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Schulranzen (Symbolfoto) © de.depositphotos.com

Empörung in Sachsen-Anhalt

Polizisten reißen Kind aus dem Schulunterricht

Ein Abschiebeversuch im sachsen-anhaltischen Naumburg schlägt hohe Wellen. Ein Kind soll unter Tränen von einem Beamten aus der Schule geholt worden sein, damit die Familie ausreist. Die Empörung über das traumatisierende Vorgehen ist groß.

Sonntag, 25.05.2025, 12:46 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 25.05.2025, 17:48 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Nach massiver Kritik an einem letztlich gescheiterten Abschiebeversuch im sachsen-anhaltischen Naumburg hat der Burgenlandkreis Aufklärung angekündigt. Die Umstände der Abschiebungsmaßnahme würden gegenwärtig intern aufgearbeitet, sagte eine Sprecherin am Freitag in Naumburg. Damit alle beteiligten Institutionen eingebunden werden könnten, sei eine abschließende Bewertung erst in der kommenden Woche möglich.

Bei dem Vorfall soll ein zehnjähriges syrisches Mädchen von einem Beamten aus dem laufenden Sportunterricht geholt und zur geplanten Abschiebung abgeführt worden sein. Nach Informationen der „Mitteldeutschen Zeitung“ führte der Beamte die weinende Drittklässlerin aus der Sporthalle. Die Zehnjährige habe ihre Lehrerin um Hilfe angefleht. Die achtköpfige Familie sollte am 12. Mai nach Bulgarien abgeschoben werden, der Flug kam dann jedoch nicht zustande.

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CDU-Politik sieht Schuld bei Eltern

Nach Darstellung des Landkreises hatte das Verwaltungsgericht in Halle an der Saale zuvor einen gegen die Abschiebung gerichteten Eilantrag als unbegründet abgelehnt. Demnach verfügt die Familie über einen anerkannten internationalen Schutzstatus in Bulgarien und hatte dort über längere Zeit gelebt.

Laut Landkreis handelte es sich bereits um den zweiten Abschiebungsversuch. Zuvor sei die Familie ausführlich über die verschiedenen Möglichkeiten der freiwilligen Ausreise nach Bulgarien beraten worden, habe Angebote aber schriftlich abgelehnt. Chris Schulenburg, innenpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion in Sachsen-Anhalt, äußerte gegenüber dem Boulevardblatt „Bild“ Verständnis für die Maßnahme und verwies darauf, dass die Familie die Situation hätte vermeiden können, wenn sie der Ausreiseaufforderung nachgekommen wäre.

Gewerkschaft und Beauftragte empört

Bei Gewerkschaften, Opposition, aber auch in der Landesregierung stieß das Vorgehen in der Schule allerdings auf Empörung. Die Bildungsgewerkschaft GEW in Sachsen-Anhalt sprach von einem unmenschlichen Vorgang, der einen eklatanten Verstoß gegen die Grundrechte von Kindern und gegen die Werte der Gesellschaft darstelle. Die GEW-Landesvorsitzende Eva Gerth sagte, in Schulen lernende Kinder verdienten Schutz, Bildung und eine sichere Umgebung. Die Vorstellung, dass sie ausgerechnet an dem Ort, der ihnen Stabilität und Hoffnung biete, herausgerissen werden, sei „schlichtweg inakzeptabel“.

Auch Sachsen-Anhalts Integrationsbeauftragte Susi Möbbeck (SPD) äußerte sich in der „Mitteldeutschen Zeitung“ kritisch. Schulen müssten Schutzräume sein, an denen Vertrauen und Bildung im Mittelpunkt stehen, betonte sie. Wenn staatliche Stellen vor den Augen von Schülerinnen, Schülern und Lehrkräften Abschiebungen vollzögen, hinterlasse dies nicht nur tiefe Verunsicherung, sondern könne auch eine traumatisierende Wirkung entfalten.

Behörden wollen künftig Mitschüler schützen

Der Landesflüchtlingsrat forderte eine Untersuchung des Vorgangs. Das Innenministerium müsse zudem per Weisung an die Ausländerbehörden klarstellen, dass keine Abschiebungen aus Bildungseinrichtungen und anderen Schutzräumen wie Krankenhäusern stattfinden dürften. Schon am Donnerstag hatten auch Grüne und Linke massive Kritik an den Vorgängen geäußert.

Die Behörden kündigten an, künftig sensibler mit solchen Situationen umzugehen, damit Mitschülerinnen und -schüler sowie das Lehrpersonal künftig solche traumatisierende Szenen nicht miterleben müssen. Den nun betroffenen Augenzeugen werde das Landesschulamt schulpsychologische Unterstützung anbieten. (epd/mig) Leitartikel Panorama

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  1. Lisa sagt:

    Die Kritik gilt also der Art und Weise, wie der Deportationsversuch stattfand, nicht der Deportation selbst. Macht ruhig, solange es niemand sieht.