wie gleich man eigentlich ist. Somit verschwindet das Fremde. Anstelle dieser kommt Freundschaft hervor.

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Das Fremde wurde in Deutschland unterschiedlich bezeichnet. Sie waren Gäste, Gastarbeiter, Ausländer, Türken (egal, welcher Herkunft sie waren), Migranten, Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen mit Migrationsvorgeschichte und viele andere Begrifflichkeiten, um dies „Phänomen“ wiederzugeben,

Der Soziologe Georg Simmel unterscheidet den Fremden und den Heimkehrer folgendermaßen: „Der Heimkehrer ist der, der heute kommt und morgen geht. Der Fremde ist der, der heute kommt und morgen bleibt.“

Die türkischen Gastarbeiter kamen als Heimkehrer. Sie wollten alle zurück. Ihre Motivation war dementsprechend. Doch sie wurden schnell von Heimkehrern zu Fremden, weil sie nicht zurückkehrten. Sie blieben in Deutschland. Und da sie sich in Deutschland nicht auskannten, waren sie eben “die Fremden“. Sowohl aus ihrer eigenen Sicht als auch aus der Sicht der Einheimischen.

Zunächst waren sie nur die “Gastarbeiter“. Sie waren also Gäste. Ein Gast hatte sich immer zu benehmen. Und wenn die Zeit kommt, geht der Gast. Normalerweise …

Sie aber blieben. Also wurden sie zu “Ausländern“. Also zu jenen, die aus dem Ausland kamen. Juristisch gesehen diejenigen, die keinen deutschen Pass haben.

Es gibt jedoch viele unter ihnen, die inzwischen den deutschen Pass haben. Sie wurden aber nur juristisch zu “Deutschen“, ansonsten wurden sie zu “Migranten“. Also zu Deutschen mit Migrationshintergrund.

Obwohl auch hier kein Konsensus herrscht. Es gibt allein vier verschiedene Bezeichnungen in den verschiedenen Bundesländern: Menschen mit Migrationsgeschichte, Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, Menschen mit Migrationshintergrund, Menschen mit Zuwanderungshintergrund.

Wissenschaftlich benutzt man eher den Begriff “Menschen mit Migrationsvorgeschichte.“ Hierbei soll betont werden, dass die Migrationsgeschichte der eigenen Geschichte vorgeht.

Damit jemand mit einem dieser Begriffe bezeichnet werden kann, werden die letzten drei Generationen betrachtet. Das heißt, erst wenn man drei Generationen vorher niemanden mehr in der Familie hat, der immigrierte, wird man nicht mehr als Migrant bezeichnet. „Huch“ höre ich an dieser Stelle meistens in meinen Vorträgen. „Ich bin ja dann auch ein Migrant“, bemerken viele.

In diesem „klar geteilten Zoo“ haben wir also demnach vier Käfige:

  • Deutsche mit Migrationshintergrund
  • Deutsche ohne Migrationshintergrund
  • Nichtdeutsche mit Migrationshintergrund
  • Nichtdeutsche ohne Migrationshintergrund

Die Aliens in diesem ganzen Durcheinander sind eigentlich die Deutschen mit Migrationshintergrund. Also diejenigen Menschen, die hier geboren sind, einen deutschen Pass haben, sich in Deutschland beheimatet fühlen, jedoch weiterhin in gewisse Schubladen gesteckt werden.

Und solange das geschieht, kann nicht EINE deutsche Gemeinschaft und Gesellschaft entstehen, was jedoch in Zeiten von Umbrüchen und Krisen notwendig ist. Die Gesellschaft muss sich also – mit all ihren Pluralitäten – als eine Gemeinschaft, eine Gesellschaft sehen, und muss sich davon loslösen, die Mitglieder ihrer Gesellschaft wie in einem Zoo in Käfige und Bereiche aufzuteilen. Aktuell Meinung

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  1. epze sagt:

    „… diejenigen Menschen, die hier geboren sind, einen deutschen Pass haben, sich in Deutschland beheimatet fühlen, jedoch weiterhin in gewisse Schubladen gesteckt werden.“ – himmmm … ist „beheimatet fühlen“ mit „zugehörig fühlen“ gleichzusetzen?? Oder muß sich erst die autochthone Bevölkerung genügend den Hineingeborenen (mit M-Hintergrund) angepaßt haben, bevor bei diesen langsam ein WIR-Gefühl erfwartet werden kann?
    Oder bleibt es ansonsten so wie in der Eingangs-Geschichte so schön beschrieben und verfestigt sich später zum (Vor-)Urteil ??
    Wer sollte sich primär um die zugehörigkeit mit die hiesige Bevölkerung bemühen … die ~5% oder eher die „restlichen“ 95%??

  2. Torgey sagt:

    @epeze: Ganz einfach. Alle!

    Btw. Wie sie bei Deutschen mit Migrationshintergrund auf ein Verhältnis 5%-95% wüsste ich gerne. Bereits der Ausländeranteil an der Gesamtbevölkerung liegt fast doppelt so hoch.