Religionsunterricht, Islam, Muslime, islamischer Religionsunterricht, Tafel, Schule
Islamischer Religionsunterricht © karindalziel auf flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

Hessen

Urteil: Islamunterricht sei kein islamischer Religionsunterricht

Hessen erteilt Islamunterricht – als Wissensvermittlung, wie man sagt. Etwas Vergleichbares mit dem Christen- oder Judentum gibt es nicht. Die islamische Religionsgemeinschaft Ditib sieht das kritisch und klagte dagegen. Jetzt hat das Gericht entschieden.

Mittwoch, 13.08.2025, 13:37 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 13.08.2025, 20:20 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

In der Debatte über islamischen Religionsunterricht in Hessen hat das Verwaltungsgericht Wiesbaden eine Klage der islamischen Religionsgemeinschaft Ditib abgewiesen. Sie wollte damit erreichen, dass ein parallel angebotener Islamunterricht – der in alleiniger staatlicher Verantwortung steht – nicht mehr durchgeführt wird. Doch die Kammer wies diese Klage als unbegründet zurück, wie das Gericht jetzt mitteilte.

Neben dem bekenntnisorientierten Islamunterricht, an dem Ditib mitwirkt, gibt es seit fünf Jahren an den Schulen auch ausschließlich staatlich organisierten Islamunterricht. Dieser läuft mit Wissens- und ohne Glaubensvermittlung – und ohne Kooperation mit Ditib oder einer anderen islamischen Religionsgemeinschaft. Bei Rechtswissenschaftlern steht das hessische Modell verfassungsrechtlich auf dünnem Eis.

___STEADY_PAYWALL___

Ditib sieht Konkurrenz in staatlich organisierten Islamunterricht

Hintergrund: Hessen hatte die 2012 mit Ditib vereinbarte Zusammenarbeit für islamischen Religionsunterricht 2020 zwischenzeitlich aufgekündigt, weil die damalige Landesregierung an der Unabhängigkeit des Verbands vom türkischen Staat zweifelte. Nach verschiedenen Gutachten und einer gerichtlichen Auseinandersetzung hatte sich die Bedenken als haltlos erwiesen. Daraufhin nahm das Land die Kooperation 2022 wieder auf – widerwillig, wie Beobachter berichten.

In der Folge hat die islamische Religionsgemeinschaft gegen den staatlichen Schulversuch Islamunterricht geklagt: „Nach Ansicht von Ditib stelle dieser ein ‚Konkurrenzangebot‘ zu dem in Kooperation mit Ditib angebotenen bekenntnisorientierten Unterricht dar“ erklärte das Gericht.

Gericht: Islamunterricht keine Konkurrenz zum Religionsunterricht

Mehr als ein Jahr nach der Klage folgte nun die Abweisung. So handele es sich bei dem staatlich organisierten Unterricht in der Gesamtbetrachtung nicht um einen bekenntnisorientierten Religionsunterricht, also um eine Veranstaltung zur Glaubensunterweisung. Vielmehr handele es sich um nicht-religiösen Unterricht, der mit dem staatlichen Neutralitätsgebot vereinbar sei. „Daher verletze der staatlich organisierte Islamunterricht auch nicht das Grundrecht der Religionsgemeinschaften, Religionsunterricht in Übereinstimmung mit ihren Grundsätzen zu erteilen“, hieß es.

Wie das hessische Kultusministerium auf Anfrage des Evangelischen Pressedienstes mitteilt, geht es in dem Unterricht um die Vermittlung von Wissen über den Islam, dessen Geschichte, Traditionen und seine unterschiedlichen Ausprägungen. Ziel sei es, die Schüler zu einer reflektierten Auseinandersetzung mit der islamischen Religion zu befähigen. Ein vergleichbarer Schulunterricht zu anderen Religionen, etwa zum Christen- oder Judentum, gibt es nicht.

Ditib: Religionsunterricht wird organisatorisch verhindert

Wie das Ministerium weiter mitteilt, wird der staatliche Islamunterricht im Schuljahr 2025/2026 voraussichtlich an 29 Grundschulen in den Klassenstufen eins bis vier und an acht weiterführenden Schulen bis zur zehnten Klasse angeboten werden können. Gut 3.000 Schülerinnen und Schüler werden voraussichtlich teilnehmen.

Die Ditib hatte im Prozess eingewendet, dass der bekenntnisorientierte Unterricht organisatorisch faktisch erschwert bis unmöglich gemacht werde. So würden Ressourcen im Schulbetrieb zu Lasten des islamischen Religionsunterrichts zum Einsatz gebracht. Lehrkräfte beispielsweise würden für bekenntnisorientierten Unterricht nicht mehr zur Verfügung stehen. Zudem werde der islamische Religionsunterricht in unattraktive Randbereich des Stundenplans verdrängt.

Landesbedienstete als Zeugen verhört

Das Gericht vernahm zu den Vorwürfen Schulleitungen und Lehrkräfte. Dabei seien keine Anhaltspunkte gefunden worden, die die Vorwürfe bestätigen, teilt das Gericht mit. Beobachter indes wenden ein, das Gericht habe weisungsgebundene Landesbedienstete befragt. Ihre Aussagekraft sei aus naheliegenden Gründen als schwach einzustufen.

Die Ditib erklärte am Mittwoch, beim staatlichen Islamunterricht würden „dieselben Lehrkräfte, dieselben Materialien“ genutzt und das Angebot richte sich an „dieselben Schülerinnen und Schüler an denselben Schulen – und das in unmittelbarer Konkurrenz zum bekenntnisorientierten Unterricht“.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Dem Gericht zufolge ist dagegen bereits Berufung eingelegt worden. (dpa/epd/mig) Aktuell Recht

Zurück zur Startseite
MiGLETTER (mehr Informationen)

Verpasse nichts mehr. Bestelle jetzt den kostenlosen MiGAZIN-Newsletter:

UNTERSTÜTZE MiGAZIN! (mehr Informationen)

Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.

MiGGLIED WERDEN
Auch interessant
MiGDISKUTIEREN (Bitte die Netiquette beachten.)