Ehegattennachzug

Sprachtest-Entscheidung stößt auf unterschiedliches Echo

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach das Erfordernis einfacher Deutschkenntnisse beim Ehegattennachzug im Einklang mit Grundgesetz und Europarecht sei (wir berichteten), stößt auf unterschiedliches Echo. Während Grüne und Linke die Entscheidung nicht nachvollziehen können, zeigt sich CDU/CSU erfreut.

Donnerstag, 01.04.2010, 8:04 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 07.09.2010, 1:30 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

„Wir fordern weiterhin, den Spracherwerb beim Ehegattennachzug vor der Einreise nach Deutschland zu streichen. Es ist sehr bedauerlich, dass das Bundesverwaltungsgericht die Rechtmäßigkeit dieser familienmissachtenden Regelung bestätigt hat“, erklärte Memet Kilic, Sprecher für Migrations- und Integrationspolitik der Grünen-Bundestagsfraktion.

Die Regelung stelle für viele Ehegatten eine unzumutbare Barriere zum gemeinsamen Familienleben dar und trenne Familien über Jahre. Denn die Teilnahme an einem Sprachkurs sei für die Betroffenen oftmals nicht möglich.

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Kilic weiter: „Wir sind weiterhin davon überzeugt, dass diese Regelung nicht nur gegen das Grundgesetz verstößt, sondern auch gegen das europäische Diskriminierungsverbot sowie gegen die EU-Richtlinie zum Familiennachzug. Es verwundert, dass das Bundesverwaltungsgericht die Sache angesichts des europarechtlichen Bezugs nicht dem Europäischen Gerichtshof zur Entscheidung vorgelegt hat, hierzu ist es bei Zweifelsfragen verpflichtet.“

Von der Verfassungswidrigkeit überzeugt
Auch für Sevim Dagdelen, migrationspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, ist es unverständlich, „warum das Bundesverwaltungsgericht die europarechtlichen Fragen nicht dem Europäischen Gerichtshof zur Prüfung und Entscheidung vorgelegt hat. Und das, obwohl der Gerichtshof erst jüngst entschieden hat, dass das Europarecht einen subjektiven Rechtsanspruch auf Familienzusammenführung enthält.“

Nicht nachvollziehbar sei auch, dass sich das Bundesverwaltungsgericht im Ergebnis über die inhaltlichen Argumente und „mühsam dokumentierten Einzelfälle hinwegsetzt, die die Verfassungs- und Europarechtswidrigkeit der Neuregelung belegen. Statt dessen wurde offenbar unkritisch die durch nichts zu belegende Behauptung der Großen Koalition einer angeblich beabsichtigten Verhinderung von Zwangsverheiratungen und Erleichterung der Integration übernommen“.

Tatsächlich sei die Regelung jedoch „familienfeindlich, diskriminierend und sozial selektierend. Für die Betroffenen sei sie mit einer Zwangstrennung auf unbestimmte Zeit, erheblichen Kosten und psychischen Belastungen verbunden“.

Dagdelen sei nach wie vor fest davon überzeugt, dass die Regelung gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoße und mit dem Grundgesetz unvereinbar sei. Daher werde die Linkspartei einen Antrag zur Abschaffung dieser Regelung in den Bundestag einbringen.

CDU/CSU begrüßt Entscheidung außerordentlich
Für den stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Günter Krings, ist die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts „außerordentlich zu begrüßen“. Die Bundesrichter hätten damit „die überfällige Klarheit“ geschaffen, dass die „seinerzeit gegen umfangreiche Widerstände geschaffene Regelung im Einklang mit dem Grundrecht von Ehe und Familie steht“.

„Die entsprechende Regelung des Aufenthaltsgesetzes solle Zwangsehen verhindern, weil Frauen durch den Erwerb von Sprachkenntnissen vor der Einreise in ihrer sprachlichen und sozialen Kompetenz gestärkt werden. Allen ausländischen Familien wird das unmissverständliche Signal gesendet, dass es ohne Deutsch nicht geht. Denn das Beherrschen der deutschen Sprache ist unbestritten der Schlüssel zu einer erfolgreichen Integration in Deutschland schlechthin“, so Krings.

Besonders erfreulich sei der „an Deutlichkeit nicht zu überbietende Hinweis des Gerichts“, dass der klagenden Analphabetin und Mutter von fünf Kindern aus der Türkei sowohl die Alphabetisierung als auch der Erwerb einfacher deutscher Sprachkenntnisse vor der Einreise nach Deutschland zumutbar sei. Politik

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  1. Mangelnde Deutschkenntnisse stellen für Ehegatten eine unzumutbare Barriere zum gemeinsamen Familienleben und zur Teilnahme am deutschen Gesellschaftsleben dar. Noch Fragen ?

    • Renkens sagt:

      Ja und zwar Ihre Aussge die nichts aussagt.
      Wir schicken unsere Kinder zum erlernen einer anderen Sprache und Kultur ins Ausland entweder als Austauschschüler oder als Aupair, weil wir wissen das man die Sprache und Kultur dort besser lernt wo Sie gesprochen und gelebt wird.
      Eine/n Ehegatten/in aus einen Drittstaatenland wird dieses aber verwehrt.

      • municipal sagt:

        @ Renkens

        1. WER trägt die Kosten für einen Aufenthalt von KINDERN/JUGENDLICHEN im Ausland?

        2. Diese Aufenthalte sind zeitlich begrenzt.

        3. WER trägt die späteren möglichweise entstehenden Kosten, wenn eine/n Ehegatten/inie deutsche Sprache NICHT geügend oder überhaupt nicht erlernt,somit
        dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung steht, und dann möglicherweise in der Ehe wieder Kinder kommen, die dann wiederum Probleme bei Sprache und Integration haben.

        • Renkens sagt:

          Mal eine gegenfrage: Wer trägt die Kosten Ihres Ehepartners wenn nur einer von Beiden arbeitet?
          Sie scheinen weder die Aufenthaltsgesetze zu kennen noch die Visaanträge welche es gibt.
          Es gibt ein sogenanntes Sprach Visum welches man stellen könnte und da ich Ihnen nicht jede Arbeit abnehmen werde müssen Sie sich selber bemühen welche Voraussetztungen dafür vorgeschrieben sind.
          Ich kenne Beispiele wo selbst ein Besuchervisum abgelehnt wurde obwohl alle Voraussetztungen erfüllt waren und dies zu einem Deutschen.
          Vielleicht machen Sie sich auch mal die Mühe, die Erzählungen von Betroffenen zu lesen und fragen sich mal ob Sie das auch machen würden.

  2. Udo Kuffer sagt:

    @Municipal
    1. Die Kosten für den Aufenthalt des Ehegatten / der Ehegattin in Deutschland trägt der Ehepartner. Ohne den Nachweis der wirtschaftlichen Sicherheit beim Ausländeramt (zb. durch Lohnabrechnunen) gibt es keine Aufenthaltsgenehmigung.

    2. Die Aufenthaltsgenehmigung ist ebenfalls zunächst auf ein Jahr zeitlich begrenzt. Es wäre kein Problem eine Verlängerung an die Sprachprüfung A1 und an den Besuch eines Integrationskurses (den die meisten ja sowieso schon besuchen) zu knüpfen.

    3. Für alle hier dauerhaft lebenden Menschen, die arbeitslos sind und nicht von Eltern oder Ehepartner unterstützt werden können, trägt die Allgemeinheit die Kosten. Sanktionsmöglichkeiten für gesunde Arbeitslose, die sich nicht an Weiterbildungen beteiligen gibt es schon genug.

  3. municipal sagt:

    @ Udo Kuffer

    zu 2.
    Die Kosten für eine Sprachbildung/Prüfung innerhalb Deutschlans zahlt ?
    Darüber hinaus läßt sich über eine VERPFLICHTUNG zu Sprach- und Integrationskursen reden, wenn eine irgendwie geartete NICHTTEILNAHME
    zur Beendigung des Aufenthaltes führt. Was machen wir mit denen, die dann untertauchen , wenn Sie erst einmal im Lande sind ?

    zu 3.
    Im Fall z:b.einer Schwangerschaft (der sich vielleicht mehrere weitere anschliessen) gibt es keine Verpflichtung zur Arbeit, aber trotzdem nach gewissenen Fristen eine ständige Aufenthaltsgenehmigung, die Kosten trägt in jedem Fall die Allgemeinheit, also der Steuerzahler.

    Die Regelung ist vom BVG abgesegnet (aus gutem Grund) und langjährigen Erfahrungswerten aus der Praxis.

  4. bigeagle198 sagt:

    @ municipal

    zu 2. Sie unterstellen also bei der Eheschließung aller binationalen Paaren zwischen Deutschen und Menschen aus dem Nicht-Schengen-Raum, dass es sich um Scheinehen handelt? Ich bin seit knapp 5 Jahren mit einer Philippinerin, die mittlerweile den deutschen Pass hat, verheiratet und ich kenne noch ein paar mehr vergleichbare Paare, die aus Liebe geheiratet haben. Manchmal ist es besser, sich im realen Leben umzuschauen, als bestimmten Medien ungeprüft zu vetrauen.
    Zu den Kosten des Sprachkurses: Ich habe einen Euro pro Stunde bezahlt, der Rest wurde vom Bund als Subvention getragen. Völlig kostenfrei ist so ein Kurs nur, wenn der Teilnehmer Bedürftigkeit nachweisen kann. Wie einer meiner Vorredener aber schon erwähnt hat, ist eine Einreise gar nicht möglich, ohne Nachweis der Solvenz. Es kann sich nur um Alt- oder Asylfälle handeln, auf die so etwas zutrifft. Sollte eine Prüfung nach B1 (die ist zum Beispiel für eine Einbürgerung erforderlich) beim ersten Mal bestanden werden, gibt es die Hälfte der Kursgebühren zurück.
    Alle anderen Kosten wurden und werden von mir getragen. Wo ist also das Problem?

    Wozu brauchen Sie eine Verpflichtung zur Arbeit, wenn der solvente Ehepartner durch die Ehe bereits unterhaltspflichtig ist? Bevor Sie Ihre Meinung zum besten geben, wäre es nett, sich erst einmal über den gesetzlichen Rahmen zu informieren.

    Sie schreiben, die Regelung (Nachweis von Deutschkenntnissen auf Niveau A1 vor der Einreise nach Deutschland bei Ehepartnern) ist vom Bundeverfassungericht abgesegnet. Die Novellierung des Ausländergesetzes trat am 28.8.2007 in Kraft. Mir ist kein höchstrichterliches Urteil bekannt. Es wäre sehr freundlich, wenn Sie das Aktenzeichen hier einstellen könnten. Ich kenne einige Menschen, die schon lange auf ein solches Urteil warten.

    Sie vergessen einen weiteren wichtigen Punkt. Es gibt nicht nur rein ausländische Paare, wie sie in dem Urteil des Bundeverwaltungsgerichtes in Leipzig am 30.03.2010 verhandelt worden sind, sondern auch binationale Paare, mit einem Deutschen.

    Gruß

    bigeagle198

    PS: Ich halte die fragliche Regelung für verfassungswidrig. Ich bin mal gespannt, wie lange es noch dauert, bis es zu einem höchstrichterlichem Urteil kommt.

    • Sugus sagt:

      „Wozu brauchen Sie eine Verpflichtung zur Arbeit, wenn der solvente Ehepartner durch die Ehe bereits unterhaltspflichtig ist?“
      Was geschieht, wenn der solvente Ehepartner plötzlich arbeitsunfähig oder auch nur dauerhaft arbeitslos wird? Kann doch passieren.

      • Mehmet sagt:

        „Was geschieht, wenn der solvente Ehepartner plötzlich arbeitsunfähig oder auch nur dauerhaft arbeitslos wird? “
        Was geschieht, wenn dies einem „rein“ deutschen Ehepaar passiert, in der die Frau die ganze Zeit Hausfrau war und auf die Kinder aufgepasst hat? Die Kinder sind noch ziemlich klein und der Mann ist querschnittsgelähmt.
        „Kann doch passieren.“…

        Die Frage ist:
        Macht es dann überhaupt einen Unterschied, ob die Frau aus dem Ausland kommt?

      • Renkens sagt:

        @ Sugus
        Zitat: Was geschieht, wenn der solvente Ehepartner plötzlich arbeitsunfähig oder auch nur dauerhaft arbeitslos wird? Kann doch passieren.

        Das kann jeden passieren, keiner weiß was die Zukunft für Ihn bereit hält?
        Sie können auch über die Strasse gehen, werden angefahren und sind dann vielleicht Querschnittsgelähmt.
        Genauso können Sie auch eine Unbefristete Arbeit haben, nur wenn die Firma Konkurs geht schützt Sie das auch nicht.
        Für das Leben gibt es keine Versicherung und wird es auch nie eine geben.
        Sie können heute Millionär sein und morgen sind sie vielleicht schon Hartz IV Empfänger, denken Sie mal an die Wirtschaftskrise letzten Jahres.
        Für die Leute welche so für den Sprachkurs sind habe ich mal einen Link zum lesen.
        http://www.verband-binationaler.de/fileadmin/user_upload/Stellungnahmen/broschuere_ehegattennachzug.pdf

        Vielleicht versteht Ihr dann die Leute besser und fangt an ob Ihr das durchmachen wollt was die Betroffenen durch machen.

  5. elimu sagt:

    „Wozu brauchen Sie eine Verpflichtung zur Arbeit, wenn der solvente Ehepartner durch die Ehe bereits unterhaltspflichtig ist? Bevor Sie Ihre Meinung zum besten geben, wäre es nett, sich erst einmal über den gesetzlichen Rahmen zu informieren. “

    ……… besser kann mans doch gar nicht ausdrücken…!! :)

  6. Pingback: Presseschau: Inland - Memet Kilic - Memet Kilic - ist im Bundestag

  7. Torsten sagt:

    Was geschieht kann ich auch von mir bezeugen:
    Seit über 3 Jahren bin ich nun mit meiner Frau in Südostasien verheiratet. Über 15000 Euro habe ich in den Jahren aufgewendet, um ihren Lebensunterhalt, einige Deutschkurse, Inlandsreisen und monatelange Aufenthalte in der Hauptstadt zu ermöglichen , – ohne A1 „Ergebnis“ …
    Folgen für mich, inzwischen habe ich mehrere Tausend Euro Mietrückstand, ebenfalls um die 6000 Euro Unterhaltsrückstand. – Mein Leben hier wird finanziell zerstört. Es dauert alles seine Zeit, aber demnächst wird die Lohnpfändung kommen, dann muß ich mich entscheiden zwischen meiner Liebe und irgendwelchen finanziellen Barrieren. Was geschieht steht somit felsenfest, wer wirklich verliebt ist wird es ahnen, ich bin bereit für meine Frau alles zu ertragen, inklusive Knast, würde wenn notwendig für sie sterben. Nur durch meine neue Frau habe ich die Kraft gefunden nach meiner unschuldigen Scheidung wieder nach vorn zu blicken und Sinn im Leben(auch in Arbeit) zu erkennen. Also werde ich meinen Job schmeißen und das tun, was ich schon vielleicht vor 3 Jahren schon hätte tun sollen: meine mittellosen und pflegebedürftigen Eltern sich selbst und dem Staat überlassen und selbst in ein anderes EU-Land zu gehen, um meine Familie endlich über diesen Weg zu vereinen.

    Werte Politiker; was sie erreicht haben, ist ein Menschen zu erziehen, der zwar mit seiner Frau sicher hierher zurück kehren wird (persönliches Umfeld, Sohn aus erster Ehe, ect.); DER ABER Deutschland nun abgrundtief hasst, nicht mehr die Bohne für die „Allgemeinheit“ tun wird sondern sich an ihr rächen wird wo es nur geht …
    IHR stehlt mir seit 3 Jahren meine neue Familie, trennt mich nun zwanghaft von Eltern und Scheidungskind hier !!!
    PS: ich war zuvor hunderte Stunden jährlich ehrenamtlich in einer Hilfsorganisation aktiv, wenn es an dem A1-Gesetz etwas ändern könnte, würde ich jetzt Mitglied in jedweder Terrortruppe.
    DAS habt ihr erreicht.

  8. bogo70 sagt:

    @Torsten,
    Oh je, dass hört sich schlimm an. Ich hoffe das ist keine Ankündigung, die sie ernst meinen. Auch wenn ich ihre Verzweiflung verstehen kann, so berrührt mich eher dieser Absolutheitsanspruch, für ihre Probleme nur den Staat oder den ausführenden Apparat verantwortlich zu machen. Aufgeben oder terroristische Akte zu begehen um den eigenen Willen durchzusetzen, finde ich Infam gegenüber den Menschen, die mit ihrer Geschichte nichts zu tun haben bzw. nichts dafür können. Sie müssen halt weiter mit legitimen Mitteln kämpfen und dazu gehört es, dass sie unsere Rechtsprechung in Anspruch nehmen, aber keinesfalls unschuldige Dritte mit in die Verzweiflung reißen.