NSU-Prozess

Die Waage der Justitia und ein Kommunikationsdesaster

Der NSU-Prozess und das „Versagen der Sicherheitsbehörden“ wird die Blicke der Welt nach Deutschland lenken. Diese historische Gerichtsverhandlung ist eine Chance, das verlorengegangene Vertrauen in die Sicherheitsdienste, in Politik und Rechtsstaat wiederherzustellen. Die Verantwortlichen setzen aber alles daran, diese Chance zu verspielen.

Von Mittwoch, 03.04.2013, 8:28 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 01.12.2015, 9:27 Uhr Lesedauer: 7 Minuten  |  

Am 17. April 2013 beginnt einer der wichtigsten und brisantesten Gerichtsprozesse der deutschen Nachkriegszeit. Es geht um den Mord an zehn Menschen, darunter acht Türken, einen Griechen sowie einer deutsche Polizeikommissarin. Bei diesem Prozess steht Deutschland national wie international unter besonderer Beobachtung.

Das, was oftmals euphemistisch als „Versagen der Sicherheitsbehörden“ genannt wird, lenkt in den nächsten Wochen die Blicke der Welt nach Deutschland. Diese historische Gerichtsverhandlung ist zugleich eine Chance. Eine einmalige Chance, das verlorengegangene Vertrauen in die Sicherheitsdienste, in Politik und Rechtsstaat wiederherzustellen. Es geht, daran gibt es keinen Zweifel, auch darum, etwas wiedergutzumachen. Die Mentalität von einigen, leitenden Juristen jedoch scheint zu sein: „Angriff ist die beste Verteidigung“. Beobachter vermuten zudem, dass eine „Einmischung“ der Türkei mit allen Mitteln verhindert werden soll. Wie ist es sonst zu erklären, dass dem türkischen Botschafter in Deutschland, Hüseyin Avni Karslıoğlu und dem Vorsitzenden des Menschenrechtsausschusses im türkischen Parlament, Ayhan Sefer Üstün, bereits vor einigen Wochen ein fester Platz als Beobachter im Gerichtssaal verwehrt wurden?

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Dieselben Verantwortlichen haben nun die türkischen Medienvertreter und Nachrichtenagenturen abgewiesen. Dafür stehen gleich sieben öffentlich-rechtliche Medien auf der Liste: „Bayerischer Rundfunk (BR)“, „Deutschlandradio“, „Norddeutscher Rundfunk (NDR)“, „Südwest Rundfunk (SWR)“, „Mitteldeutscher Rundfunk (MDR)“, „Westdeutscher Rundfunk (WDR)“, „Zweites Deutsches Fernsehen (ZDF)“. Überdies sind kleine Lokalradios wie „Radio Arabella“ oder die „Bayerische Lokal – Radioprogramme (BLR)“ sowie viele weitere freie Journalisten auf der Akkreditierungsliste, die die „Süddeutsche Zeitung“ in ihrer Karfreitagsausgabe bekannt gab.

Die türkischen Medienvertreter, die sich um einen Platz beworben hatten, lauten: Nachrichtenagentur Anadolu (AA), Nachrichtenagentur Cihan, Tageszeitung „Hürriyet“, Nachrichtenagentur „İhlas“, Tageszeitung „Sabah“, Tageszeitung „Türkiye“ sowie die Tageszeitung „Zaman“. Kein einziger türkischer Journalist wurde jedoch in die Akkreditierungsliste aufgenommen. Das heißt im Klartext: Türkische Medienvertreter werden gemeinsam mit vielen weiteren namhaften ausländischen Medien keine Sitzplatzreservierung im Gerichtssaal haben. Auch international anerkannte Medienvertreter wie „Agence France Press (AFP)“, „Al Jazeera“, „Associated Press (AP)“, „Neue Züricher Zeitung (NZZ)“ oder die „New York Times“ zählen dazu. Sie alle können sich kein eigenes Bild von der Verhandlung machen und wären lediglich auf die Berichte ihrer mehrheitlich deutschen Kollegen angewiesen.

Der ehemalige türkischstämmige SPD-Europaabgeordneter Ozan Ceyhun bezeichnet die Ereignisse im Berliner „Tagesspiegel“ als „Schande“. Hakkı Keskin, ehemaliger Bundestagsabgeordneter der Linkspartei geht dagegen noch weiter. In der „Süddeutschen Zeitung (SZ)“ wirft er „Teilen der Gesellschaft, Politik und Justiz […] nicht nur fehlende Sensibilität, sondern eine bewusste Ignoranz“ und Diskriminierung vor. „Welt-Online“ bringt es auf den Punkt und titelt: „NSU-Akkreditierungsliste wird zur Blamage“.

Die Akkreditierungsbestimmungen waren ausbaufähig, um nicht zu sagen: suboptimal. Bei der Akkreditierung ging es um Minuten, wenn nicht gar Sekunden. Denn zahlreiche türkische Medienschaffende, wie etwa Celal Özcan von der Tageszeitung „Hürriyet“ berichten, sie hätten sich am Tag der Akkreditierungszulassung eingetragen. Die 50 Plätze seien bereits nach wenigen Stunden voll gewesen. Aber es gibt auch Beispiele dafür, dass es anders geht.

Bei dem Wettermoderator Jörg Kachelmann oder dem damaligen angeklagten Marco Weiss, der 2007 verdächtigt wurde, ein Mädchen missbraucht zu haben, wurde das Herkunftsprinzip bei Journalisten angewandt. Bei Kachelmann haben Schweizer Journalisten aufgrund der ethnischen Herkunft des Wettermoderators ein Kontingent erhalten. Auch bei Marco Weiss durften deutsche Reporter ausgiebig und zum Teil polarisierend über die Gerichtsverhandlung in Antalya berichten.

Dass das Münchner Oberlandesgericht nicht nach ethnischer Zugehörigkeit der Journalisten unterscheidet, ist gewiss ein gutes Zeichen. Aber vor dem Hintergrund, dass es sich bei den Mordopfern mehrheitlich um türkische- oder türkischstämmige Bürger handelt, deutet die Verhaltensweise des Gerichts auf eine Mischung zwischen Provokation und Nervosität hin. Eine souveräne Haltung sieht anders aus. Hier hätten das Gericht und sein Präsident ein wenig mehr Augenmaß, Empathie und Flexibilität an den Tag legen können. Gerade wenn es um Mord und die mögliche Verwicklung von V-Leuten geht, wäre Deeskalation statt Provokation eine weitsichtigere Maßnahme gewesen. Unser Rechtssystem hat ja wohl nichts zu verbergen.

Viele Türkischstämmige, vor allem jüngere Menschen, zweifeln an dem Respekt der Verantwortlichen vor den Mordopfern und deren Angehörigen. Die Art und Weise, wie mit türkischen Medien umgegangen wird, ist ein Kommunikationsdesaster. Ein Jahrhundertprozess wie dieser hätte nicht unbedingt in einem Saal stattfinden müssen, der nur Platz für insgesamt 250 Menschen, davon allein 50 für Zuschauer und lediglich 50 für Journalisten, bietet. Jedes Hochschulseminar, gerade die juristischen Fakultäten und Hörsäle, bieten Platz für mehr Menschen. Die Gerichtsleitung hätte im Vorfeld angesichts der Relevanz des Mordprozesses intensiver sprechen, kommunizieren und beraten müssen. Eine plausible und wohlwollende Lösung wäre bei so einem weltweit beachteten Prozess sicher nicht schwergefallen. Dies hätte Vertrauen und Transparenz geschaffen. Sturheit und Pedanterie scheinen aber überwogen zu haben.

Eine weitere Kommunikationspanne: Auch die bayerische Justizministerin Beate Merk (CSU), die die Entscheidung des Gerichts verteidigt, kommt mit ihren Erklärungsversuchen und Interviews unglücklich rüber.

Nach Informationen der „Süddeutschen Zeitung“ wirft auch die EU-Kommission dem Gericht vor, „jedes Gespür fehlen zu lassen“ und „suboptimal“ gehandelt zu haben. Die Zeitung zitiert die EU-Justizkommissarin Viviane Reding, die sagt, dass es „das Normalste von der Welt“ sei, „dass ausländische Medien, erst recht aus Ländern mit Betroffenen“, dem Prozess hätten beiwohnen müssen. Außerdem meldet sich Nils Muiznieks, der Menschenrechtskommissar des Europarats, zu Wort und lässt verlauten, dass er die Entscheidung des Gerichts kaum verstehe. Fatal für das Vertrauen in deutsche Gerichte und andere Behörden sind die Aufmacher türkischer Zeitungen der letzten Tage. Die liberal-nationale „Hürriyet“ titelt: „Türkische Presse nicht erwünscht“ und gleich daneben: „Der Gerichtsprozess beginnt bereits ungerecht“ [„O Mahkeme Daha İlk Gün Adaletsiz Başladı“]. Die „Milliyet“ titelt: „Gerechtigkeit nach deutscher Art“.

Die berühmte Handwaage der Justitia ist von Anfang an in einer Schieflage. Was für ein Bild geben wir mit solchen Vorfällen in der Welt ab? Das ohnehin schon durch die Morde gestörte Vertrauen in Teile der staatlichen Behörden wird durch solche Ereignisse nicht besser. Es dürfte, nach gesundem Menschenverstand, nicht das Ziel staatlicher Einrichtungen sein, die Zuversicht und das Vertrauen in eben diese Einrichtungen und das Rechtsstaatssystem, auf das wir gerade nach dem Zweiten Weltkrieg stolz sein können, zu minimieren. Nicht umsonst schreibt Friedrich Schmidt von der „Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ)“, dass das Gericht „jedes Gespür für die menschlichen und politischen Befindlichkeiten“ vermissen lässt. Cemil Şahinöz, Chefredakteur der Zeitschrift „Ayasofya“ und Betreiber der Internetseite www.misawa.de macht jetzt schon “große Zweifel” sowie “ein Nachgeschmack an Ungerechtigkeit” an dem Verfahren aus.

In diesem Gerichtsprozess geht es um mehr als die Zulassung türkischer Medien in die Verhandlung. Es geht auch darum, Schlampereien bei der Aufklärung der Morde zu benennen. Es geht darum, zu prüfen, ob es stimmt, was Markus Decker im „Kölner-Stadt-Anzeiger (KSTA)“ schreibt: „Dass es eine geistige Nähe zwischen Teilen des Inlandsgeheimdienstes und rechten Kreisen gibt“. Decker schreibt, dass es „Zeitgenossen“ gebe, die dies schon „längst für ausgemacht“ halten. Andreas Förster von der „Frankfurter Rundschau (FR)“ ergänzt, dass es ein „über Jahrzehnte gewachsene[s] soziale[s] und politische[s] Beziehungsgeflecht in der rechtsextremen Szene […], das der Zwickauer Zelle Rückhalt geben konnte“, existiert.

Die rechtsradikale Terrorgruppe „Nationalsozialistischer Untergrund (NSU)“, deren Unterstützer und Helfershelfer bestehen nach letzten Erkenntnissen weder aus drei Personen noch aus 129 Personen, so wie in den letzten Tagen erklärt wurde, sondern aus viel mehr Menschen. Förster bezeichnet es als „bemerkenswert“, dass es unter den 129 Verdächtigen „acht inzwischen enttarnte V-Leute des Verfassungsschutzes und – in einem Fall – des Berliner Landeskriminalamts auftauchen“. Er geht davon aus, dass „längst nicht alle Spitzel in die Übersicht aufgenommen wurden“ und nennt eine vorsichtige Schätzung von „knapp zwei Dutzend“ V-Leuten, die mit der rechtsextremistischen Terrorbande in Verbindung standen.

In einem Interview von Eren Güvercin mit dem Anwalt, Publizisten und dem Vizepräsidenten der Internationalen Liga für Menschenrechte Rolf Gössner für die „Islamische Zeitung (IZ)“, äußert sich Letzterer über die Arbeitsweise sowie die „Vertuschungsmanöver und Schredderaktionen“ von Teilen der Dienste. In dem NSU-Prozess des Münchener Oberlandesgerichts wird auch über diese „Ungereimtheiten“ Aufklärung nötig sein. Auf diese Aufklärung sind die türkische Community, Deutschland und die Welt gespannt. Aktuell Meinung

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  1. aloo masala sagt:

    @Alfred

    Sie schreiben: „Ich hoffe ihnen ist schon irgendwie klar, dass dieser Hass und das Misstrauen nicht aus dem Nichts gekommen sind! Es gab terroristische Anschläge von radikalen Muslimen und eine stetige bis Heute andauernde Berieselung von muslimischen Hasstiraden im Internet. “

    Halten Sie die Terroranschläge von Islamisten und die Begleitmusik für eine Rechtfertigung die große Mehrheit der unbescholtene Muslime hassen zu dürfen?

    Das ist eine recht prinzipielle Frage. Wendet man nun das Prinzip auf Ihre Person an, dann gibt es für Juden und Muslime allen Grund Sie zu hassen, weil Deutsche zum Holocaust entscheidend beigetragen haben, weil Deutsche für die NSU-Morde verantwortlich sind und weil Deutsche fast täglich gegen einen Ausländer aus rassistischen Motiven Gewalt anwenden.

  2. Rolf Kessler sagt:

    @aloo

    „weil Deutsche fast täglich gegen einen Ausländer aus rassistischen Motiven Gewalt anwenden.“

    Haben Sie dafür irgendwelche Quellen bitte? Sagen wir mal Vorfälle aus den letzten 7 Tagen. Presseartikel würden reichen. Danke.

  3. Holla sagt:

    @ Kessler

    aloo masala, darf ich?: http://www.migazin.de/index.php?s=%22politisch+rechts+motivierte+Straftaten%22 Hier finden Sie mehr als nur „täglich“!

  4. Marie sagt:

    @Marie

    Ich glaube Ihnen, wovon Sie reden (Ihr Beitrag, 19:16). Allerdings widerlegt er nicht mein Argument, sondern bestätigt nur das was ich ebenfalls gesagt habe.

    Was Sie allerdings ignorieren ist folgender Sachverhalt: Die ganzen Aspekte, die Sie erwähnen, dienen ausschließlich zur Entscheidungsfindung zu den gegebenen Anklagepunkten, spielen jedoch keine Rolle, um andere Interessen zu bedienen. Mit anderen Interessen bedienen meine ich das, was der Autor des Artikels sagt, zum Beispiel Vertrauen in den Rechtstaat zurück zu erlangen.

    Doch, Aloo Masala, es ist Aufgabe der Justiz, durch vorbehaltslose Aufklärung das schwer beschädigte Vertrauen in den Rechtsstaat wieder herzustellen. Ihre Ausdrucksweise: „andere Interessen zu bedienen“ finde ich sonderbar. Es ist das gute Recht sowohl der Angehörigen der Opfer, als auch der türkischen und deutschen Öffentlichkeit, durch größtmögliche Transparenz und vorbehaltslose Aufklärung die Verantwortlichkeiten für diese Morde zu klären, was denn sonst. Das sind nicht irgendwelche „andere Interessen“, das ist DIE Aufgabe des Rechtsstaates und der Justiz. Das sehe ich ganz genauso, wie der Autor und fast sämtliche anderen Kommentatoren und Strafrechtsexperten und anderen Rechtsexperten zu diesem Thema. Die Vertuschung und die Aktenschredderei und die Demenz müssen ein Ende finden und es ist Aufgabe der Staatsanwaltschaft, die gesamten Tatumstände einschließlich sämtlicher daran Beteiligter und Mitverantwortlicher aufzuklären, unter Gewährleistung vollster Transparenz. Das sind nämlich die Prinzipien eines Rechtsstaates. Darauf hat die Öffentlichkeit (auch in der Türkei) ein Recht und erst recht die Angehörigen der Opfer.

  5. Marie sagt:

    @ Alfred B.

    Ihnen sollte klar sein, dass die Millionen von Muslimen in Deutschland, nichts, aber auch gar nichts mit dem 11. September zu tun hatten und eine Kollektivhaftung aufgrund einer Religionszugehörigkeit sieht das Gesetz nicht vor. Die Verbände haben sich sehr wohl distanziert. Den Holocaust haben nicht Muslime verursacht, sondern Deutsche, die überwiegend Mitglieder der christlichen Kirchen waren. Dass die Christen in der Türkei noch mehr Repressalien ausgesetzt seien, als Muslime in Deutschland, ist nicht richtig. Aber selbst wenn es richtig wäre, rechtfertigt es ebenfalls keine kollektive Muslimhetze in Deutschland, jedenfalls dann nicht, wenn Deutschland ein demokratischer Rechtsstaat sein will. In demokratischen Rechtsstaaten ist das Bibelprinzip „Auge um Auge Zahn um Zahn nämlich abgeschaft und Muslime in Deutschland haften auch nicht für die türkische Regierung oder einzelne fundamentalistische Muslime in der Türkei.

    Sie dürfen zweifeln, an was Sie zweifeln möchten – eine überzeugende Begründung, weshalb sich das nicht wiederholen kann, angeblich, sind Ihre Zweifel nicht. Und wenn Sie hier von Hetze fundamentalistischer Muslime im Internet reden, dann haben die Muslime, die daran nicht beteiligt sind, und das ist die weit überwiegende Mehrzahl, damit nichts zu tun. Die pauschale Hetze gegen Muslime dagegen, die wird in Deutschland mittlerweile von einer breiten Bevölkerungsmehrheit mitgetragen, sie ist hasserfüllt, rassistisch und selbstverständlich sehr gefährlich und es wimmelt von solchen Foren, die regelmäßig eine breite Zustimmung erhalten.

    Ob Pierre Vogel ähnliche Vergleiche zieht, oder nicht, ist völlig irrelevant – maßgeblich ist, ob diese Vergleiche berechtigt sind. Ich bleibe dabei, sie sind es. Eine Kostprobe von unzähligen Hasspredigten, bedacht mit unzähligen „Daumen hoch“ von ehrbaren Deutschen hatte ich eingestellt. Von solchen Hasspredigten Deutscher, die sich überwiegend Christen nennen, wimmelt es imInternet.

    Auch ist es nicht richtig, dass Salafisten per se Hassprediger seien, auch hierbei handelt es sich um eine Minderheit. Wer die Muslime, die überwiegend einer gemäßigteren Glaubensrichtung angehören, teilweise auch mit dem Glauben nur wenig am Hut haben, für den 11.09. und für Hetzpredigten verantwortlich macht, mit denen sie rein gar nichts zu tun haben und hieraus die Berechtigung ableitet, gegen hier lebende Muslime kollektiv zu hetzen, ist ein Rassist und ein gefährlicher Brandstifter, der den Boden für rassistische Morde bereitet. Punkt. Im Übrigen bezieht sich die Hetze in wesentlichen Teilen darau, dass Türken und Araber angeblich minderwertiger seien, in Bezug auf ihre geistigen Fähigkeiten, ihre Leistungsbereitschaft, ihre charakterlichen Eigenschaften, dass es Sozialschmarotzer seien, die das Wohlergehen der Deutschen gefährden, unsere Steuergelder kosten, keine Lust haben, zu arbeiten und statt dessen Kinderscharen in die Welt setzen, um Sozialleistungen zu kassieren und die Deutschen zumussterben zu bringen – was hat diese unsägliche rassistische Hetze mit dem 11.09. zu tun? Nichts.

  6. aloo masala sagt:

    @Marie

    Sie schreiben: „Doch, Aloo Masala, es ist Aufgabe der Justiz, durch vorbehaltslose Aufklärung das schwer beschädigte Vertrauen in den Rechtsstaat wieder herzustellen.“

    Die Aufgabe der Justiz ist die Rechtspflege. Ob eine Person dabei den Rechtsstaat vertraut oder nicht ist irrelevant und interessiert das Gericht bei der Urteilsfindung nicht. Die Justiz kennt keine Missionierungen.

    Am einfachsten wäre es, wenn Sie einen Beleg für Ihre Behauptung einstellen, einen Text, der uns zu verstehen gibt, dass zu den Aufgaben der Justiz vertrauensbildende Maßnahmen gehören. Ich habe keinen solchen Text finden können.

    Im aktuellen Prozess sitzen auf der Anklagebank Zschäpe und ihre Helfer aber nicht die Behörden. Die Sicherheitsbehörden sitzen dagegen nicht auf der Anklagebank. Deswegen geht es nicht um Vertuschungen und Verstrickungen der Sicherheitsbehörden, sondern um die Verbrechen von Zschäpe und ihren Helfern. Das dabei die Untaten der Sicherheitsbehörden zur Sprache kommen ist nicht auszuschließen, wenn es für die jeweiligen Anklagepunkte gegen Zschäpe und Co relevant ist. Die Verstrickungen sind somit nicht im Fokus des Prozesses, sondern nur ein Hilfsmittel, um zu einer Entscheidung über Zschäpe zu kommen.

    Hier sind Ihre Erwartungen als auch die des Autors etwas zu hoch geschraubt und werden am Ende zwangsläufig enttäuscht werden.

  7. Marie sagt:

    @Rolf Kessler
    Bitte unterlassen Sie zukünftig Ihre herablassende und unverschämte Anrede Fräulein, ich nenne Sie ja auch nicht Herrlein. Wes Geistes Kind Sie sind, wird bereits an dieser Anrede deutlich, aber auch an vielem mehr.

    „Auch“ impliziert nicht „sogar“, sondern „ebenso“ (wie die Deutschen). Überwiegend impliziert „überwiegend“, ebenso, wie die Deutschen überwiegend in die Sozialkassen einzahlen. Ihre im Folgenden geäußerten üblen Unterstellungen zeigen, wes Geistes Kind Sie sind, denn ebenso und auch impliziert Augenhöhe. Es ist ein beliebte und perfide Methode von Rassisten, den Sachverhalt mit Verdrehungen perfide umzukehren, und denen, die sich gegen Rassismus positionieren, Rassismus vorzuwerfen und Ihnen Aussagen in den Mund zu legen, die jeder Grundlage entbehren. Ob ich muslimische Freunde habe, geht Sie eigentlich nichts an, aber wenn Sie das unbedingt wissen wollen Ja, sehr viele sogar.

    Mir zu unterstellen, ich würde „Juden ins Gas“ unterschreiben und angeblich mit rechtsextremen Grauen Wölfen sympathisieren, ist eine bodenlose Frechheit und durch nichts, aber auch wirklich gar nichts, was ich hier geschrieben habe, auch nur ansatzweise belegt. Mich wundert, dass solche ungeheuerlichen unbegründeten Verleumdungen hier stehen bleiben – im Sinne einer fairen Diskussionskultur muss zumindest begründet werden, worauf sich derartige Verleumdungen stützen.

    Ein zweijähriges Mädchen mit Kopftuch als Glaubenssymbol habe ich noch nie gesehen, die Kopftücher werden nach meiner Kenntnis in aller Regel erst ab der Geschlechtsreife getragen – als Nichtglaubenssymbol tragen auch kleine Mädchen deutscher Eltern gelegentlich ein Kopftuch, was daran bedrohlich sein soll, erschließt sich mir nicht. Ironie kann ich in Ihrer Kopftuchunterstellung, die zweijähriege Mädchen angeblich aus religiösen Motiven zu tragen gezwungen werden, nicht entdecken – ich entdecke da lediglich eine böswillige Unterstellung mit feindlichem Hintergrund.

    Nicht ich tue den Türken grob unrecht, grob unrecht tun den Türken diejenigen, die sie insgesamt als integrationsunwillige Sozialschmarotzer, Analphabeten, in Wohnungen am offenen Feuer hammelbratende Kümmeltürken, genetisch minderbemittelte Untermenschen, für die jede Bereitstellung von Bildungsangeboten verschwendetes Geld ist, weil die mit Bildung sowieso nix am Hut haben, Heerscharen von Kindern produzieren, um Kindergelder zu kassieren und mit importierten Drittbräuten die armen Deutschen ins Elend zu treiben, insgesamt sowieso kriminell und so weiter und so fort rassistisch beleidigen. Die Art, wie Sie auch hier die Sachverhalte umdrehen, entspricht der antimuslimischer Kommentatorent auf Hetzseiten wie PI. Denn mittlerweile sind wir soweit gekommen, dass diejenigen, die sich gegen die Hetze positionieren, in ähnlicher Weise übelst angegangen werden, wie die Muslime selbst.

    Auch der Hass auf Muslime ist gesteuert und wird staatlich verstärkt, von den Sarrazins, Bosbachs, Buschkowskys und vielen anderen „christlichen“ Politikern, ebenso, wie vom Verfassungsschutz, der ohne Ende muslimische Gewalt in Deutschland zur schlimmsten aller Gefahren hochstilisiert, bisher jedenfalls ohne reale Grundlage, und mit rechten rassistischen Tätern kungelt und sogar mit großzügiger Alimentation die Bildung rechtsextremistischer Netzwerke finanziert und die Täter vor Razzien warnt und sie so bei Ihren rassistischen Verbrechen unterstützt. In Deutschland sind bisher nicht fast 200 Menschen durch Salafisten ermordet worden, sondern fast 200 Muslime durch rechtsextreme Muslimhasser. Und daran kann man sehen, was jahrelange Hetze aus Menschen macht – ebenso, wie man das an den gegen Türken gerichteten Hassblogs im Internet sehen kann.

  8. Marie sagt:

    „Sie schreiben: “Ich hoffe ihnen ist schon irgendwie klar, dass dieser Hass und das Misstrauen nicht aus dem Nichts gekommen sind! Es gab terroristische Anschläge von radikalen Muslimen und eine stetige bis Heute andauernde Berieselung von muslimischen Hasstiraden im Internet. ”

    Die rechtsextremistischen und rassistischen Anschläge durch Deutsche, tägliche Erscheinung in Deutschland, wurden ja inzwischen belegt, Herr Alfred, ebenso belegt sind die fast 200 Toten durch rechten rassistischen Terror seit 1990 – und jetzt belegen Sie doch mal die Anschläge in Deutschland von Muslimen in Deutschland (um die geht es hier nämlich) auf Deutsche, die auch nur ansatzweise eine vergleichbare Dimension erreichen.

    Trotz all der rassistischen Hetze und der vielen Toten sind die überwältigende Mehrzahl der Muslime in Deutschland erstaunlich friedlich geblieben. Und selbstverständlich ist es absolut illegitim, jeden Mord oder Totschlag eines Ausländers an einem Deutschen unter rassistischer Gewalt zu subsummieren, es soll nämlich auch andere Gründe geben, weshalb Menschen sich gelegentlich totschlagen, Deutsche tun das auch, die werden aber nicht mitgezählt, weil es hier um den rassistischen Hintergrund geht. Um den Mord an Menschen, die alleinaufgrund Ihrer herkunft ermordet werden, ohne jeglichen anderen Grund, um Menschen, mit denen die Täter keinerlei Berührungspunkte und keinerlei Streit hatten, die einfach ausgesucht werden, weil es Ausländer sind. Nicht um Morde, die sich aus Auseinandersetzungen und Streitigkeiten ergeben. Das Motiv ist hier ausschlaggebend.

    Und jetzt warte ich auf Ihre Belege bezüglich der in Ausmaß und Dimension vergleichbaren Anschläge deutscher Muslime mit dem Motiv Deutschenhass, nennen Sie Zahlen und Quellen.

    Wenn die Muslime in Deutschland so gepolt wären, wie die Deutsche Mehrheitsbevölkerung, hätten sie allen Grund, wegen der rassistischen Morde und Übergriffe kollektiv in mindestens derselben Weise gegen Deutsche zu hetzen, wie das die Mehrheit der Deutschen mit den Muslimen in Deutschland tun. Im Internet und anderswo – das tun sie aber nicht, die Mehrheit der Muslime.

  9. Lionel sagt:

    @ aloo masala

    Ob die meisten Türken/Muslime bestens in diese Gesellschaft integriert, ist nicht ganz unumstritten.
    Schon formal ließe sich anführen, dass noch nicht einmal die Hälfte der hier lebenden Türken/Muslime die deutsche Staatsangehörigkeit besitzen.

    Juden habe sich bis zum Beginn der Emanzipation und der sukzessiven rechtlichen Gleichstellung am Ende des 18. Jahrhunderts nicht gerade freiwillig abgegrenzt.

  10. Lionel sagt:

    Ein Strafprozess hat die Aufgabe, in einem geordneten, nach überschaubaren Regeln gestalteten Verfahren die Feststellung der Schuld
    oder Nichtschuld der oder des Angeklagten zu treffen und aufgrund dessen ein gerechtes Urteil zu ermöglichen.
    Ob bei irgendwelchen Sicherheitsbehörden irgendwann irgendwelche Akten geschreddert wurden interessiert erst einmal soviel wie der berühmte Sack Reis in China.

    Wenn als Folge eines ordentlich durchgeführten Prozesses ein Vertrauensgewinn in den Rechtsstaat zu verzeichnen ist, so ist das sicherlich ein willkommenes Nebenprodukt, aber nicht Hauptsinn- und Zweck eines Strafverfahrens.