Kabarett

Dieter Nuhr wehrt sich gegen Vorwurf der Islamhetze

Dieter Nuhr macht gerne Islam-Witze und wirft Islam und Islamismus gerne in einen Topf. Das hat nun ein Nachspiel. Muslime haben ihn angezeigt; Experten äußern Verständnis für die Kritik. Der Kabarettist verteidigt sich.

Dienstag, 28.10.2014, 8:20 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 28.10.2014, 17:59 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Der Kabarettist Dieter Nuhr hat sich gegen Vorwürfe zur Wehr gesetzt, er verbreite mit seiner Satire Lügen über den Islam und hetze gegen ihn. Während eines Gastspiels in Osnabrück erneuerte er am Samstagabend zugleich seine Kritik an einem radikalen Islam. Damit reagierte der 53-Jährige auf friedliche Proteste vor dem Eingang der „Osnabrückhalle“ und auf Medienberichte über einer Anzeige gegen ihn. Die Besucher reagierten größtenteils gelassen auf die Demonstranten.

Der Muslim Erhat Toka hatte Nuhr wegen „Beschimpfung von Bekenntnissen und Religionsgesellschaften“ angezeigt. Bei der Demonstration kritisierte Toka erneut, Nuhr schüre Islamfeindlichkeit. Der Künstler versuche unter dem Deckmantel des Kabarett den Islam als gewalttätig darzustellen, sagte Toka. Dabei sei der Islam die friedliebendste Religion überhaupt. Er sehe es als seine Pflicht an, sich als gläubiger Muslim gegen die Diffamierung des Islam durch Nuhr zur Wehr zu setzen: „Das ist meine Form des Dschihad.“

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Nuhr mal gegen den Islam, mal gegen Islamisten
Nuhr nahm die Proteste zum Anlass für erneute Islamwitze und erntete Applaus in der ausverkauften „Osnabrückhalle“. Er warf seinen Kritikern vor, seine Satire-Programme gar nicht zu kennen. Scharfzüngig kritisierte Nuhr mal den Islam, mal die Islamisten.

Der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte Nuhr, er bleibe dabei, vor den Gefahren des radikalen Islam zu warnen. Allerdings distanziere er sich eindeutig von rechtem Zuspruch im Internet. Er sprach von Online-Kommentatoren „die sich jetzt – von meiner Seite aus unerwünscht – mit mir solidarisieren, die Rechten, die Nazis, ekelhaft“.

Mit Radikalen in einen Topf geworfen
Der Welt am Sonntag sagte Nuhr, er habe kein Interesse daran, Muslime zu beschimpfen. Er warnte aber davor, den Islam aus Angst vor möglichen Reaktionen nicht öffentlich zu kritisieren und den Protest den Rechten zu überlassen.

In seinem Programm äußerte der Kabarettist Mitleid mit den vielen in Deutschland lebenden Muslimen, „die mit Islam oder Islamismus gar nichts am Hut haben oder die nur mal so pro Forma in die Moschee gehen. Die werden jetzt alle mit den Radikalen in einen Topf geworfen. Das find ich ganz, ganz schlimm und die tun mir echt leid.“

Verständnis für Muslime
Vor dem Eingang der Konzerthalle diskutierten einige Besucher mit den etwa 20 protestierenden Männern und Jugendlichen. Die meisten zeigten jedoch kein Verständnis dafür, dass sie sich durch den Spott auf ihre Religion verletzt fühlten: „Das ist doch Anstellerei, Spaß ist Spaß“, sagte ein junger Mann. Wer in Deutschland lebe, müsse auch Satire ertragen, war der Tenor. Einige wenige beschimpften Toka und seine Mitstreiter und forderten sie auf, doch in die Türkei zu gehen.

Wissenschaftler und Religionsvertreter hatten in Zeitungen und Online-Medien Verständnis geäußert für die Kritik von Muslimen an Nuhr. Der Direktor des Osnabrücker Instituts für Islamische Theologie, Bülent Ucar, sagte, Nuhr arbeite mit Verallgemeinerungen und bediene Vorurteile gegen den Islam. Der Migrationsforscher Klaus J. Bade warf dem Kabarettisten pauschale Diffamierungen vor. Der evangelische Theologe Reinhold Mokrosch betonte, er verstehe, wenn religiöse Menschen sich durch Satire gekränkt fühlten, sie gehöre aber zur Demokratie. (epd/mig) Aktuell Feuilleton

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  1. H.P.Barkam sagt:

    Ich persönlich finden Herrn Nuhr manchmal ganz amüsant.

    Dass er oftmals sehr oberflächlich in seinen Aussagen ist, betrifft nicht nur Muslime.

  2. Limon (Türkin) sagt:

    Ich liebe Dieter Nuhr´s Kabarett.
    Lass ihn reden… ich will lachen….

  3. karakal sagt:

    Als Muslim soll man sich den Islam beleidigende Satire nicht anhören, da es im Koran heißt: „Wenn ihr hört, daß man Allahs Zeichen verleugnet und sich über sie lustig macht, dann sitzt nicht mit ihnen zusammen, bis sie auf ein ande¬res Gespräch eingehen. Sonst seid ihr ihnen gleich.“ [Sure 4, 140] Es genügt, wenn einer dies tut und den anderen davon berichtet. Als vor einigen Jahren die Schmähkarikatur des Dänen Westergaard unter den Muslimen für Erregung sorgten, druckte eine jordanische Zeitung sie ab, worauf der Herausgeber für ein paar Tage inhaftiert und die Herausgabe der Zeitung für diese Zeit eingestellt wurde. Andere arabische Zeitungen beschränkten sich darauf, diese „Mohammed“-Karikatur mit Worten knapp zu beschreiben, was in solch einer Situation angemessener ist, als die Karikatur abzudrucken. Ebenso verhält es sich mit solch beleidigender Satire: Muslime sollten diese nicht wörtlich wiedergeben, sondern nur ohne Einzelheiten darüber berichten. Ein Muslim, der ein Video mit dieser Satire ins Netz stellt, begibt sich somit auf die Stufe des Herrn Nuhr und ist ihm gleich.

  4. Wundervoll sagt:

    Die Muslime haben sich sehr von der essentiellen Botschaft entfernt. Wir sind in den ersten Tagen des Monats Muharrem, der den ersten Monat des Islamisches Kalenders markiert. Tiefsinnigkeit und Feinsinn die eigene Religion zu leben und der Kampf um die eigene Triebseele scheint der gleichen Oberflächlichkeit zu weichen, an der sich jetzt so viele stören bzw. erfreuen.

  5. Cvdo sagt:

    @Karakal

    Da hol ich doch gleich mal meinen übersetzten Koran aus dem Regal und puste den Staub ab um nachzulesen ;) Immer schön wenn sich jemand auskennt.

    Kabarett funktioniert nicht wenn das Publikum nicht nachdenkt. Wenn deine Zuhörer doof sind verstehen sie weder den Witz den Aussagen oder den Unterschied von Islam und Islamismus.
    Aber wenn man wegen den „Langsamdenkern“ keine politisch brisanten Themen behandeln sollte, braucht man kein Kabarett zu machen.

  6. Cengiz K sagt:

    …Kabarett funktioniert nicht wenn das Publikum nicht nachdenkt. …

    Danke, dass Sie nochmals bestätigen, was der Nuhr für ein Hetzer ist.. Noch einer, dem die Karriere über seine Mitmenschen geht.. Wer hätt’s gedacht.. Wohlwissend, wo sein Publikum sein Wissen her hat, muss er nur noch die Erwartungen erfüllen, indem er ein Bild in seinen Auftritten zeichnet, das falscher nicht sein könnte.. Da hilft es auch nicht, sein Buch zu entstauben, wenn man/frau nicht weiß, wie Lesen funktioniert..

  7. Sevim Keskin sagt:

    Europa hat eine lange Tradition der Satire und Komik, die auch bei der Aufklärung eine bedeutende Rolle hatten, um Misstände auf unterhaltsame Art dem Volk zu vermitteln. Das gilt für alle gesellschaftlichen Bereiche, auch für die Religionen. Wieso sollte es für den Islam eine Ausnahme geben? Muslime wie Herr Tokan tun uns keinen gefallen mit ihrem beleidigt sein und einer Überreaktion der Anzeige gegen Herrn Nuhr. Christen regen sich auch nicht über Papstkarikaturen oder den Film „Das Leben des Brian“ auf.

  8. Tai Fei sagt:

    Sevim Keskin sagt: 3. November 2014 um 10:20
    „“Christen regen sich auch nicht über Papstkarikaturen …“
    Ach, tun Sie nicht? Also ich hatte das mit den Vatileeks bzw. dem Titanic-Magazin etwas anders in Erinnerung.
    Sie machen auch den Fehler einer Verallgemeinerung.

    Was Herrn Nuhr betrifft, so kritisiert er ja nicht nur den Islam, sondern auch die christl. Kirchen recht deutlich. Sein Problem ist, dass er manchmal nicht so ganz zwischen Populismus und wirklicher Kritik unterscheiden kann und einige seiner Aussagen tatsächlich nicht von der Realität unterfüttert sind. Für mich driftet dieser Herr zu oft in dem Bereich der Comedy ab, als das ich ihn als Kabaretisten ernst nehmen könnte.

  9. Pingback: Bades Meinung - Nachruf auf eine Ente: Islamkritik und Meinungsfreiheit im Kabarett - MiGAZIN