Türkische Gemeinde Deutschland

Die Wirkung der symbolischen Geschlechterquote

Die Türkische Gemeinde Deutschland hat das vollbracht, worüber die Republik seit Jahrzehnten streitet. Sie hat eine Geschlechterquote eingeführt – eine rein symbolische. Das schmälert die Wirkung aber keinesfalls, schreibt Ekrem Şenol. Ganz im Gegenteil.

Man kann von der Türkischen Gemeinde Deutschland (TGD) halten was man will. Eins muss man ihr aber zugestehen: Die sind immer wieder gut für eine Überraschung. Was große DAX-Unternehmen trotzt freiwilliger Selbstverpflichtung in vielen Jahren nicht geschafft haben, hat die TGD mal eben umgesetzt. Auf dem Bundeskongress am vergangenen Wochenende wurde eine Geschlechterquote beschlossen.

Damit wurde zum ersten Male in der Geschichte der Einwandererorganisationen eine verbindliche Quote eingeführt. „Ich hoffe, dass unser Schritt Vorbild für andere Organisationen sowohl in der Minderheits- als auch in der Mehrheitsgesellschaft wird“, erklärte Bundesvorsitzender Kenan Kolat, der mit überwältigender Mehrheit bestätigt wurde.

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In den geschäftsführenden Bundesvorstand wurden drei Frauen und sechs Männer gewählt. Im Bundesvorstand sind zehn Frauen und 6 Männer vertreten. Aufgrund der Geschlechterquote schaffte es ein Mann in den Vorstand, obwohl er weniger Stimmen als eine Konkurrentin erhielt. „Die Quote hat hier den Männern genützt“, sagte Kolat, „auch wir haben nun unseren Quoten-Mann!“ Damit bilden 13 Frauen und 12 Männer den Bundesvorstand. Eine Frauenhoheit also, in der Türkischen Gemeinde.

„Ich bin auf dieses Ergebnis sehr stolz“ erklärte Kolat. Und das kann er auch sein. Während andere über Gleichberechtigung diskutieren, wieder andere wie wild die armen, unterdrückten türkischen Frauen retten wollen, setzt die TGD ein Zeichen, die andere erst einmal deuten lernen müssen.

Denn erforderlich war die Quote keinesfalls, wie man an der Zusammensetzung der TGD-Spitze sehen kann. Ganz im Gegenteil. Wenn Kolat sich sogar über den „Quoten-Mann“ freut, zeigt das, dass die TGD-Quote einzig und allein für die Tribünen bestimmt ist. Rein symbolischer Natur also. So etwas schwimmt naturgemäß nur auf der Oberfläsche herum und lässt Tiefgang vermissen, die Wirkung wird aber keinesfalls geschmälert.

Denn die Rettet-die-Türkin-Debatte ist auch nur eine symbolische und wird vor allem populistisch geführt. Und „çivi çiviyi söker“, lautet ein türkisches Sprichwort. „Böses vertreibt man mit Bösem“, lautet die sinngemäße Übersetzung, für den, der’s versteht.

Und die letzten Zweifler sollten sich einfach mal die Mühe machen und das mediale Echo zur TGD-Geschlechterquote zu Gemüte führen. Keine noch so wohlformulierte und fundierte Presseerklärung hätte es – leider – auch nur mit einer Silbe in irgendein „deutsches“ Medium geschafft. Dank dieser vollkommen überflüssigen Quotenregelung und im Zuge der allgemeinen Debatte über Frauenquoten – man beachte das Timing – wissen wir jetzt aber, dass die TGD im Bundesvorstand mehr Frauen als Männer hat – türkeistämmige wohlgemerkt! Und das tut gut, den Rettet-die-Türkin-Populisten wegen. Die sollten das jetzt erst einmal nachmachen oder einfach mal den Mund halten. Das gilt auch für alle türkischen Organisationen, in denen immer nur Männer reden, reden, reden – über die Gleichberechtigung der Frau.