#unserMuseum
Neues Migrationsmuseum in Köln Kalk
Es ist amtlich: Deutschland bekommt ein neues Migrationsmuseum, mitten in Köln-Kalk. Es ist richtig und wichtig, dass die Migrationsgeschichte unserer Gesellschaft präsentiert, erzählt und gewürdigt wird – für Millionen Menschen und generationenübergreifend.
Von David Galanopoulos Dienstag, 02.04.2024, 14:32 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 02.04.2024, 14:32 Uhr Lesedauer: 4 Minuten |
Ich hätte nicht gedacht, dass ich mal so investiert in ein Museum sein würde, dass es eigentlich noch gar nicht gibt. Das DOMiD (Dokumentationszentrum für Migration in Deutschland) hat es aber irgendwie geschafft, den Spannungsbogen immer wieder aufrechtzuerhalten. Jetzt gab es Ende März sehr gute Neuigkeiten.
Dass ein neues Migrationsmuseum in Deutschland entstehen würde, ist aufmerksamen Beobachter:innen der entsprechenden Nachrichten wahrscheinlich bekannt gewesen. Nun hat der Stadtrat Köln in einer wichtigen Entscheidung das Erbbaurecht der „Halle 70“ in den Hallen Kalk an das DOMiD verliehen. Damit steht es dem Dokumentationszentrum 99 Jahre zu, das entsprechende Grundstück und die dazugehörigen Hallen zu nutzen.
Ein Traum wird wahr
Das DOMiD hat eine Entstehungsgeschichte, die Hoffnung macht. 1990 wurde es als DOMiT (Dokumentationszentrum und Museum über die Migration aus der Türkei e.V.) in Essen gegründet. Das nicht zu unterschätzende Ziel: Die Leerstellen in historischen Institutionen und der Geschichtswissenschaft zur Geschichte türkischer Einwander:innen zu füllen. Die Ressourcen waren begrenzt und trotzdem starteten die Gründer:innen – alles türkische Einwander:innen – die Realisierung ihrer Vision. Jede:r fängt mal klein an. So auch das DOMiT, welches das historische Erbe der Einwanderungsgesellschaft in einer Essener Garage archivierte.
Und dieses Erbe wuchs und wuchs, bis es schließlich im Jahre 2000 nach Köln umzog. Dort fusionierte das Dokumentationszentrum 2007 mit dem Verein „Migrationsmuseum e. V.“ Der Grund dafür war der unabhängig voneinander gewachsene Traum eines Migrationsmuseums. Dieser Zusammenschluss war die Geburtsstunde von DOMiD, dem Archiv für die Geschichte aller Migrantinnen und Migranten in Deutschland.
Konzeptionelle und inhaltliche Vorbereitungen für das Museum gab es bereits viele. Jüngste Projekte waren bspw. die Ausstellung „Wer wir sind. Fragen an ein Einwanderungsland“ in der Bundeskunsthalle (manche erinnern sich vielleicht an das eingeschlichene Bild in der Ausstellung) oder die spannenden DOMiDLabs, Mini-Ausstellungen zu Fragen und Themen, über die eine Migrationsgesellschaft sprechen sollte. Gerade bei den DOMiDLabs zeigt sich die Komplexität und Mehrdimensionalität von Migration. Ob zur Wertschätzung und Anerkennung der Migrationsgesellschaft oder den Erzählungen und Fragen von LGBT-Migrant:innen, DOMiD will stets das ganze Bild einfangen.
Migrationsgeschichte wertschätzen
In heutigen Debatten erscheint Migration als die Wurzel allen Übels zu verkommen. Dabei geht es bei der Migration – und das zeigt die Geschichte – um Träume, Hoffnungen und das Vorankommen im Leben. Migrant:innen wollen in erster Linie sich und der eigenen Familie ein neues, ein besseres Leben ermöglichen. In diesem Wunsch steckt keine böswillige Absicht, sondern ein sehr menschliches Verlangen. In diesem Migrationsprozess – das zeigt ebenfalls die Geschichte – haben diese Menschen nicht nur sich, sondern auch das Land, in diesem Fall Deutschland, massiv vorangebracht.
Die wirtschaftliche Verwertbarkeit von Migrant:innen wird ja gerne als Argument für das Recht zu bleiben angeführt. Es war aber nicht nur die Wirtschaft, die angekurbelt wurde. Die Gastarbeiter:innen aus der Türkei, Griechenland, Italien und vielen weiteren Ländern brachten eine neue Identität mit, die nach Ende des Zweiten Weltkriegs für das zerstörte Deutschland erst wieder aufgebaut werden musste. Migrant:innen gehören auch hierher, weil sie Teil einer kollektiven Identität geworden sind. Auch das steckt hinter dem Grundgedanken von DOMiD. Das Museum soll keine Extrawurst für Migrant:innen sein, sondern endlich Geschichten und Perspektiven wertschätzen, die trotz ihrer Bedeutung für unser Land vernachlässigt wurden.
Es ist für mehrere Generationen eine Freude, dass auch diese Geschichten in einem größeren Umfang erzählt und präsentiert werden können. Natürlich liegt es an der Gesamtgesellschaft, das Leben dieser Menschen in Erinnerung zu behalten. Dieses Museum ist aber unbeschreibbar bedeutsam für Millionen Großeltern und Eltern, die ein besseres Leben haben wollten, für diejenigen, die vielleicht nicht so aussehen wie die Mehrheit ihrer Freund:innen, für diejenigen, die zu Hause mehrere Sprachen sprechen.
Ein Museum bringt die große Chance, die angespannten und teils populistischen Diskussionen zur Migration abzukühlen und in verständnisvolle Gespräche zu gießen. Die Verantwortung ist groß, dessen ist sich das DOMiD sicherlich bewusst. Gleichzeitig muss es für sie ein besonderer Moment sein, dass die Träume von Gleichgesinnten, die als Hobby Fotos gesammelt haben, in einem solchen Ausmaß wachsen würden. Das Migrationsmuseum, das voraussichtlich 2029 seine Tore öffnen wird, kann ein Ort der interkulturellen Begegnung werden und zeigen: Wir waren schon immer hier und gehen auch nicht wieder weg. Aktuell Feuilleton
Wir informieren täglich über das Wichtigste zu Migration, Integration und Rassismus. Dafür wurde MiGAZIN mit dem Grimme Online Award ausgezeichnet. Unterstüzte diese Arbeit und verpasse nichts mehr: Werde jetzt Mitglied.
MiGGLIED WERDEN- Drastische Kürzungen Integrationskurse in ihrer Existenz bedroht
- Gegen Antisemitismus – aber wie? Kritik an Entwurf für Bundestagsresolution gegen Judenhass
- Studie Afghanische Zugewanderte verbunden mit Deutschland
- Erste Bilanz „Unerlaubte“ Einreisen gehen zurück – wegen Grenzkontrollen?
- Nebenan Der Feind heißt nicht AfD
- Niederländischer Uganda-Plan Wer da hat, dem wird gegeben
Gratulation!
Hätte man dieses Grundstück und das viele Geld nicht besser in Kindergärten,Schulen, Studentenwohnheime, usw. investiert? Ich bin der Meinung das wäre wichtiger!!