Einbürgerungen 2010

Große Unterschiede bei der Doppelpassverteilung

Die Zahl der Einbürgerungen sind im Jahr 2010 leicht angestiegen. Doppelpassquote von EU-Bürgern, Asiaten, Afrikanern und Amerikanern im Vergleich zu Bürgern aus den EU-Beitrittskandidatenländern zwei bis viermal höher.

Montag, 11.07.2011, 8:30 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:45 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Im Verlauf des Jahres 2010 wurden in Deutschland knapp 101 600 Ausländer eingebürgert. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes (Destatis) waren das 5 500 Einbürgerungen mehr als 2009 (+ 5,7 Prozent) und 7 100 mehr als 2008 (+ 7,5 Prozent). Damit verweilen die Einbürgerungszahlen weiterhin auf niedrigem Niveau, sind sich die migrationspolitischen Sprecher der Grünen und der Linkspartei, Memet Kılıç und Sevim Dağdelen, einig.

„Die Einbürgerungszahlen in Deutschland waren jahrelang so rückläufig, dass ein tiefes Tal erreicht wurde. Weniger Einbürgerungen waren kaum möglich. Daher kann die leichte Verbesserung nicht als Erfolg deklariert werden“, erklärt Kılıç. „Zwischen 2006 bis 2010 gab es jährlich nur rund 106.000 Einbürgerungen. Dieser Wert liegt etwa 20 Prozent unterhalb des Durchschnitts der fünf Jahre zuvor“, ergänzt Dağdelen.

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Beide Politiker sprechen sich für die Herabsenkung der Einbürgerungsvoraussetzungen. Denn zwischen dem Ist-Zustand und dem, was möglich wäre, liegen Welten. So stagniert auch die Quote des Einbürgerungspotenzials mit 2,2 Prozent (+ 0,3 Prozent) auf einem niedrigen Niveau. Unter Türken als die größte Einbürgerungsgruppe betrug diese Quote 1,8 Prozent (Vorjahr 1,6 Prozent); bei Menschen aus der zweitgrößten Einbürgerungsgruppe (Serbien, Montenegro, Kosovo sowie ehemaliges Serbien und Montenegro) 2,2 Prozent (Vorjahr 1,8 Prozent). Das ausgeschöpfte Einbürgerungspotenzial drückt das Verhältnis von erfolgten zu möglichen Einbürgerungen aus. Sie bezieht die Einbürgerungen auf die Zahl jener Ausländer, die seit mindestens zehn Jahren in Deutschland leben. Die höchsten Werte hatten Kamerun (27,7 Prozent), Irak (22,9 Prozent) und Afghanistan (12,9 Prozent).

Doppelpassquote 53 Prozent
Die Zahl der Ausländer, die unter Beibehaltung ihrer bisherigen Staatsangehörigkeit eingebürgert wurden, betrug knapp 54 000 oder 53 Prozent und hält sich auf Vorjahresniveau. Auffällig groß sind hierbei Doppelpassquoten von Menschen aus unterschiedlichen Herkunftsregionen. Die höchste Mehrstaaterquote weisen EU-Staaten und die EWR-Länder auf (97 bzw. 96 Prozent). Bei den Menschen aus den EU-Kandidatenländern Kroation, Mazedonien und der Türkei durfte hingegen nur jeder Vierte seine bisherige Staatsbürgerschaft beibehalten. Die Doppelpassquote für Menschen aus afrikanischen und asiatischen Ländern betrug immerhin jeweils 62 Prozent. Amerikaner durften mit 77 Prozent öfter in den Genuss eines Doppelpasses kommen.

Die größte Gruppe der Eingebürgerten stellten 2010 – wie schon in den Jahren zuvor – Menschen aus der Türkei mit knapp 26 200 Einbürgerungen. Der Anteil an allen Einbürgerungen entsprach mit 26 Prozent ungefähr dem Anteil der türkischen Staatsangehörigen an allen in Deutschland lebenden Ausländern. Danach folgten Einbürgerungen von Personen aus dem ehemaligen Serbien und Montenegro und seinen Nachfolgestaaten (rund 6 500 Fälle), aus dem Irak (etwa 5 200 Fälle) und Polen (knapp 3 800 Fälle).

Im Schnitt 30 Jahre alt
Die Eingebürgerten waren im Schnitt knapp 30 Jahre alt und lebten seit rund 15 Jahren in Deutschland. Der Frauenanteil lag bei 51 Prozent. Im bundesweiten Vergleich war die Entwicklung recht unterschiedlich: In zwölf Ländern gab es mehr Einbürgerungen als im Vorjahr – am größten war der Anstieg in Nordrhein-Westfalen (+ 1 831), Hamburg (+ 1 589) und Hessen (+ 1 228); dagegen sank in vier Ländern die Zahl der Einbürgerungen – am stärksten in Berlin (– 772) und im Saarland (– 236).

Die meisten der Eingebürgerten (73 Prozent oder 73 670 Personen) erwarben die deutsche Staatsangehörigkeit auf Grundlage eines Einbürgerugnsanspruchs; das waren 9 Prozent mehr als 2009. Rechtliche Voraussetzung für die Einbürgerung ist hiernach ein mindestens achtjähriger rechtmäßiger Aufenthalt in Deutschland, eine gültige Aufenthaltserlaubnis sowie die eigenständige Sicherung des Lebensunterhalts. An zweiter Stelle standen mit 10 800 Fällen die Miteinbürgerungen von deren in Deutschland lebenden ausländischen Ehegatten und minderjährigen Kindern. Sie können nach einer kürzeren Frist eingebürgert werden. Ihre Zahl nahm 2010 gegenüber dem Vorjahr um 4 Prozent zu. An dritter Stelle standen Einbürgerungen von Ausländern mit einem deutschen Ehe- oder Lebenspartner (7 230 Fälle), das waren 6 Prozent weniger als im Vorjahr. (bk)
Leitartikel Politik Studien

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  1. BiKer sagt:

    also, diese unterschiede bei der doppelpassvergabe kann mir doch echt niemand erklären. alle welt darf eher doppelstaatler werden als die eu-beitrittsländer. hä?

  2. DBB sagt:

    Türken brauchen wirklich keinen Doppelpass. Die leben schon lange genug unter uns (-> 50jähriges Jubiläum, schon vergessen!?) um entscheiden zu können ob es ihnen hier gefällt oder nicht. Und für alle Notwendigkeiten in der alten Heimat (bswp. Erbrecht) gibt es die ‚blaue Karte‘ (exl. Wahlen).

  3. Fikret sagt:

    Warum existieren diese Unterschiede? Manche dürfen doppelte Pässe besitzen, Manche dürfen nicht. Komische Weltanschauung!

  4. Non-EU-Alien sagt:

    @DBB

    „Türken brauchen wirklich keinen Doppelpass.“ –> Wieso brauchen dann Spanier, US-Amerikaner, Franzosen und alle anderen oben Genannten einen Doppelpass? Eine plausible Erklärung darauf gibt es nicht! Und außerdem geht es in diesem Bericht nicht um Türken, aber wahrscheinlich ist das Kleinhirn hinten links schon darauf trainiert solche Antworten zu geben. Es geht nicht um EINE bestimmte Gruppe wie die Türken, es geht um etwas viel generelleres und allgemeineres…

    … und damit zu @ BIKER

    Stimme Ihnen zu. Die Doppelpassvergabe muss logisch nachvollziehbar sein. Ist sie aber nicht! Entweder muss die dt. Politik allen oder niemandem dieses Recht zusprechen. Es kann ja nicht sein, dass bei Syrern, Marokkanern, etc. Mehrstaatigkeit hingenommen wird, bei Menschen aus europäischen Ländern außerhalb der EU nicht.

  5. Non-EU-Alien sagt:

    @ FIKRET:

    „Warum existieren diese Unterschiede? Manche dürfen doppelte Pässe besitzen, Manche dürfen nicht. Komische Weltanschauung!“

    –> Diese Unterschiede bestehen in der Realität nur, weil der Versuch gemacht wurde „objektiv“ und „fair“ einzubürgern. Dies hat aber zu einem Ergebnis geführt, mit dem viele Politiker nicht gerechnet haben. Da viele afrikanische, arabische, südamerikanische Staaten nicht ausbürgern, kriegen diese die doppelte und Bosnier und Serben halt nicht. Selbst Mazedonier und Kroaten, die den Status eines Beitrittskandidaten haben, bekommen es nicht. Kosovaren aber schon, weil sie keine Ausbürgerung aus Serbien bekommen (brauchen die sowas überhaupt? Deutschland hat doch das Kosovo anerkannt…). Ich kann das alles nicht nachvollziehen.

    Des Weiteren scheint es Unterschiede zu geben in den verschiedenen Bundesländern. Wogegen in NRW beispielsweise in 2010 ca. 80% aller Serben die doppelte Staatsangehörigkeit bekommen haben (und es gibt auch die Kategorie der Kosovaren, so dass diese nicht in dieser Kategorie drin sind), sieht die Hinnahme bei Serben in anderen Bundesländern ganz anders aus. Das Innenministerium in Düsseldorf hat gerade vor kurzem in einer kleinen Anfrage diese Zahlen bekannt gegeben…

    Alles komisch und nicht nachvollziehbar… jedenfalls nicht für mich!

  6. Werner sagt:

    Bei dem ganzen Doppelpaßgewirr interessiert die Frage mehr, wann kann die deutsche Staatsangehörigkeit widerrufen werden.

    Bei Ableistung des Militärdienstes in einer ausländischen Armee? Gilt dies dann auch, wenn der Militärdienst per Geldzahlung geleistet wird? Was ist mit den ganzen „Doppelstaatlern“ die „deutsch“ per Geburtsort und „türkisch“ gemäß Blut sind. Welche Bürgerschaft gilt denn nun?

    Doppelpass geht m.E. nur, wenn klar ist, dass der deutsche Paß derjenige ist, der gilt.

  7. Fikret sagt:

    Warum ist Doppelpass für eige Länder erlaubt, für einige Länder nicht? Das dürfen nicht andere Menschen entscheiden. Was ich brauche oder nicht ist nicht die Sache einzelner Individuen – das entscheide ich.>> vieleicht brauche ich das aus erb-rechtlichen oder aus anderen (nicht Nationalitischen-)Gründen.
    Ein solches Verbot hat überwiegend negative Konsequenzen.

  8. hannibal sagt:

    @ Fikret

    Das dürfen sehr wohl „andere Menschen“ entscheiden, mämlich über die gewählte Regierung und die Gesetze, die jedes Land (auch die Türkei) für sich festlegt.

    Was SIE für sich brauchen steht dabei überhaupt nicht zur Debatte.

  9. Non-EU-Alien sagt:

    @ Werner:

    „Doppelpass geht m.E. nur, wenn klar ist, dass der deutsche Paß derjenige ist, der gilt.“

    –> Nichts anderes, als das was Sie sagen, gilt in der Praxis. Ein Mensch kann auch 15 Pässe haben. In Deutschland gilt aber nur der deutsche und basta. Die anderen 14 Pässe nutzen derjenigen Person nix. In der BRD ist er einfach nur Deutsch … Kein konsularischer Schutz der anderen 14 Staaten, nix. Damit wäre ihre Frage doch geklärt, oder?

  10. Werner sagt:

    @Non-EU-Alien,

    soso, die Praxis sagt also, dass in Deutschland der deutsche Paß gilt. Und in der Türkei dann der türkische? Wäre ja schön, wenn wenigstens dies vom türkischen Staat (und den Eingebürgerten!) anerkannt würde.

    Wie sind denn dann die Einmischungen der Türkei zu verstehen, wenn hier ein Feuer ausbricht? Herr Erdogan spricht doch hier (in Deutschland!) immer zu seinen Landsleuten!

    Was ist mit Drittstaaten? Welcher Paß gilt bei Reisen in andere Länder? Wer ist da zuständig?

    Die Türkei betrachtet die Türkei-stämmigen als Teil ihrer „strategischen Tiefe“. Egal welchen Paß diese Menschen haben, für die Türkei bleiben sie Türken. Solange es nutzt. Wenn Deutschland jemand Unliebsames abschieben will, wird schon gerne mal kurzfristig auf Verwaltungsebene ausgebürgert.

    Auch wer sich hier in Deutschland einbürgert, muß weiter damit rechnen, dass er zum türkischen (!) Militärdienst rangezogen wird.

    Es gibt tausend Beispiele. Sie können auch das Steuerrecht nehmen. Die Türkei (und auch viele Türkei-stämmige bei uns) behandeln den deutschen Paß als Option , die man nach Bedarf zieht oder eben nicht. Es gilt – aus Sicht der Türkei – weiter die Zugehörigkeit zur türkischen Nation.

    Warum sollte Deutschland akzeptieren, von der Türkei zu einer Nation zweiter Klasse degradiert zu werden? Nur wenn die Türkei und der Anstragsteller auf Einbürgerung erklären, daß sie die deutsche Staatsangehörigkeit respektieren, kann Deutschland von dem ausdrücklichen Widerruf der „alten“ Staatsangehörigkeit absehen.