Fluchtursachen?
Deutschland kürzt internationale Klimahilfe
Zwei Monate vor der Weltklimakonferenz in Baku verkündet Deutschland sinkende Hilfen für Entwicklungsländer – eine der wichtigsten Bausteine im Kampf gegen Fluchtursachen. Experten sehen ein größeres Problem: Kürzungen im Entwicklungsetat. Eine Studie zeigt, wie ernst die Lage ist.
Sonntag, 29.09.2024, 10:55 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 29.09.2024, 13:22 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Deutschland hat im vergangenen Jahr Klimahilfen in Höhe von 5,7 Milliarden Euro für Entwicklungsländer bereitgestellt. Damit liegen die Mittel unter den geleisteten 6,39 Milliarden Euro des Jahres 2022. Wie das Bundeswirtschaftsministerium und das Bundesentwicklungsministerium am Freitag in Berlin mitteilten, wurden die Zahlen für 2023 nun an die EU-Kommission gemeldet.
Mit den Finanzhilfen werden ärmere Länder sowohl bei der CO2-Minderung unterstützt als auch bei der Anpassung an die Folgen der Erderwärmung wie höhere Meeresspiegel, lange Dürreperioden oder heftige Stürme. So ist das Geld ein wichtiger Baustein im Kampf gegen die Fluchtursachen. Immer mehr Menschen sind gezwungen, aufgrund der Klimaveränderungen und ihren Folgen ihre Heimat zu verlassen. Diese Länder tragen oft am wenigsten zum Klimawandel bei, die größten Treiber des Klimawandels wiederum sind große Industriestaaten wie Deutschland, USA oder China.
Klimakonferenz in Baku im November
Trotz der gesunkenen Klimagelder versicherte Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD), dass Deutschland ein „verlässlicher Partner beim internationalen Klimaschutz“ bleibe. Sie appellierte mit Blick auf die kommende Weltklimakonferenz in Aserbaidschan im November auch an die Staaten, die bislang nicht zu den klassischen Gebern gehört haben, mehr zu tun. „Das betrifft besonders die Länder, die inzwischen selbst zu großen Treibhaus-Emittenten geworden sind und die nötige Finanzkraft haben“, erklärte sie. Zugleich warb die Ministerin dafür, neue Finanzquellen wie eine globale Besteuerung der Ultrareichen zu erschließen.
Bei der Klimakonferenz in der aserbaidschanischen Hauptstadt Baku vom 11. bis zum 22. November müssen sich die Staaten auf ein neues Ziel für die Klimafinanzierung für die Zeit nach 2025 einigen. Westliche Länder fordern, dass in Zukunft auch Staaten wie China stärker in die Pflicht genommen werden. Der Streit über die Einbeziehung neue Geber spielt in den internationalen Klimaverhandlungen seit Jahren eine Rolle.
Eine Milliarde Euro weniger
Deutschland zählt bei den Klimahilfen für ärmere Länder zu den wichtigsten Gebern. Bis zum Jahr 2025 will die Bundesregierung jährlich sechs Milliarden Euro für den internationalen Klimaschutz und die Klimaanpassung in Entwicklungsländern bereitstellen. Die Anhebung der sogenannten Klimafinanzierung war von der früheren Regierung unter Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in Aussicht gestellt worden und wurde von dem amtierenden Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) bekräftigt.
Die Hilfsorganisation Oxfam geht nicht davon aus, dass Deutschland diese Zusage über sechs Milliarden Euro künftig erfüllen kann. Es sei ärgerlich genug, dass die Mittel 2023 gesunken seien, aber das größere Problem seien die vorgesehenen weiteren Kürzungen im Entwicklungsetat, warnte Oxfam-Klimaexperte Jan Kowalzig. Für 2025 sind im Haushaltsentwurf für das Entwicklungsministerium fast eine Milliarde Euro weniger als im laufenden Jahr vorgesehen. Hieraus speist sich ein Großteil der Klimahilfen.
Klimaforscher warnen vor rapiden Verschlechterungen
Die Industriestaaten hatten zugesichert, von 2020 bis 2025 jährlich 100 Milliarden US-Dollar für die Klimafinanzierung aus öffentlichen und privaten Mitteln bereitzustellen. Dieses Versprechen wurde 2022 laut einem Bericht der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) zum ersten Mal erfüllt. Deutschland hat im Jahr 2023 insgesamt 9,9 Milliarden Euro zu der 100-Milliarden-Dollar-Zusage beigetragen. Diese setzen sich neben den 5,7 Milliarden Haushaltsmitteln aus Krediten und Privatinvestitionen zusammen, die mit öffentlichen Mitteln mobilisiert wurden.
Einer aktuellen Studie zufolge überschreitet die Erde die sicheren Grenzen der bisherigen Verhältnisse. Der Planet befinde sich inzwischen „bereits außerhalb des sicheren Handlungsraums für die Menschheit“, teilte das Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) mit. Der Zustand der lebenserhaltenden Erdsysteme und -prozesse verschlechtere sich rapide. Demnach befindet sich die Erde sich in einem kritischen Zustand. Sechs von neun planetaren Grenzen seien bereits überschritten. Sobald eine der Grenzen überschritten wird, steigt den Angaben zufolge das Risiko, die kritischen Funktionen der Erde dauerhaft zu schädigen. Es drohten irreversible Veränderungen. (epd/mig) Aktuell Politik
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