Werbal International
Wenn Werbung weltweit wirken soll
Ein IKEA-Spot, das in Deutschland funktioniert, kann in Schweden scheitern. Werbung funktioniert weltweit unterschiedlich. Woran das liegt, wissen Dr. Potsch-Ringeisen und Prof. Neuendorff. MiGAZIN sprach mit ihnen über die Rolle der Irritation im Interkulturellen.
Von Marcello Buzzanca Dienstag, 05.03.2013, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 12.03.2013, 0:02 Uhr Lesedauer: 8 Minuten |
Dass Werbung weltweit unterschiedlich funktioniert, ist sicher keine Neuigkeit. Zu bekannt sind jene Fauxpas wie der des Toyota MR2, der in Frankreich dann doch auf MR umgetauft wurde, weil MR2 von Franzosen wie „merde“ ausgesprochen wurde. Insofern konzentrieren sich viele Kreative entweder auf Dachkampagnen, die mit identischer Kernbotschaft und erweitert durch kulturspezifische Elemente in bestimmten Ländern und Kulturkreisen funktionieren oder aber, sie reduzieren die Werbeansprache auf die unverfänglichsten Wiedererkennungsmerkmale und verzichten auf kulturgeprägte Elemente.
„Wir wollen Studierende darin ausbilden, für die jeweiligen Gegenstände und Ziele angemessene kommunikative Strategien zu entwickeln.“ So beschreibt Dr. Stefanie Potsch-Ringeisen die Ziele des Double-Degree-Masterstudiengangs InterculturAd Werbung interkulturell, den die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt (KU) und die Åbo Akademi University, Turku/Finnland anbieten. Hier erhalten Studierende verschiedener Fachrichtungen und Nationalitäten seit 2008 in insgesamt 4 Semestern und 18 Modulen die Möglichkeit, ihre Kompetenzen in Sachen Werbung, Marketing und Medien interkulturell, interdisziplinär und sukzessive in zwei Ländern zu erweitern. Besonderer Fokus ist dabei die Verbindung von wissenschaftlicher Theorie und Praxis. So werden die erworbenen Kenntnisse der im Schnitt 15-20 Studierenden immer auch in Praxisprojekten umgesetzt.
Transferarbeit für interkulturelle Spannungsfelder jeder Art
„Dabei, so verrät uns die Leiterin des Praxisseminars „Werbung und Interkulturalität in Theorie und Praxis“ und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Lehrstuhl für Deutsche Sprachwissenschaft der Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt, Dr. Stefanie Potsch-Ringeisen, liegt der Schwerpunkt des Studiengangs nicht unbedingt darauf, am Ende Werbung für den schwedischen oder skandinavischen Markt machen zu können. Es geht eher darum, dass Konzepte und Strategien für insgesamt interkulturelle Spannungsfelder erarbeitet und schließlich auch umgesetzt werden können.In dem Praxisseminar geht es letztlich um die Schaffung eines gemeinsamen Wissensstandes für die Studierenden der verschiedenen Fachrichtungen und um den Transfer theoretischen Wissens auf die Praxis. Ob dies nun Projekte für Non-Profit-Organisationen, soziale Einrichtungen wie beispielsweise für den Hospiz-Verein Ingolstadt oder auch für den Landesverband des Katholischen Deutschen Frauenbundes (KDFB) sind: Am Ende zählt auch hier die Auseinandersetzung der Studierenden mit der ‚Kultur‘ der jeweiligen Organisation.“
Ein Masterstudiengang und seine Genese
Auf die Frage, warum dieser Masterstudiengang überhaupt konzipiert wurde und seit gut 4 Jahren angeboten wird, verweist Dr. Stefanie Potsch-Ringeisen auf die Bologna-Reform. Mir als vor allem in Deutschland zum Italiener gewordenen Sizilianer und Sprachwissenschaftler kommen da natürlich andere Bilder: Interkulturelle Gerichte und Gedichte, angesiedelt zwischen Polonaise und Bolognese, Reimtanzen der Plosivlaute und der Beitrag der Rimini-Fraktion zum Löffeln der Spaghetti, was in dem Sinne ja auch einer Reform des kulinarischen Kanons entspricht.
Aber natürlich geht es bei der Bologna-Reform um härtere Fakten als um Nudeln aus Hartweizen mit rundem Querschnitt. Wobei, rund sollte die Sache mit den Hochschulen mit Bologna ja werden. In diesem Zuge entschloss man sich also auch an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt dazu, zur Intensivierung des internationalen Austausches in den Masterstudiengängen beizutragen – oder anders gesagt: Weniger Soße, mehr Fleisch und das passende Besteck für jeden.
Die vorhandene Expertise der Lehrenden, die ausgeprägte Marketing-Erfahrung im Bereich der skandinavisch-deutschen Zusammenarbeit seitens Potsch-Ringeisens wie auch die bereits bestehende Partnerschaft zur Åbo Akademi University, Turku in Finnland führten schließlich dazu, dass der Double-Degree-Masterstudiengang InterculturAd Werbung interkulturell schließlich angeboten wurde. Turku bzw. Åbo eignete sich auch deshalb bestens als Partnerort, weil dort bereits beste interkulturelle Vorgaben existieren.
So gibt es in Finnland entsprechend der Verfassung zwei Sprachen, Finnisch und Schwedisch. Die Åbo Akademi University, Turku ist eine schwedischsprachige Universität, wo auch Wirtschaftsgermanistik angeboten wird und ein Schwerpunkt im Bereich Intercultural Marketing liegt. Andere Grundlagen fanden sich in vorhergehenden Forschungsarbeiten, beispielsweise zu Fragestellungen wie: Was macht gute und erfolgreiche Markennamen aus? Zusammen mit wirtschaftsnahen Themen und den guten Erfahrungen mit dem Erasmus-Austausch zwischen Eichstätt-Ingolstadt und Turku war damit also ein erfolgversprechende Basis für neue Ansätze im Bereich Masterstudiengänge gegeben.
Der Kultur-Code und seine Entschlüsselung
Den Herausforderungen eines globalisierten und technisierten Arbeitsmarktes könne man am besten dann begegnen, wenn man das Fundament bereits in der Ausbildung, also auch im Studium lege, betont Dr. Stefanie Potsch-Ringeisen. “ Es ist unerheblich, wo man interkulturelle Erfahrungen sammelt. Entscheidend ist, dass man lernt, unterschiedliche kulturelle Signale decodieren und einordnen zu können. Es ist wichtig, dass man sensibilisiert wird und den eigenen Background hinterfragen möchte. Wenn wir dies in unserem Masterstudiengang schaffen, geben wir unseren Absolventinnen und Absolventen eine gute Grundlage mit, um auf dem globalisierten Arbeitsmarkt bestehen zu können – egal wo, in welcher Branche und Sprache!“
So würden (zu meiner Verwunderung) nicht alle Absolventinnen und Absolventen nach dem doppelten Master nach Schweden oder Finnland gehen bzw. für schwedische oder finnische Unternehmen arbeiten, auch wenn sie sich im Rahmen von InterculturAd Werbung interkulturell ein Jahr in Turku, Finnland aufhalten und viele Stunden Finnlandschwedisch pauken müssen. Doch die Erfahrung im schwedischsprachigen Teil Finnlands sei ein sehr gutes Starter-Kit für eine Karriere im interkulturellen Bereich – in der Werbung, im Marketing oder in einem anderen Bereich.
Ich will wissen, ob denn die Ikea-Werbung eine typisch schwedische sei oder gar nur eine für den deutschen Markt konzipierte Werbung, weil man glaubt, dass Deutsche Schweden gerne so sehen möchten. „Es gibt in den Spots schon einige Parallelen zur schwedischen Kultur“, räumt Dr. Potsch-Ringeisen ein, wie beispielsweise das konsequente Duzen der Adressaten. „Tatsächlich funktionieren einige Spots, die in Europa funktionieren, in Schweden nicht – unter anderem auch eine Frage des Humors. Aber genau darum geht es in unserem Masterstudiengang: Um die generelle Sensibilisierung für den interkulturellen Kontext.“ Feuilleton Leitartikel
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