Das Versagen ist systemimmanent
Verantwortliche gefährden Aufklärung des Neonazi-Terrors
Die Aufklärung des Neonazi-Terrors muss umfassend durchgeführt werden. Davon ist man derzeit aber weit entfernt. Mehr noch: So wie die Ermittlungen derzeit laufen, wird die Aufklärung sogar massiv erschwert.
Von Ünal Zeran Donnerstag, 24.11.2011, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 30.11.2011, 7:24 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Täglich werden neue Informationen zu den Hintergründen der terroristischen Morde geliefert. Die Presse ist gut informiert. Der Spiegel scheint jedoch besonders gut informiert zu sein. Sie waren die Ersten, die eine DVD zugespielt bekamen. Nun berichteten sie im Spiegel TV namentlich über weitere Verdächtige.
Kamerateams können zu Hause bei den weiteren Verdächtigen auftauchen und Fragen stellen. Die Namen werden genannt, die Wohnhäuser gezeigt, organisatorische Verbindungen zwischen den genannten Verdächtigen werden hergestellt.
Fragen über Fragen
Als Jurist muss man sich fragen, machen die Journalisten die Arbeit der Ermittlungsbehörden oder was macht das Bundeskriminalamt bzw. die Bundesanwaltschaft? Warum liegen bisher keine Erkenntnisse über die Verwicklung des thüringischen Verfassungsschutzes vor? Wie können wichtigen Details aus den laufenden Ermittlungen in die Öffentlichkeit dringen? Wie gelangen die Namen und Wohnorte von Verdächtigen in die Presse. Führen die richtigen Personen die Ermittlungen? Daran gibt es erheblich Zweifel!
Was nicht zu verstehen ist, warum werden keine weiteren Haftbefehle beantragt? Auf Antrag der Bundesanwaltschaft hat der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs vor 8 Tagen (14. November 2011) lediglich Haftbefehl gegen Holger G. wegen des dringenden Verdachts der Unterstützung einer terroristischen Vereinigung erlassen.
Gibt man den Verdächtigen einen Vorsprung?
Wenn jetzt Unterstützungshandlungen anderer Personen wahrscheinlich sind, wo bleiben die weiteren Haftbefehle? Ist es keine Unterstützung Wohnungen oder Autos anzumieten, Personalausweise oder Bahncards zur Verfügung zu stellen?
Warum sind bislang keine weiteren Hausdurchsuchungen durchgeführt worden? Gibt es keine Verdunkelungsgefahr? Gibt es keine Fluchtgefahr, wenn so ein erheblich schwerer Vorwurf (Unterstützung einer terroristischen Vereinigung) im Raum steht? Die Verdächtigen werden durch die Presseveröffentlichungen gewarnt und haben jetzt Ruhe, Zeit und Gelegenheit, wichtige Beweisstücke zu vernichten oder selber unterzutauchen.
Was hat sich geändert?
Wird man der Öffentlichkeit erst wieder hinterher erklären, dass man hätte früher festnehmen oder durchsuchen müssen, weil wichtige Beweisstücke nicht erlangt wurden und die Verdächtigen jetzt nicht mehr aufzufinden sind? Wird dann wieder das Fehlen wichtiger Puzzlestücke beklagt, die im Zweifel zu Gunsten der Angeklagten/Beschuldigten berücksichtigt werden müssten und festgestellt, dass man die Dimension einfach unterschätzt habe? Wird wieder ein Bauernopfer vorgeführt werden, das alle Ermittlungspannen allein zu verantworten hat? Dann interessiert es aber vielleicht kaum noch, wer versagt hat. Um die Person geht es nicht. Es sind die Strukturen.
Hier zeigt sich der Unwille, die wahren Hintergründe aufzuklären. Warum sollte ein System, das bisher u.a. aufgrund von Vorurteilen die Ermittlungen nicht richtig geführt hat, ohne erkennbaren Wandel, plötzlich anders agieren? Was hat sich am System im Vergleich zu der Zeit vor dem 04.11.2011 verändert? Gar nichts! Sind die Ermittler jetzt besonders sensibilisiert auf Rassismus? Nein. Jetzt wird nur noch gehandelt, um das Fiasko für den Staat in Grenzen zu halten.
Der Fisch stinkt vom Kopf
In einem Bundesland wie Sachsen oder Thüringen, wo systematisch jede antifaschistische Regung erfasst wird, und im Februar in Sachsen bei einer Anti-Nazidemo 200.000 Handydaten ausgespäht wurden, möchte man ernsthaft erklären, es hätten die juristischen und ermittlungstechnischen Mittel gefehlt, um die Naziszene zu beobachten? Hat man rechtsstaatliche Skrupel gegenüber den Nazis, welche bei ihren Gegnern und Antifas nicht gelten?
Hier wird nicht Rechtsbruch verlangt, sondern nur deutlich gemacht, dass der Fisch vom Kopf stinkt.
Fehlen den Ermittlungsbehörden jetzt die juristischen Mittel, um konsequent zu ermitteln und zu handeln? Nein, die juristischen Hürden sind bei einem derart gravierenden Vorwurf nicht besonders hoch. Das wissen alle, die mal in den 80ern und 90ern einen roten Stern an die Wand gesprüht haben, oder vor einigen Jahren das Wort „Gentrifizierung“ häufig verwendet haben.
Das Versagen ist systemimmanent
Will man der jetzt inhaftierten Beate Z. den Weg bereiten, sich als Kronzeugin oder als Mitwisserin, aber nicht als Mittäterin darzustellen? Wäre dies nicht ein weiteres Geschäft mit den Rechtsextremisten und eine Verhöhnung der Opfer?
Generalbundesanwalt a.D. Kay Nehm deutete bei der Talkshow „Beckmann“ an, dass es wohl das Einfachste wäre, wenn die beiden Toten für alles verantwortlich wären.
Es muss eine umfassende Ermittlung aller Tatumstände und Strukturen durchgeführt werden, die von einer internationalen und unabhängigen Kommission begleitet wird. Und die Ermittlungen dürfen nicht wieder jahrelang zur Verschlusssache erklärt werden. Wo der Staat zu sehr in die Sache verstrickt zu sein scheint, braucht man nicht zu erwarten, dass Vieles der Öffentlichkeit präsentiert werden wird. Aber genau diese Veröffentlichungen müssen jetzt gefordert werden.
Nein, es wäre zu einfach, es als Schlamperei abzutun. Das Versagen ist systemimmanent. Leitartikel Meinung
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Manchmal sind sie schneller als man denken kann. Sprachlos. Es hieß doch das sie gar nicht aussagt. Passt zur Verwirrungstaktik.
http://www.tagesschau.de/inland/rechtsterrorismus140.html
Ermittlungen gegen Neonazi-Netzwerk
Die mutmaßliche Neonazi-Terroristin Beate Z. war einem Medienbericht zufolge nicht direkt an den Morden ihrer beiden Komplizen beteiligt. „Nein, die Erkenntnisse haben wir bisher nicht, deutlich nicht“, zitiert die „Süddeutsche Zeitung“ eine interne Äußerung des Präsidenten des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke.
Beate Z. sitzt in Untersuchungshaft und wird beschuldigt, gemeinsam mit Uwe B. und Uwe M. die rechtsextremistische Terrorgruppe Nationalsozialistischer Untergrund (NSU) gebildet zu haben, die von Zwickau aus operierte. Den beiden Männern, die sich nach derzeitigem Stand selbst töteten, werden Morde an neun Kleinunternehmern türkischer und griechischer Herkunft sowie an einer Polizistin angelastet.
Beate Z. verwendete mindestens sechs Decknamen
Z. stellte sich selbst. Bei der Zwickauer Polizei sagte sie laut der Zeitung aus, die beiden Terroristen seien für sie „ihre Familie“ gewesen. Demnach soll die 36-Jährige nach dem Anzünden des letzten Verstecks des Trios ebenfalls einen Selbstmord erwogen haben. Sie habe mehrmals Wohnungen in Ostdeutschland für das Trio angemietet, berichtet die Zeitung. Dabei habe sie Dokumente mit mindestens sechs Deck- und Aliasnamen verwendet, die ihr zumindest zum Teil von Unterstützerinnen zur Verfügung gestellt worden seien.
Nach Informationen des Magazins „Focus“ erwägt die Bundesanwaltschaft, Beate Z. ein Angebot zu unterbreiten. Falls die Kronzeugenregelung nicht greift, weil sie keinen Drahtzieher verrät oder keine weitere Straftaten verhindert, könne ihr ein „informeller Deal“ vorgeschlagen werden: Im Falle einer umfassenden Aussage könnte Z. eine frühe Begnadigung in Aussicht gestellt, schreibt das Magazin.
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