Türkische Gemeinde Deutschland

Die Wirkung der symbolischen Geschlechterquote

Die Türkische Gemeinde Deutschland hat das vollbracht, worüber die Republik seit Jahrzehnten streitet. Sie hat eine Geschlechterquote eingeführt - eine rein symbolische. Das schmälert die Wirkung aber keinesfalls, schreibt Ekrem Şenol. Ganz im Gegenteil.

Von Donnerstag, 05.04.2012, 8:27 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 10.04.2012, 23:02 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Man kann von der Türkischen Gemeinde Deutschland (TGD) halten was man will. Eins muss man ihr aber zugestehen: Die sind immer wieder gut für eine Überraschung. Was große DAX-Unternehmen trotzt freiwilliger Selbstverpflichtung in vielen Jahren nicht geschafft haben, hat die TGD mal eben umgesetzt. Auf dem Bundeskongress am vergangenen Wochenende wurde eine Geschlechterquote beschlossen.

Damit wurde zum ersten Male in der Geschichte der Einwandererorganisationen eine verbindliche Quote eingeführt. „Ich hoffe, dass unser Schritt Vorbild für andere Organisationen sowohl in der Minderheits- als auch in der Mehrheitsgesellschaft wird“, erklärte Bundesvorsitzender Kenan Kolat, der mit überwältigender Mehrheit bestätigt wurde.

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In den geschäftsführenden Bundesvorstand wurden drei Frauen und sechs Männer gewählt. Im Bundesvorstand sind zehn Frauen und 6 Männer vertreten. Aufgrund der Geschlechterquote schaffte es ein Mann in den Vorstand, obwohl er weniger Stimmen als eine Konkurrentin erhielt. „Die Quote hat hier den Männern genützt“, sagte Kolat, „auch wir haben nun unseren Quoten-Mann!“ Damit bilden 13 Frauen und 12 Männer den Bundesvorstand. Eine Frauenhoheit also, in der Türkischen Gemeinde.

„Ich bin auf dieses Ergebnis sehr stolz“ erklärte Kolat. Und das kann er auch sein. Während andere über Gleichberechtigung diskutieren, wieder andere wie wild die armen, unterdrückten türkischen Frauen retten wollen, setzt die TGD ein Zeichen, die andere erst einmal deuten lernen müssen.

Denn erforderlich war die Quote keinesfalls, wie man an der Zusammensetzung der TGD-Spitze sehen kann. Ganz im Gegenteil. Wenn Kolat sich sogar über den „Quoten-Mann“ freut, zeigt das, dass die TGD-Quote einzig und allein für die Tribünen bestimmt ist. Rein symbolischer Natur also. So etwas schwimmt naturgemäß nur auf der Oberfläsche herum und lässt Tiefgang vermissen, die Wirkung wird aber keinesfalls geschmälert.

Denn die Rettet-die-Türkin-Debatte ist auch nur eine symbolische und wird vor allem populistisch geführt. Und „çivi çiviyi söker“, lautet ein türkisches Sprichwort. „Böses vertreibt man mit Bösem“, lautet die sinngemäße Übersetzung, für den, der’s versteht.

Und die letzten Zweifler sollten sich einfach mal die Mühe machen und das mediale Echo zur TGD-Geschlechterquote zu Gemüte führen. Keine noch so wohlformulierte und fundierte Presseerklärung hätte es – leider – auch nur mit einer Silbe in irgendein „deutsches“ Medium geschafft. Dank dieser vollkommen überflüssigen Quotenregelung und im Zuge der allgemeinen Debatte über Frauenquoten – man beachte das Timing – wissen wir jetzt aber, dass die TGD im Bundesvorstand mehr Frauen als Männer hat – türkeistämmige wohlgemerkt! Und das tut gut, den Rettet-die-Türkin-Populisten wegen. Die sollten das jetzt erst einmal nachmachen oder einfach mal den Mund halten. Das gilt auch für alle türkischen Organisationen, in denen immer nur Männer reden, reden, reden – über die Gleichberechtigung der Frau. Aktuell Meinung

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  1. hanibal sagt:

    @ Ekrem Senol

    Haben Sie einmal versucht, von der TGD belastbare Zahlen zu deren
    Mitgliederzahlen zu bekommen ? Einige Medien haben es versucht,
    aber da kommt nichts.

    Für WEN spricht die TGD eigentlich in Deutschland? Woher nimmt sie Ihre Legitimation ?

  2. Die_Emotionale sagt:

    Ein Aprilscherz?!

  3. Hüseyin Kara sagt:

    @ Ekrem Senol: „Für WEN spricht die TGD eigentlich in Deutschland? Woher nimmt sie Ihre Legitimation ?“

    Das frage ich mich auch. Auf jeden Fall spricht es nicht für mich und ich kenne sehr viele, die das auch sagen.

  4. Kardelen sagt:

    TGD bekommt die Legitimation vom amtsgericht Berlin.
    Es gibt aber einige Hanibals in deutschland, die mit Ihrer anti-TGD Haltung popolismus zu betreiben. Wenn Hanibals so gern die Zahlen mögen, sollten sie einmal bei einer TGD Bundesversammlung dabei sein und die Atmosphere mitbekommen. Frauen und Jugend waren bei dem Bundeskongress mit Mehrheit vertreten. Und eine rege und inhaltliche Diskussion über den Alltag. auch andersdenkende haben sich gegenseitig zugehört. Hanibals sollten die Dinge nicht mehr vom Rande der Entwicklung betrachten, sondern hinein in die entwicklung mitwirken..

  5. Kardelen sagt:

    @Hüseyin Kara,
    sie sind ja selber in der Lage für sich zu sprechen anscheinend:)) Dann tun sie es.. TGD spricht für mich und Mitglieder seiner Mitgliedsrganisationen. Dass TGD ein politisches Gewicht in Deutschland darstellt, bescheinigen inzwischen auch alle politische Parteien, die auf dem höchsten Rang beim Bundeskongress vertreten sind. TGD muss/kann nicht bei allen die Legitimation haben. Soe wie sie mit Ihren Aussagen dies auch nicht tun können. Also, lassen Sie die Menschen für Ihre Organisationen da sein. Sie kömnnen sich aussuchen für oder dagegen zu sein. Demokratie ist das einzig legitime s System, oder?

  6. Kardelen sagt:

    @Ekrem Senol
    Man kann von der Türkischen Gemeinde Deutschland (TGD) halten was man will. Eins muss man ihr aber zugestehen: Die sind immer wieder gut für eine Überraschung. Was große DAX-Unternehmen trotzt freiwilliger Selbstverpflichtung in vielen Jahren nicht geschafft haben, hat die TGD mal eben umgesetzt. Auf dem Bundeskongress am vergangenen Wochenende wurde eine Geschlechterquote beschlossen…

    darum geht es liebe KritikerInnen:)

  7. hanibal sagt:

    @ Kardelen

    TGD Amtgericht Berlin ? Das ist nur der Berliner „Ableger“ der TGD.

    Und warum muß man bei einer Versammlung der TGD dabeisein? TGD ist ein eingetragener Verein. Und der sollte doch über eine Mitgliederliste verfügen,oder? Aber die TGD gibt keinerlei Zahlen über ihre Mitgliederstärke heraus. Wenn die TGD für Türken in Deutschland spricht, für WIE VIELE denn? 1.000 ? 10.000 ? Für welchen Prozentssatz/Anteil der in Deutschland lebenden Türken ?

    Und jetzt kommen Sie mir bitte nicht mit einer Antwort wie „für eine große Zahl“. Haben Sie, da Sie ja vorgeben,dort Mitglied zu sein, belegbare Zahlen, Be….. ?

  8. Yasemin sagt:

    Ich mag die TGD auch nicht sonderlich und bezweifle, dass die ueberhaupt ernstzunehmende Mitgliederzahlen vorweisen koennen. Das meiste was die machen, ist mit oeffentlichen Geldern finanziert. Wer Mitglieder hat, hat auch Mitgliederbeitreage. Wo ist das?

    Ich muss aber auch zugeben, dass die Tgd medienwirksam ist und die Frauenquote sympathisch. Und darum geht es in dem Artikel doch. Oder?

  9. Kardelen sagt:

    Danke @Yasemin
    Man muss TGD nicht mögen. Sogar sehr dagegen sein.Ich habe auch meine Probleme an manchen Punkten. Aber die TGD ist inzwischen leider einzigwrksamer Verband, der großen Einfluss auf die politische Entwicklung hat. Dies hat nicht mit der Quantität, sondern mit der Qualität zu messen.
    Hanibal, ist eine Organisation nur legitim, wenn alle zu vertretenden Menschen in diesem Verband Mitglied sind?
    Gibt es so ein Verband?
    TGD hat Bundesverbände in fast allen Landesvärbenden und machen die Landesverbände sehr einflussreiche Politik in den jeweiligen Ländern. Ich kenne zum Beispiel TG Hamburg und TG Baden-Württemberg sehr gut auf Grund meiner Kontakte und bin froh dass es die gibt. Auch TBB spielt eine wichtige politische Rolle: Schleswieg Holstein ist im sozialen und Bldungsbereich sehr angesehener Landesverband.. Ich wäre froh, wenn das türkische communitiy endlich mal -abgesehen von sachlicher Kritik- eindlich mal anfangen würde, sich fragen würde, woran es hängt, dass immer noch keinen richrtig stärkeren Bundeverband gibt, für die Interessen aller Migranten aus der Türkei steht…

  10. Ey Ferat Ferat sagt:

    Entscheidend ist nicht die Mitgliederzahl sondern die Zahl der Menschen, die mit den Aktionen erreicht werden oder davon ein Nutzen haben bzw. Haben werden. Dieses Thema Betrifft nicht nur Deutschland und somit hat der TGD einen guten Schritt für uns alle nach vorne gemacht.