Visumsfreiheit für Türken

Kein unerlaubter Aufenthalt

Das Amtsgericht Cham hat in einem Schreiben an die Bundespolizei angeordnet, einen Türken sofort aus der Haft zu entlassen, der visumsfrei und als Dienstleistungsempfänger in das Bundesgebiet eingereist war. Nach Ansicht des Gerichts liegen die Voraussetzungen für eine Haftanordnung nicht vor.

Donnerstag, 13.08.2009, 6:26 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 05.09.2010, 3:08 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Der türkische Staatsbürger U.K. wollte in die Bundesrepublik Deutschland einreisen, um sich ein Kraftfahrzeug zu kaufen. Weil er nicht im Besitze eines gültigen Visums war, wurde er an der Grenze zur Tschechischen Republik von der Bundespolizei festgenommen. Der daraufhin angerufene Amtsgericht Cham hat in einem Schreiben an die Bundespolizei angeordnet, den Inhaftierten „sofort aus der Haft zu entlassen“. Nach Ansicht des Gerichts würden die Voraussetzungen für eine Haftanordnung nicht vorliegen.

„Der Betroffene kann sich als türkischer Staatsbürger und passiver Dienstleistungsempfänger auf die Visumsfreiheit gemäß der sog. Stand-Still-Klausel berufen. … Nachdem die Einreise des Betroffenen nach dessen unwiderlegbaren Angaben ausschließlich zu dem Zweck erfolgte, ein Kraftfahrzeug zu erwerben, besteht nach Ansicht des Gerichts Visumsfreiheit, weshalb kein unerlaubter Aufenthalt vorliegt“, so das Amtsgericht.

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Der Amtsrichter stützt seine Begründung u.a. auf die sog. Soysal-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs vom 19.02.2009 (wir berichteten), auf die Entscheidung des AG-Erding vom 29.04.2009 (wir berichteten) und auf Westphal/Stoppa in Report Ausländer- und Europarecht.

Damit geht der Streit um die Visumsfreiheit türkischer Staatsbürger in eine neue Runde. Bereits nach der Soysal-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs entfachte ein Streit zwischen Europa- und Ausländerrechtlern, und dem Innenministerium. Während das Innenministerium die Soysal-Entscheidung äußerst restriktiv nur auf aktive Dienstleistungsempfänger anwenden möchte, sind Rechtsexperten der Überzeugung, dass auch passive Dienstleistungsempfänger wie Touristen, sich auf die Soysal-Entscheidung berufen und visumsfrei nach Deutschland einreisen können.

DOSSIER: Visafreiheit für Türken jetzt im Dossier – der bisherige Verlauf in aller Ausführlichkeit und in chronologischer Reihenfolge.

Skurrile Züge im Streit um Visumsfreiheit
Der Streit um die Visumsfreiheit nahm zwischenzeitlich äußerst skurrile Form an. So sperrte das Innenministerium den Zugang zu den Intranetseiten der Polizeihauptkommissare Volker Westphal und Edgar Stoppa bei der Bundespolizei (wir berichteten). Die beiden sind angesehene Experten, haben ein Standardwerk zum Ausländerrecht geschrieben und unterrichten an der Bundespolizeiakademie in Lübeck. Aus Sicht des Innenministeriums sind sie aber leider der Auffassung, dass türkische Staatsbürger nach der Soysal-Entscheidung weitestgehend visumsfrei einreisen dürfen und verbreiten es auf ihren Internetseiten. Nachdem die Sperrung öffentlich bekannt wurde, musste das Innenministerium zurückrudern und den Zugang wieder freigeben. Die Sperrung wurde vom Innenministerium mit der Gefahr begründet, “dass die 40 000 Mitarbeiter der Bundespolizei dadurch irregeleitet werden”. Ganz im Gegenteil, wie sich nun herausstellt.

Der skurrile Streit um die Visafreiheit ging in die nächste Runde, als die Rechtsanwälte Dr. Rolf Gutmann und Dr. Gerhard Strate, Redakteure des Informationsbriefs Ausländerrecht, mit Schreiben vom 20.03.2009 Strafanzeige gegen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble erstatteten (wir berichteten). Der Vorwurf lautete: Wolfgang Schäuble “missachtet seine Rechtspflicht, seine Untergebenen zu straffreiem Handeln anzuleiten und hält eine Weisung aufrecht, deren Befolgung die ausführenden Beamten der Bundespolizei dem Strafvorwurf der Verfolgung Unschuldiger (§ 344 StGB) aussetzt.“

Die Strafanzeige wurde wenige Wochen später eingestellt. „Die Auslegung der Soysal-Entscheidung durch das Bundesinnenministerium lässt kein willkürliches Verhalten durch bewusstes Abweichen von eindeutigen Rechtsnormen erkennen“, hieß es damals in der Begründung.

Visafreiheit für Türken...
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    Kraftfahrer, Künstler, Wissenschaftler und Sportler
    Derzeit dürfen nur Kraftfahrer, Künstler, Wissenschaftler und Sportler visumsfrei nach Deutschland einreisen, wenn sie Dienstleistungen erbringen (wir berichteten). Damit die Visumsfreiheit an der Grenze festgestellt werden kann, besteht die Möglichkeit, sich vor Einreise nach Deutschland eine „Bescheinigung über die visumfreie Einreise“ bei den deutschen Auslandsvertretungen in der Türkei einzuholen – ein Bescheid, in der die Visumsfeiheit nur für die jeweilige Einreise bestätigt wird, bei der Grenzkontrolle aber keine Rechtskraft hat.

    Die äußerst restriktive Handhabung der Visumsfreiheit für Türken wurde besonders deutlich, als von den türkischen Fußballern des erstligisten Fenerbahce Istanbul Visum gefordert wurde. Die Fußballer würden einreisen, um in Deutschland Freundschaftsspiele zu absolvieren; die Visumsfreiheit bestehe aber nur bei Pflichtspielen.

    Der weitere Verlauf um die Visumfreiheit türkischer Staatsbürger dürfte spannend und unterhaltsam bleiben. Mit jedem weiteren Richterspruch – so war es bisher – gerät das Innenministerium zunehmend in Erklärungs- und Handlungsnot. Recht

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    1. delice sagt:

      Das Innenministerium wird noch einigen anderen Feldern des Zuwanderungsrechts (Ausländerrechts) und der Staatsangehörigkeit (StAG) federn müssen, und damit auch in erhebliche Erklärungsnot noch mehr geraten!

      Denn so offensichtlich wie Deutschland zeigt kein anderes Land in Europa seine Vorbehalte gegenüber türkischen Staatsbürgern!

      Ich verstehe einfach nicht, warum die türkische Seite hier nicht in einer ähnlichen Form, dies dann gegenüber deutschen Staatsbürgern genauso zeigt und danach handelt? Denn solange – von der türkischen Regierung – hier nicht gleich gezogen wird, werden die […] in den deutschen Innenministerien einfach nicht nachgeben wollen, egal dann ob auf Länder- oder Bundes-Ebene!

      Natürlich ist es für Sachbearbeiter in deutschen Ausländerbehörden hier ungemein schwer jetzt vermehrt umzudenken, wenn sie doch in der Vergangenheit – in all den vielen verstrichenen Jahrzehnten – immerzu, von den Weisungsgebenden Innenministerien dazu angehalten wurden eine extrem restriktive Haltung – gerade und vor allem gegenüber türkischen Staatsbürgern einzunehmen; und so auch ihr großzügiger Ermessensspielraum – als Sachbearbeiter – stets zu Lasten der speziellen Ausländer anzuwenden.

      Obwohl doch eigentlich türkische Staatsbürger im Besonderen – durch den ARB 1/80 Beschluss besser geschützt waren und sind, ging dieses Primärrecht der Gemeinschaft der EWG/EG/EU oft genug völlig unter, auch bei der Formulierung in neue deutsche Gesetze, Verordnungen und Vorschriften.

      Erst jetzt gibt es immer mehr, aber dennoch – für mein Dafürhalten – auch zu langsam türkische Staatsbürger, die es sich einfach dies alles nicht mehr gefallen lassen wollen, weiterhin rechtlich in Deutschland – so besonders, gezielt, zweckdienlich und vorsätzlich immerzu benachteiligend behandelt zu werden!

      Hier fällt gerade Rechtsanwälten mit einer Herkunft aus der Türkei die Rolle zu, endlich kostenfrei und mit ganzem Herzen einzuspringen. Schließlich betrifft das ja jeden. Schließlich ist jeder gewonnene rechtliche Punktsieg vor einem deutschen oder europäischen Gerichtshof, auch wenn er noch ein so kleiner Schritt sein sollte, letztlich auch positiv für sie selbst zu! Das aber ist bei diesen Damen und Herren aber noch nicht ganz angekommen, trotz eines guten bis sehr guten Abschlusses in Jura! Eine derartig beinahe schon selbsterniedrigende Passivität führt aber bei den deutschen Entscheidern bzw. Entscheidungsträgern dazu – in dem gleichen Wahn und Rhythmus weiter zu machen. Denn, wo kein Kläger da kein Richter! Ein rechtlicher Widerstand oder ein HALT kam dort noch nicht an, da kann konnte schließlich weiterhin ungebremst und ohne jegliche Rücksicht dieser Gruppe von fremdzubleibenden Menschen, dann weiter rechtlich ausgegrenzt und benachteiligt betrieben werden!

      Das gilt aber trauriger Weise natürlich auch für türkische Unternehmer in Deutschland und auch für Unternehmer, die eigentlich aus der Türkei kommen, wie auch für türkische Verbände und ganz besonders auch für deutsche Abgeordnete mit einem Hintergrund aus der Türkei, die politisch und finanziell oder auch beides zugleich als Kraft haben – die die Möglichkeit hätten hier einfach(e) Zeichen zu setzen! Das aber bleibt wohl weiterhin nur eine reine Illusion!

      Die meisten der hier lebenden türkischen Staatsbürger wollen damit absolut wirklich nichts zu tun haben. Sie gefallen sich sehr in der Rolle der berühmten Drei Affen. Der Kelch soll ruhig an mir vorüber gehen! Eigentlich kann die Schlinge ruhig am Hals sein, das beunruhigt sie dann keineswegs. Sie verwechseln hier eigentlich etwas – ohne es einmal zu merken. Sollen doch gefälligst die wenigen Anderen dafür ihr Geld, ihre Geduld, ihre Ausdauer, ihre Zeit und Kraft dafür verschwenden und sich nur ruhig dafür freiwillig opfern. „Ich habe etwas viel besseres vor!“, sagen sie sich wohl still und leise. „Ich will weiterhin für mein eigenes Projekt weiterhin ungestört sparen dürfen“, was es nun auch sein mag. Sie sagen sich wohl auch: „Ich will gut Freund mit den „Deutschen“ sein! Ich will weiterhin nicht auffallen und den pflegeleichten Türken spielen! Sollen doch die das mal machen was sie nur wollen!“

      Die meisten, die so denken, schämen sich aber nicht einmal dafür – für ihre Haltung eines verängstigten aber dennoch opferbereiten Hasenfußes! Wo, aber dann bleiben nur der ganze Stolz und die Ehre als Türke oder Türkin?

      Noch dreister wird es dann aber, wenn man an jedem juristischen Sieg trotzdem teilhaben, daran gewissenlos partizipieren will! Wo man doch noch davor sich unsichtbar erklärt hatte, wollen sie dann plötzlich auch sich dieses Recht für sich in Anspruch nehmen!

      Was hat Deutschland nur aus diesen Menschen gemacht?

      Ich kann jedem dieser mutigen Vorkämpfer die sich auf dem Rechtswege so mutig behaupten (wollen), die sich auch für einen gerechten Aufenthalt und eine Gleichberechtigung und Gleichbehandlung in Deutschland und in der EU – sich ganz persönlich und idealistisch dafür einsetzen – und damit uns allen türkischen Staatsbürgern eine neue Hoffnung geben, weil wir endlich zu unserem bereits vorhanden und verbürgten Rechten kommen – nur noch beglückwünschen, auch wenn sie, wie es sich hier immer wieder zeigt, das völlig alleine und auf eigene Kosten dies alles auch für uns tun!

      P.S.
      Dann erzählt man den türkischen Staatsbürgern auch noch dreist genug und das auch noch direkt ins Gesicht, sie seien ja nur deshalb weiterhin feste so zu benachteiligen, weil die Türkei nicht in der EU sei. Dabei vergisst man aber, dass man selber der Verursacher dieser Blockade- und Hinhaltetaktik ist, also gerade und im Besonderen wegen Deutschland die Türkei nicht Vollmitglied der EWG/EG/EU werden kann und darf. Ergo kann man so gesehen auch nie wie andere EU-Ausländer dann rechtlich gestellt sein. Durch die eigene Verhinderungsmär kann sich Deutschland dazu bequemen dann also zu behaupten: „Wir dürfen das weiterhin, weil ihr ja nicht drin seid – in der EU!“

      Davon abgesehen stimmt es dennoch nicht ganz! Denn es gibt ja noch die Abkommen von Ankara und den berühmt gewordenen ARB /80 Beschluss der Republik Türkei und der EWG/EG/EU, wie auch weiter ableitende und entwickelte Urteil des EuGH, wie auch dann für türkische Wanderarbeiter gültige Rechtsnormen, die allesamt türkische Staatsbürger eigentlich nicht schlechter stellen dürfen und an der Rechtsentwicklung auch partizipieren lassen müssten! Was aber der deutschen Seite bisher wenig bis gar nicht berührt!

      • Non-EU-Alien sagt:

        „Ich verstehe einfach nicht, warum die türkische Seite hier nicht in einer ähnlichen Form, dies dann gegenüber deutschen Staatsbürgern genauso zeigt und danach handelt?“

        –> Ich denke mal, weil die Türkei unter allen Umständen in die EU will, und man es sich mit dem mächtigsten Land in der EU nicht vergraulen will… Weiter denke ich, dass wenn die Türkei genauso gegenüber Deutschen verfahren würde, es dem Tourismus in der Türkei um einiges schlechter gehen würde, und es ist nun mal eine große Einnahmequelle.

      • Markus Hill sagt:

        Warum sieht man nicht einmal die Befindlichkeit der deutschen Seite?
        Die deutsche Regierung (Unterstellung) will in erster Linie deutsche Interessen vertreten. Völlig legitim. Genauso legitim, wie die aus Eigeninteresse geprägte Haltung der Türken, die Visafreiheit haben zu wollen. Da prallen einfach zwei Standpunkte aufeinander. Da helfen keinerlei Unterstellungen und auch keine vermeintliche „Ehre“ – die ist durch die schlechte Reputation ohnehin derzeit nicht Hauptthema der Diskussion. Die Zeit ist eben gegenwärtig noch nicht reif dafür.
        Grund: Der schlechte Ruf und die derzeitig feststellbaren Bildungsdefizite bei türkischen Migranten. Man will sich einfach derzeit noch nicht mehr „Ärger“ ins Land holen. Wahrscheinlich hat man Angst, so wie in den 60-Jahren nochmals eine Welle von Bildungsfernen anzuziehen, sozusagen eine nochmalige Entlastung der türkischen Wirtschaft – man hat einfach gelernt, was den Eintritt von Türken auf deutsches Staatsgebiet an unagenehmen Folgen haben kann (Missbrauchmöglichkeit der visafreien Einreise, eine Unterstellung, die im Raum steht). Die deutsche Regierung nimmt da Rücksicht auf die Wählerstimmung derzeit. Ist das alles so schwer zu verstehen? (Da helfen auch keine „Rassismusphantasien“b etc., ist normaler Ausdruck von Staatspolitik – die deutsche Regierung bzw. der Gesetzgeber fühlt sich deutschen Interessen mehr verbunden wie türkischen).
        PS: Natürlich ist es klar, dass durch eine solche Politik oft die falschen Leute getroffen werden.

        • delice sagt:

          Wieso jetzt der Vorwurf von Misbrauch und der gleichen. Dieses Recht z.B. der VISA-Freiheit war schon immer da!

          Das EuGH hat hier nichts neues erfunden. Es hat nur auf dieses Recht in seinem und anderen ähnlichen Urteilen nur verwiesen!

          • Markus Hill sagt:

            Zitat aus Ihrem Text, darauf habe ich mich inhaltich bezogen:
            „Denn so offensichtlich wie Deutschland zeigt kein anderes Land in Europa seine Vorbehalte gegenüber türkischen Staatsbürgern!“
            Ich habe einige Gedanken dazu angeführt, warum sich vielleicht (alles so Vermutungen und Unterstellungen) der Gesetzgeber unterschwellig daran orientieren könnte. Wobei die Paragraphen da wenig Spielraum lassen, die Frage ist dann, ob dieser Vorbehaltsvorwurf von Ihrer Seite überhaupt Berechtigung findet.

      • Mehmet sagt:

        „Denn so offensichtlich wie Deutschland zeigt kein anderes Land in Europa seine Vorbehalte gegenüber türkischen Staatsbürgern!“

        Dann wissen Sie nicht, wie man in Spanien und Frankreich über Marokkaner und „Negros“ redet… ;-) Da ist man froh, wenn man dort Türke ist :-))

        • Markus Hill sagt:

          Interessant. Das habe ich auch schon gehört. Bei allen Diskussionen hier in dem Blog sollte man das vielleicht noch im Hinterkopf behalten: Die Situation von Deutschen / Deutsch-Türken / Türken etc. ist in Deutschland bei weitem nicht so verfahren wie die Situtation in der Migrantenthematik in England, Spanien oder Frankreich, auch Holland steht fast vor einer Zereissprobe durch rechtspopulistische Parteien. In Deutschland jammert man zwar auf hohem Niveau, man spricht aber noch miteinander. In der Sache um der Sache Willen halt oft auch mit harten Bandagen.:-)

          • Mehmet sagt:

            Das meinte Ich nicht. Was in Spanien und Frankreich die Marokkaner sind, das sind in Deutschland die Türken.

            • Markus Hill sagt:

              Ich habe es aber so gemeint, wie ich es hier geschrieben habe. Und ich teile Ihre Einschätzung auch nicht. Zumal dort diese Gruppen in der Regel ein wesentlich unangenehmeres Leben haben als die Türken in Deutschland. Meines Erachtens können Sie das gerne persönlich so empfinden, dass kann Ihnen keiner absprechen. Ich glaube (Glaube ist nicht Wissen!:-) aber nicht, dass Sie das grundsätzliche Lebensgefühl von vielen Türken damit treffen.

    2. delice sagt:

      P.S. 2
      Von all den gesagten und hier aufgeführten Punkten, muss man sich schon in Deutschland fragen, und hier vor allem müssen sich diese Frage deutsche Politiker sich fragen, ist all das moralisch und ethisch überhaupt noch vertretbar?

      Denn beim Staatsangehörigkeitsrecht und hier in der Frage der Mehrstaatigkeit, sind nach der letzten Reform im Februar 2009, eigentlich schon seit dem August/September 2007, hunderte Millionen Menschen, auch deutsche Staatsbürger, dazu berechtigt, ohne dabei anschließend ihre bisherige deutsche Staatsbürgerschaft zu verlieren. Wohlbedacht gilt diese Regelung aus dem § 12 Abs. 2 i.V.m. § 25 Absatz 1 StAG.

      Es sind also nicht nur EU-Ausländer, sondern auch Deutsche und Schweizer und alle anderen Angehörigen ehemaliger EFTA-Staaten dazu berechtigt, sondern auch die von streng muslimischen Staaten aus Drittstaaten, die weder an Europa angrenzen noch mit der EU etwas am Hut haben!

      Nur wir, die türkischen Staatsbürger müssen draußen bleiben, auch wenn wir deutsche Staatsbürger geworden sind, was dem speziellen Grundrecht gemäß Art. 33 Abs. 1 GG widerspricht, wie auch Art. 1 und Art. 3 und Art. 19 und Art. 20 GG usw.

      Es geht sogar soweit, dass die Betroffenen dann, nach dem Verlust der deutschen Staatsbürgerschaft gemäß § 25 Abs. 1 StAG, noch ein zusätzliche und ergänzende, also eine zweite Bestrafung gemäß § 38 Aufenthaltsgesetz erhalten.

      Denn ihre vormaligen gefestigten Rechte im Aufenthaltsstatus einer „Aufenthaltsberechtigung“, neudeutsch „Niederlassungserlaubnis“, gehen nämlich mit dem kurzzeitigen Adjektiv als Deutscher, egal ob von nur einem Tag oder eben bis knapp unter 5 Jahren, völlig verloren. Nach 5 Jahren erfährt der Betroffene eine neuerlich eingeführte Amnestie, gemäß § 35 Abs. 3 StAG, auch wenn gelogen, getäuscht und gedroht wurde gemäß § 35 Abs. 5 StAG, wird dies alles dann irgendwie geheilt und hinfällig.

      Der rechtliche Zustand im Aufenthalt wird in eine Löschung geführt, so wie man auf eine „Delete“-Taste drückt. Man wird einfach so gestellt, als käme man erst gestern hier in Deutschland an!All die vergangenen Jahrzehnte sind dann weg – ich nenne das dann „extrem ex tunc“! Dazu wird dann anschließend, also nach der Abgabe der deutschen Ausweisdokumente, zunächst eine so genannte „Fiktionsbescheinigung“ dem Betroffenen von der Ausländerstelle ausgestellt und ihm eine Frist von 3 Monaten, gemäß § 81 Abs. 1 Satz 3 („Aufenthalt erlaubt“), § 81 Abs. 3 Satz 2 („Abschiebung ausgesetzt“) oder § 81 Abs. 4 („der Aufenthaltstitel als fortbestehend“) Aufenthaltsgesetz dann gewährt, um den heimatlichen Pass wieder beizubringen. Im Prinzip erhält der wieder zum Ausländer gewordene einen einfachen Aufenthaltsstatus!

      Eigentlich können sich türkische Staatsbürger meist noch glücklich schätzen, denn sie werden noch einigermaßen vom ARB/80 Beschluss geschützt. Denn andere und vor allem ehemalige Asylsuchende verlieren die deutsche Staatsbürgerschaft auch dann, wenn sie dadurch staatenlos werden, gemäß § 35 Abs. 2 StAG, was im Grunde eindeutig dem Art. 16 Abs. 1 GG widerspricht! Auch dieses und vieles andere verfassungswidrige im StAG zu klären widersetzt sich aber das Bundesverfassungsgericht sehr beharrlich!

      Obendrein gibt es noch weitere Bestrafungen in diesem Zusammenhang.

      Denn gemäß § 42 StAG gilt folgendes:
      „Mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unrichtige oder unvollständige Angaben zu wesentlichen Voraussetzungen der Einbürgerung macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen eine Einbürgerung zu erschleichen.“

      Das würde bedeuten, dass für einen politisch verfolgten er wieder in die Fänge seiner ehemaligen Häscher geraten könnte und dürfte. Denn seien wir doch ehrlich! Die wenigsten haben eine ähnliche Reise hinter sich, wie ein TUI-Urlauber! Wie kann ein Flüchtling auf legalem Wege hier einreisen? Ein Ding der Unmöglichkeit! Und so würde der Neubürger zunächst einmal für 5 Jahre sich nicht bewegen und sich nie scheiden lassen oder dergleichen Rosenkriege sich leisten! Denn das wäre sein Ende in Deutschland! Neben Abschiebehaft noch eine Geldstrafe dazu!

      Kann man so noch die deutsche Staatsbürgerschaft diesen Menschen empfehlen?! Wohl kaum, denn das könnte auch hier all die vergangenen Jahrzehnte im Nu vernichten!

      Einzige Lösung wäre womöglich die Apostasie als Muslim!
      Das politische Asylrecht ist so gesehen – in Deutschland – derart verunstaltet worden, dass nur noch eines zählt, die Aufgabe des Islam als Religion hin zu einem Leben als Christ!

      Nur frage ich mich, was daran noch demokratisch und rechtsstaatlich sein soll, wenn der vermeintlich neutrale Staat, eine verwerfliches Ziel hat, eine gewisse unfreiwillige Zwangsmissionierung hier einzuläuten!

      • Non-EU-Alien sagt:

        Sehr interessant, aber was hat PS2 mit dem obigen Bericht zu tun?

      • Markus Hill sagt:

        Zitat:
        „Es sind also nicht nur EU-Ausländer, sondern auch Deutsche und Schweizer und alle anderen Angehörigen ehemaliger EFTA-Staaten dazu berechtigt, sondern auch die von streng muslimischen Staaten aus Drittstaaten, die weder an Europa angrenzen noch mit der EU etwas am Hut haben!“
        Schön, zu hören. Dann hat das „Gejammer“ mit „Antiislamischer Verschwörung der Deutschen“ endlich einmal ein Ende und man kann in der Sache diskutieren. Man kann diesen Sachverhalt nicht klar genug herausstellen, damit er nicht weiterhin plakativ instrumentalisiert wird. Seitenlange Rechtsinterpretationen sind durchaus aufklärend, ich weiss aber nicht, ob alle anderen Rechtsinterpreten nicht andere Auffassungen – mit ebenso guten Begründungen – vertreten. Scheinbar haben diese anderen die gewichtigeren Argumente auf ihrer Seite.
        Moral? Ethik? Hm. Jeder, der seinem Kind keine auszureichende Ausbildung zukommen lässt und es sehenden Auges zu einer Belastung der Allgemeinheit werden lässt – Beispiel: Eltern, die sich nicht um die Schulbildung ihrer Kinder kümmern – meinten Sie AUCH diese Art von Moral? (Genauso: Eltern, die Ihre Kinder als Azubis in den Bergbau schicken, wg. Ausgewogenheit: Unverantwortlich auch von deutschen Eltern). Missbrauch von Sozialhilfe, Krankenversicherungsleistungen – Moral???
        In der Diskussion könnten mir der Moral-Frage ganze Blogs gefüllt werden. Bei so einer Staatsrechtsfrage erscheint mir diese Kategorie für die Diskussion wenig zielführend

        • Teleprompter sagt:

          Bei den islamischen Staaten handelt es sich vermutlich um diejenigen Staaten, die ihre Bürger grundsätzlich nicht aus der Staatsbürgerschaft entlassen, wie z.B. den Iran. Es ist unmöglich, die iranische Staatsbürgerschaft loszuwerden.

    3. Umut sagt:

      Gut, dass es unabhängige Richter gibt, die die Ungerechtigkeiten der Regierung sehen !

    4. Hans sagt:

      Wen wundert die deutsche Haltung? Wenn der türkische Außenminister türkisch Unterricht in Deutschland fordert, wer wird den Deutschen verdenken, daß sie keine weitere Einwanderung von dieser Sorte haben wollen?

      Überhaupt gilt für die meisten Länder dieser Welt Visa-Pflicht für Deutschland. Als nächstes kommen dann die Nigerianer, und fordern freie Einreise. Die Thematik hat mit Gleichberechtigung überhaupt nichts zu tun. Jedes Land kann frei entscheiden, welche Ausländer es einreisen lassen will, und welchen Ausländern weiterhin Aufenthalt gewährt wird, und welchen nicht.

      Wenn irgendwelche juristischen Unklarheiten bestehen, sollte man einfach sämtliche Abkommen mit den Türken kündigen. Wir brauchen die Türken ökonomisch ohnehin nicht. Weder im Ausland noch im Inland. In NRW beispielsweise ist nicht einmal jeder 2. Türke im Erwerbsalter erwerbstätig. In Berlin dürfte die Lage noch viel dramatischer sein.

      Man sollte schon über Migration reden, vor allem aber über Rückmigration der Türken. Die Integration der in Deutschland lebenden Türken in die Türkei wäre ein Leichtes. Der umgekehrte Fall funktioniert dagegen erwiesenermaßen seit Jahrzehnten nicht.

      • Markus Hill sagt:

        Es ist wohl gegenwärtig noch etwas ungewohnt für die andere Seite, dass man sehr scharf und auf den Punkt ganz normal deutsche Interessen vertritt. Ist ein Gewöhnungsprozess. Die Nazi-Masche-Argumentation funktioniert nicht mehr, plötzlich muss man sich inhaltlich auseinandersetzen. Sie haben recht. Mir auch oft völlig schleierhaft,
        warum deutsche Staatsbürger nicht sagen dürfen sollen: „Die Form von Einwanderung will ich, die andere Form nicht. Ist meine Heimat hier und ich will mich hier auch in Zukunft wohlfühlen.“
        Glücklicherweise ist da eine neue Diskussionskultur entstanden, die Diskussion hat sich versachlicht in den Medien. Natürlich schwappen erst einmal Negativmeldungen (jahrelang verschwiegen, PC!) hoch. Jetzt kommt aber einmal langsam Ruhe in die Debatte, man kommt langsam auf die Inhaltsebene. Natürlich werfen sich beide Seiten noch alle Vorurteile oder fundierteren Vorurteile:-) an den Kopf. Das nennt man schlicht Meinungsaustausch.;.)
        „Rückmigration“ – den Begriff habe ich noch nicht gehört. Interessant. Es ist klar, man sollte da keine Denkverbote einrichten. Wenn der Karren endgültig in den Dreck gefahren sein sollte, ist ein Plan B immer gut. Zumindest schadet es nicht, da immer im Dialog mit der Türkei zu bleiben.
        Türkei ist ein Land wie jedes andere. Brauchen tut jeder irgendwie jeden. Richtig ist, dass man von ihr nicht abhängig ist. ABER: Warum sollte man die Türken und die Türkei absichtlich vor den Kopf stossen?
        Ich sehe dass nicht so pessimistisch wie Sie. Es gibt eine ganze Generation von türkischen Migranten, die jetzt heranwachsen und sich normal intergrieren. Die sich hier heimisch fühlen, die Deutschland lieben und hier ihre Zukunft sehen. Denen wird durch die schlechte Propaganda (nicht Schuld der Presse, sondern Fehlverhalten von eigenen Landsleuten) oft der Mut genommen bzw. man vertreibt diese fast aus unserem Land. Das ist schlecht.
        Was wir mit den negativen „Altlasten“ der türkischen Migration machen – ich weiss es ehrlich gesagt nicht. Mir sagte ein türkische Bekannter, dass man diese Generation halt aufgeben sollte und bei der neuen Generation ansetzen. Das finde ich supoptimal.:-)

      • emire sagt:

        Sie leben im falschen Jahrhundert,in dieser angelegenheit geht nicht um Nigerianer oder das nur jeder 2.Türke arbeitet.
        Hier geht um Vertraglich zugesicherte Rechte,die von der Bundesregierung versucht wird zu verwässern.

        Es werden Türken Kriminalisiert und gegenfalls in den Knast gesteckt,ist es nicht unehrenhaft wenn sich die Poltiker nicht an gültige Verträge halten.

        Diese Türken kommen nicht zum Arbeiten ,sie wollen sich ihr Gastfreundliches Land anschauen,getreu der Werbung Deutschland ist Schön.Sie wollen die Hochburg der Zivilisation und die Kultur anschauen ,sich an den Braunbatzen erfreuen etc….etc.

        • municipal sagt:

          @ emire

          Die „vertraglich zugesicherten Rechte“ und deren Umsetzung werden von der Bundesregierung nach ihrer Sicht der Dine umgesetzt, NICHT nach Sicht der Türkei. Und die Rechtslage nach Sicht der Bundesregierung ist so, das die Einreise restrektiv gehandhabt wird (aus GUTEM Grund) .

          Es bleibt (wie in einem demokratischen Land üblich) der Rechtsweg.

          „Diese Türken kommen nicht zum Arbeiten ,sie wollen sich….“

          Ich denke, das Sie diese Schilderung in einer Mischung aus Sarkasmus und Satire sehen,oder?

          Und das mit dem „ehrenhaft“ lassen wir mal außer acht, das Wort EHRE hat für mich in Bezug auf türkischen Nationalismus und „Eigenarten“ des türkischen Familienlebens einen bitteren Beigeschmack.

          • delice sagt:

            „pacta sunt servanda“ = Verträge sind einzuhalten!

            • municipal sagt:

              @ delice

              Es gehört nun wirklich nicht hier her, aber Entschuldigung,delice, richten Sie das bitte der türkischen Regierung in Bezug auf Zypern/Häfen/EU aus.

              Konnte ich mir jetzt nicht verkneifen. Tschuldigung.

        • Markus Hill sagt:

          Ich glaube, das der Gesetzgeber unterschwellig den Generalverdacht des Missbrauchs im Hinterkopf hat. (Ähnlicher Verdacht bei einigen Eheschliessungen, „Ehegatten-Import“, Zuwanderung durch die Hintertür). Vielleicht ist das auch noch motiviert durch den Einfluss der Politik. Die Bevölkerung ist wohl hyper-sensiblisiert bezüglich aller Themen, die mit Türken und Einwanderung (auch temporäre) und Visum zusammenhängen. So ist wohl gegenwärtig die Stimmungslage. Eigentlich geht das unberechtig zu Lasten bestimmter Gruppen von Migranten und von deren Verwandten, Freunden etc., die zu Unrecht die Folgen des Generalverdachts zu tragen haben. Andererseits, wie oben angeführt, es ist ein simpler Interessenkonflikt. In dem Fall hat man sich halt entschieden, erst einmal auf „Nummer Sicher“ zu gehen. (Einen ähnlichen Fall von Eigeninteressevertretung, mehr auf Arbeitsmarkt-Thema bezogen , hat man mit der Freizügigkeitsregelung für Polen bzgl. Arbeitsaufnahme getroffen).

        • Markus Hill sagt:

          Was sind „Braunbatzen“? (Den Begriff habe ich noch nie gehört).

    5. Peter Habersaat sagt:

      Den Türken geht es immer nur um ihre Rechte. Mich nervt das ganz gewaltig.
      Hat denn jemals ein Türke daran gedacht, wie unehrenhaft es für die Türkei ist, dass sie seit Jahrzehnten ihren Bevölkerungsüberschuss in Deutschland ablädt? Warum verändern die Türken in ihrer Heimat nichts, wenn es ihnen dort anscheinend so wenig gefällt, dass sie millionenfach ins verhasste Deutschland kommen, obwohl es seit nunmehr weit über 30 Jahren einen Zuwanderungsstopp gibt? Schämen sich die Türken denn überhaupt nicht ein bisschen?

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