Bewerbung, Diskriminierung, Brief, Syrer, Flüchtling
Das Ablehnungsschreiben an Salim F. © MiGAZIN

Wendung im Fall Salim F.

Autohaus feuert Mitarbeiter und gibt syrischem Flüchtling Termin für Azubi-Bewerbungsgespräch

Der Fall des Salim F. hat nach einem MiGAZIN-Bericht eine positive Wendung genommen. Das Autohaus, das dem syrischen Flüchtling ursprünglich eine Heimreise nahegelegt hatte, hat sich bei ihm entschuldigt und ihm einen Termin für ein Bewerbungsgespräch gegeben. Salim F. freut sich über die Chance.

Von Ekrem Şenol Donnerstag, 21.12.2017, 13:54 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 22.07.2018, 14:44 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Der Fall des 26-Jährigen Salim F. (Name geändert) schlägt hohe Wellen. Nach einem Bericht des MiGAZIN hat sich das Autohaus für das geschmacklose Ablehnungsschreiben öffentlich entschuldigt und mit dem syrischen Flüchtling einen Termin für ein Vorstellungsgespräch vereinbart, wie der Geschäftsführer Carsten Budde dem MiGAZIN mitgeteilt hat.

„Die für das Schreiben verantwortliche Person hat nach einem ersten Gespräch das persönliche Fehlverhalten eingeräumt und angeboten, mit sofortiger Wirkung die Tätigkeit für unser Unternehmen zu beenden. Dieses Angebot habe ich angenommen“, teilte Budde dem MiGAZIN weiter mit.

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Was war passiert?

Salim F. ist vor 21 Monaten vor dem Krieg in Syrien nach Deutschland geflüchtet. In dieser kurzen Zeit hat er bereits Deutsch auf B1-Niveau gelernt, seine B2-Prüfung steht bevor. Außerdem habe er sein syrisches Abitur sowie seinen Führerschein anerkennen lassen. Eine teilweise Anerkennung seines abgebrochenen Studiums in Syrien in Wirtschaftswissenschaften war nicht möglich.

Anfang Dezember erfuhr Salim F. auf der Facebook-Seite des Autohauses Budde in Warstein, dass dort Azubis gesucht werden. Kurzentschlossen nahm er Kontakt zum Autohaus auf und bewarb sich. Um sicherzugehen, ließ er seine Bewerbungsunterlagen beim Arbeitsamt kontrollieren. Die Beraterin bescheinigte ihm eine „super Bewerbung“.

Gehen Sie zurück! Der Krieg ist beendet.

Nur eine Woche später erhielt Salim F. ein Ablehnungsschreiben mit einem Rat, dem Bewerber die Sprache verschlug. „Ich möchte Ihnen eher die Empfehlung aussprechen, in Ihr Land zurückgehen [sic], da der Krieg beendet ist und Sie dort dringend benötigt werden, um es wieder aufzubauen“, schrieb das Autohaus.

Das MiGAZIN machte den Vorfall öffentlich. Daraufhin hagelte es Kritik auf der Facebook-Seite des Autohauses. Binnen Minuten sammelten sich hunderte kritische Kommentare von wütenden Bürgern an. Carsten Budde reagierte darauf mit einer öffentlichen Entschuldigung. Zahlreiche weitere Medien berichten mittlerweile über den Vorfall.

„Ich will nur eine faire Chance“

Inzwischen steht Ramy Azrak, Integrationsberater und Leiter der Dr. Moroni Stiftung, mit dem Geschäftsführer des Autohauses in Kontakt. Sie haben einen Termin für ein klärendes Gespräch vor dem Vorstellungstermin mit dem Bewerber vereinbart. Ramy Azrak betreut und unterstützt Salim F. in seinem Integrationsprozess. Budde habe Azrak jedoch mitgeteilt, dass er Salim F. nur einstellen werde, wenn er die Anforderungen erfüllt.

Salim F. ist erfreut über diese Entwicklung. „Ich finde es gut, dass man mir eine echte und ehrliche Chance gibt“, sagte er im Gespräch mit dem MiGAZIN. „Mehr wollte ich doch nicht“.

Update vom 21.12.17, 20:19 Uhr
Inzwischen liegen unserer Redaktion Schreiben von einem halben Dutzend Unternehmen vor, die Salim F. gerne einen Ausbildungsplatz anbieten wollen. (es) Aktuell Panorama

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  1. Robert sagt:

    Ihr habt einen Shitstorm gegen ein Autohaus losgetreten und deren Chef gezwungen einen Menschen der offen und ehrlich auf eine Bewerbung geantwortet hat 3 Tage vor Weihnachten zu feuern und einen Syrer einzustellen.
    Mit genau dieser Integrationsdiktatur wird unser Land immer weiter gespalten.

  2. B. Kunze sagt:

    Die Mitarbeiterin hat lediglich die Aufgabe der Flüchtlingsbehörden übernommen, die den Syrern normalerweise diese Empfehlung geben müßten. Wer soll sonst das Land wieder aufbauen? Die Europäer?

  3. Norman Mailer sagt:

    Hatte vom Kreiskrankenhaus 22880 Wedel (CA: Dr med. Heydrich) auf eine Famulaturbewerbung auch soeine abstrakte Antwort bekommen:

    …bewerben Sie sich gefälligst in der Mayo-Klinik (Anm: Rochester, Minnessota).

    Merke: Köpfchen und Medizin veträgt sich nicht :)

    Der Autohausmitarbeiter lag aber sachlich richtig: Es gibt sogar einen ganzen Studiengang, in welchem eine neue Verwaltungselite syrischer Flüchtlinge herangebildet wird. Überquali für Lohn & Gehaltsbuchhaltung ist der Kandidat jedenfalls.

  4. Schnapper sagt:

    Die ganzen […] sind doch bloß wieder auf jemanden neidisch, der besser Deutsch kann, als sie selber. :D

  5. Wolfgang sagt:

    Ich finde das Schreiben des Unternehmens auch nicht nett. Allerdings kann ich trotzdem nicht nachvollziehen, wieso es eine öffentliche Empörung gibt und wieso das Schreiben veröffentlicht wurde.

    Die Absage wird damit begründet, dass die Anforderungen der Stelle nicht erfüllt sind. Das könnten zum Beispiel schlechte Noten sein, mangelnde Kenntnisse der Mathematik oder ähnliches mehr. Solche Ausschlussgründe sind keine Diskriminierung und erst recht kein Verstoß gegen das Gebot der Gleichbehandlung.

    Der Hinweis des Unternehmens auf eventuelle Rückkehr ins Heimatland scheint mir wenig freundlich, aber trotzdem legitim. „Flüchtling“ ist jemand, der „sich aufgrund einer begründeten Furcht vor Verfolgung außerhalb des Staates“ (Wikipedia, Rechtsstellung der Flüchtlinge) aufhält, dessen Staatsbürgerschaft er besitzt. Über Frieden in der Welt müssten sich doch alle freuen. Kann es da verwerflich sein, einen Flüchtling auf Änderungen der politischen Lage hinzuweisen?

    Nicht nachvollziehen kann ich die Hinweise auf Deutschkenntnisse und die Kommentierung der Bewerbungsunterlagen durch das Arbeitsamt. Sie sind für die Beurteilung des Falles irrelevant. Denn auch bei ganz hervorragender Bewerbung kann es trotzdem sein, dass ein anderer eine noch bessere oder passendere Bewerbung eingereicht hat.

    Ich glaube, dass das Schreiben des Unternehmens nicht gut ist. Aber noch schlechter scheint mir die journalistische Aufarbeitung und Veröffentlichung zu sein. M .E. wäre es besser gewesen, einen „wasserdichten“ Fall zu präsentieren. Deshalb bin ich auf die Folgediskussionen gespannt – werden die sich mit dem Bewerbungsfall befassen oder eher mit der Frage, ob nicht die Klagen mancher Flüchtlinge, sie würden ungerecht behandelt, in einigen Fällen überzogen sind?

  6. Pingback: Weihnachts- und Neujahrsgruß - Viele Ameisen mit Wassertropfen auf dem Rücken - MiGAZIN

  7. demba sagt:

    Die Absage ist nicht inhaltlich begründet. Die Aussage, gehen sie in ihre Heimat, hat nichts mit der Ausbildung zu tun. Damit hat kein Flüchtling eine Chance jemals eine Ausbildung zu erhalten. Dann können wieder alle sich echauffieren, dass sie sich auf Staatskosten ein schönes Leben machen. Egal wie, und was, es ist immer das Falsche, für diese Trolle.
    Warum soll sich der Jugendliche nicht hier heimisch fühlen. Ein völkischer Besitzanspruch, der qua Geburtsrecht nur vererbbar ist, soll vorgeben, wer hier zugehörig ist.

    @Migazin Redaktion
    Die Trolle sollten mit ihren Kommentaren nicht frei geschaltet werden. Es gibt genug AfD oder Pegida Foren, wo sie sich austoben können. Wir sollten nicht mit falsch verstandener Meinungsfreiheit, behilflich sein, den Rassismus und völkisches Denken zu verbreiten. Egal, ob der Rassismus oder völkisches Denken weichgespült oder hardcore mäßig formuliert wird. Und es dient nicht der Meinungsvielfalt, wenn solche Trolle aufgeklärte Foren massenhaft versuchen in ihrem Sinne zu beeinflussen und Verschiebungen nach rechts zu bekommen. Ich kann gerne auf die obigen Kommenatare verzichten. Die menschenverachtende Haltung derer erzeugt Würgreize angesichts der weltweiten Entwicklungen.

  8. Daniela sagt:

    Liebes Migazin,

    Solche bzw. vielmehr der Ausgangsbericht sind der Sache m.E. nicht dienlich.
    Der Ausgelöste Sturm der Entrüstung – was hat er gebracht?
    Klicks für Euch.
    Ein kleines, einzelnes Unternehmen wurde einem Shitstorm ausgesetzt, der in keinerlei Verhältnis zum Geschehen steht.
    Ein Bewerber hat eine Stelle, für die er vielleicht, vielleicht auch nicht qualifiziert ist.
    Aber die Energie der vielen Menschen, die sich da so bequem von ihrem Sofa aus für „eine Sache“ eingesetzt haben, über die sie eigentlich nicht viel wissen und die im Großen und Ganzen nichts für Integration, nichts für Akzeptanz, nichts für Azubis etc. ändert – verschwendete Energie. Nur für einen einzelnen Menschen, über den diese ganzen wild klickenden und maulenden Internetbürger gar nichts wissen, außer dass er sich da beworben hat und abgelehnt wurde.
    Ich finde, anstatt so völlig verantwortungslos ein ganzes Unternehmen bloßzustellen, wo nur ein einzelner Mensch eine beanstandbare Handlung unternommen hat, solltet Ihr Euren Fokus auf wirklich nachhaltige Veränderungen legen.
    Wir wissen nicht, ob der entlassene Mitarbeiter rassistisch ist. Sein Schreiben ist es per se nämlich nicht. Falls er rassistisch ist, wissen wir nicht, ob das dem Unternehmen bekannt war, denn Rassismus ist eine Einstellung, die im Bewerbungsgespräch nicht unbedingt abgefragt wird und im Arbeitsalltag eines Autohauses nicht notwendigerweise zum Tragen kommt. Insofern ist die ungeprüfte Veröffentlichung des Falles ohne Stellungnahme aller Seiten moralisch mindestens genauso fragwürdig wie das Ablehnungsschreiben selbst. Das sind aber journalistische Grundelemente, die ich als Leser Euch nicht sagen müssen sollte.
    Für das Funktionieren der Gesellschaft habt Ihr jedenfalls keinerlei Beitrag geleistet. Im Gegenteil. Derartige Shitstorms verursachen Fissuren, die schädlich für den Zusammenhalt sind, aber keinerlei inhaltliche Auseinandersetzung fördern, sondern nur wütendes Geschrei auf beiden Seiten. Ihr tut doch Migranten als Gruppe keinen Gefallen, wenn Ihr ab und zu Einzelfälle inszeniert. Ihr habt lediglich ein Autohaus in Verruf, einen Mitarbeiter um seinen Job und einen Bewerber zu einer Stelle gebracht, ohne inhaltliche Auseinandersetzung darüber, inwieweit dies verdient oder gerechtfertigt ist. Für „Menschenrechtler“ eine sehr traurige Sache, zumal anzunehmen ist, dass derartige Nachrichten flächendeckend Ressentiments in den entsprechenden Kreisen schüren. Ich erwarte mehr von Euch.

  9. de_Gastarbeiter sagt:

    Sehr geehrte Redaktion von Migazin,
    warum wird von Ihnen die ursprüngliche Bewerbung des Auszubildenden nicht veröffentlicht?
    Bestimmt sind hier viele sehr neugierig, wieso der Angestellte einer Personalabteilung so eine Meinung als Antwort in einem Brief schreibt.

  10. Martin sagt:

    Die Differenzierung die hier zu lesen ist, finde ich erfreulich und ich bin froh, dass es doch noch viele Menschen gibt, die die Weltpolitik nicht erst auf eine Person reduzieren und mit dem Satz enden, dass diese Person weg muss.

    Grundsätzlich teile ich differenzierte Betrachtungsweisen und meine auch, man sollte vielfach ein wenig vorsichtiger mit „Anschuldigungen“ sein. Sachverhalte sind häufig komplexer, als sie auf den ersten Blick erscheinen und dann ist das Urteil gesprochen, bevor klar ist, ob dem eigentlich so war, wie es scheint. Häufig ist es nur schwer möglich an Informationen zu kommen, die einem eine klarere Sichtweise auf Geschehnisse ermöglichen. In diesem Fall findet man via Internet Recherche sehr schnell ein paar Beiträge, die einem ermöglichen sich ein besseres Bild zu machen.

    Hier ein paar Hinweise, die jeder für sich bewerten kann.

    Stichwort: „armer Mitarbeiter“, der freiwillig gegangen ist.

    Ein Mitarbeiter der Firma ist in dem Forum http://forum.gt86drivers.de aktiv. Dieser Mitarbeiter macht auch kein Geheimnis daraus, wer er ist: Einer der beiden Geschäftsführer des in die Schlagzeilen gekommenen Autohauses. Seine Sichtweise bezgl. Politik, Migration oder Gesellschaft hat er regelmäßig, klar und deutlich in dem Forum geäußert, was dort zu entsprechend kontroversen Dialogen geführt hat – sowohl im öffentlichen, als auch im nicht öffentlichen Bereich. Wer ein wenig Zeit aufwendet, der wird sich hier schnell ein Bild machen können und kann dann für sich entscheiden, in wie weit es sich hier um einen „Unfall in der Kommunikation“ mit dem Bewerber handelt und wie der „Gute Rat“ in der Absage gemeint war.

    Ein von dem Mitarbeiter gestarteter Beitrag ist hier zu finden: http://forum.gt86drivers.de/index.php?page=Thread&threadID=9074

    Wer sich einmal den Cache von Google ansieht, stellt fest, dass das IMPRESSUM und die ÜBER UNS Seiten des Autohauses, am 19. Dezember 2017 zwei Geschäftsführer angezeigt haben. Aktuell ist noch ein Geschäftsführer auf den Seiten zu finden: Herr Carsten Budde.

    http://webcache.googleusercontent.com/search?q=cache%3Awww.buddeautomobile.de%2Fueber-uns.php&oq=cache%3Awww.buddeautomobile.de%2Fueber-uns.php&aqs=chrome..69i57j69i58.1568j0j4&sourceid=chrome&ie=UTF-8

    Die offensive Reaktion von dem Geschäftsführer Carsten Budde finde ich bemerkenswert und positiv. Aus meiner Sicht eine kluge Entscheidung so mit dem Thema umzugehen.