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Stellt Sarrazin globale Probleme in den Schatten?
Der Bundesbanker und ehemalige Berliner Finanzsenator Thilo Sarrazin dominiert seit einigen Tagen die Schlagzeilen in unserem Land. Jede zweite Diskussionsrunde im Fernsehen beschäftigt sich mit dem Mann, über dessen berufliche Zukunft nun Bundespräsident Christian Wulf entscheiden darf. Keine leichte Aufgabe.
Von GastautorIn Montag, 13.09.2010, 7:59 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 19.07.2011, 3:46 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Sarrazin hat etwas getan, was jährlich Tausende von Mal in Deutschland geschieht, er hat ein Buch veröffentlicht. „Deutschland schafft sich ab“, aber wer hat das Buch schon gelesen? Um mitreden zu können, muss man informiert sein, am besten aus einer primären Quelle und nicht nur aus dem ganzen Sekundärmaterial. Ich habe das Buch gelesen, meine Meinung gebildet. Und jetzt lege ich es beiseite.
Haben wir auf der Welt nicht viel größere Probleme. In gut zwei Wochen wird in New York Bilanz gezogen. Die Vereinten Nationen beschäftigen sich mit ihrer Millenniumserklärung, die am 8. September 2000 von 189 Staats- und Regierungschefs unterzeichnet wurde. Was steckt dahinter? In 5 Jahren, also 2015, soll die weltweite Armut drastisch verringert sein. Das Ziel droht zu scheitern. Einen verbindlichen Aktionsplan gibt es bis heute nicht, auch in Deutschland nicht.
Die ersten zehn Jahre sind ohne merklichen Erfolg vergangen und auch die globale Finanzkrise hat einige Länder die Vereinbarungen aus den Augen verlieren lassen.
Bereits 2002 hat der ehemalige UN-Generalsekretär Kofi Annan die weltweite UN-Millenniumskampagne mit ins Leben gerufen, mit dem Ziel, die Menschen dabei zu unterstützen ihre Regierungen an ihre selbst gesetzten Ziele zu erinnern.
Eine Mission, die sich am vergangenen Mittwoch auch in Berlin wieder in Erinnerung gerufen hat. Eveline Herfkens, eine der Gründerinnen der Kampagne präsentierte ihre prominenten Unterstützer in Deutschland auf einer Pressekonferenz. Unter dem Motto „Mit dir sind wir viele im Kampf gegen Hunger und Armut“ setzen sich auch der Schauspieler Benno Fürmann und der Musiker David Garrett für die Kampagne ein. Es geht um eine deutliche Trendwende, so der Geiger David Garrett, „um die verbleibenden fünf Jahre zu nutzen und damit Millionen von Menschen das Leben zu retten“.
Zwei eindrucksvolle Werbespots und Anzeigenmotive sind entstanden. Eine Reihe von Verlagen, Fernseh- und Radiostationen in Deutschland wird sie ohne Bezahlung präsentieren. Ein wichtiger Beitrag zur Information der Menschen. Auf einer Webseite oder bei Facebook kann jeder persönlich sein „I Like“ geben und auch seine Stimme für die Aktion geben.
Es geht auch hier um Emotionen. Transportiert sicher auch durch „Beethovens 5te“ in der Version von David Garrett, mit der sich der Musiker an den weltweiten Aktionstagen „Stand Up – make noise against poverty“ beteiligt. Vom 17. bis 19. September 2010 werden weltweit Millionen von Menschen die Gipfelteilnehmer an ihre Versprechen erinnern.
Hoffentlich werden dann die Talkrunden im Fernsehen von den Themen der UN-Millenniumskampagne beherrscht sein, nicht das wird bald über das Buch mit dem Titel „die Welt schafft sich ab“ diskutieren müssen. Meinung
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Ich fürchte, die Leute werden sich wenig für eine solche Milleniumskampagne und sehr viel mehr für die heißen Fragen zu den Migranten in Deutschland interessieren.
Je größer die Nervosität bezüglich des eigenen Schicksals, desto enger wird der Horizont. Sarrazin, so verstehen ihn viele (die ihn nicht lesen werden), zeigt, wer Schuld hat an der Unsicherheit, an der Gefahr des Niedergangs, an den möglichen Einbußen im Materiellen und Sozialen: die angeblich dummen, faulen, schmarotzenden, kinderproduzierenden Muslime gefährden Deutschland, und unsere Politik reagiert angeblich nicht darauf, und so schafft sich Deutschland angeblich ab.
Das ist eine starke Erzählung, die prägt sich ein, die brennt auf die Haut. Jetzt weiß man, wen man schlagen muss … meint es zu wissen.
Wen kümmert die Armut der Welt oder die Flut am Indus, wenn er sich selber bedroht fühlt?
Gibt es darauf eine erfolgversprechende strategische Antwort?
Ich sehe nur eine Möglichkeit: DIE ARMUT BEI UNS nicht weiter wachsen zu lassen.
Ja, Sarrazin ist groß in den Medien. Ich kann dem Autor nur zustimmen, es gibt wichtige globale Aufgaben zu lösen. Die Armut in der Welt gehört dazu. Und hier ist doch ein breiter Zusammenschluss von vielen Regierungen gebildet.
Wir sollten die Nationen an ihr Verspreche erinnern.
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Thilo Sarrazin hat nur die Wahrheit geschrieben.
Ein sehr schöner Artikel!!! Anstatt sich mit wichtigeren, menschenlebenrettenden Themen zu beschäftigen, beschäftigt sich unsereiner hier im Lande mit Themen, die einfach den Horizont beengen, anstatt zu erweitern. Vorurteile wird es leider immer geben, aber dass diese in solch einer Weise geschehen, ist für eine Zeit wie diese schon seeehr bemerkenswert. Die Intergration ist sicherlich an einigen Stellen gescheitert. Doch am Erfolg sollte man weiter arbeiten. Aussagen, wie die vom Herrn Sarrazin schrauben die ganze Arbeit nur zurück.
Wer weiß, vllt ist dies auch nur eine Strategie vom Herrn Sarrazin. Hätte man sein Buch gekauft, stünden nicht die Vorurteile drin???
@Kevin: In der BRD leben zahlreiche türkische/muslimische Akademiker, über die jedoch kein einziges Wort geschrieben wird. Genauso über die zahlreichen Deutschen, die Hartz 4 bekommen, sich weigern zu arbeiten und schon 5 Kinder auf die Welt gebracht haben. Wenn die Gemüseverkäufer einen doch soo seeehr stören, dann sollte man zur Intergration beitragen.
Von daher, Chapeau an die Verfasserin.
@Kevin: NEIN er hat nicht die Wahrheit geschrieben, er hat seine Sicht der Dinge, seine Interpretation seiner Erlebnisse, sein Vorurteile aufgeschrieben – all dies hat mit der sog. Wahrheit gar nichts zu tun, weil viele von uns eine ganz andere Sicht und Interpretation unserer Erlebnisse haben – da ist erstmal gar keine Wahrheit drin. Wo er auch noch ganz weit weg von Wahrheit ist, er glaubt, es gibt Menschengruppen, die mehr wert sind als andere und genau das zelebriert er seit Jahren: Beamte stinken, Hartz IV`ler sind faul und Migranten wissen wir jetzt auch was sie sind. Er sieht sich einer (rein)deutschen Oberschicht zugehörig, die über allen anderen steht! Gehörst Du dazu Kevin? Wenn nicht, hat er auch Dich mit seinem Buch gemeint, dann gehörst auch Du nicht in seine Welt…
@Loewe: Und wenn wir nun in der ganzen Sarazzin-Konstruktion das Wort Muslim mit Jude austauschen, wird glasklar, dass er ein Wegbereiter für Faschismus ist – die Dinge, die er sagt und schreibt finden sich im Stürmer und anderen Hetzblättern aus der Nazizeit zum Teil wörtlich wieder….
Wer noch eine Tageszeitung bestellt hat vermutlich die nötige Reife um mit einem Thilo Sarrazin umgehen zu können. Oder ist das Buch ein großer Anreiz ein Abo auf sich zu nehmen? Jedenfalls hat mich die Werbung der Berliner Zeitung nicht angesprochen, als sie mir versprochen haben zu dem Abo noch als Gratis-Beigabe das Buch „Deutschland schafft sich ab“ zu reichen. Ich hätte gerne das Schlauchboot.
Dieser Artikel im Migazin ist ein sehr gelungener Beitrag, der den Horizont erweitert, zumal nun die Kanzlerin zugegeben hat, auch Deutschland ist hinter den Zielen hinterher. Vielen Dank dafür!