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Richterpult (Symbolfoto)

Strafprozess

Angeklagte aus Neonazi-Verlag: Haben die Bücher nicht gelesen

Im Prozesses zum rechtsextremen „Schelm“-Verlag haben Angeklagte ausgesagt. Die Tätigkeit im Neonazi-Unternehmen begründeten sie zum Teil mit persönlichem Geldmangel. Der Verkauf von Hitler-Büchern hätte keine Zweifel an der Tätigkeit geweckt. Gelesen hätten sie die Bücher auch nicht.

Sonntag, 17.03.2024, 10:46 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 17.03.2024, 13:04 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Vor dem Oberlandesgericht Dresden sind seit Donnerstag zwei Männer und eine Frau wegen ihrer mutmaßlichen Tätigkeit für den rechtsextremen „Schelm“-Verlag angeklagt. Die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe wirft zwei von ihnen die Gründung einer kriminellen Vereinigung vor, einem der Männer die Mitgliedschaft in dieser. Enrico B., Matthias B. und Annemarie K. sollen jahrelang volksverhetzende, antisemitische und rechtsextreme Schriften verbreitet haben.

Nach dem Verlesen der Anklage sagte vor dem 4. Strafsenat in Dresden der 38-jährige Beschuldigte Matthias B. umfangreich aus. Der gebürtige Riesaer, der nach eigenen Angaben aus der rechtsextremen Szene ausgestiegen ist, schilderte seinen Anteil an der Verlagstätigkeit. Als Grafiker habe er die Bücher für den Druck vorbereitet und zum Teil die Kommunikation mit Verlagen übernommen, sagte er. Gedruckt worden sei in Osteuropa.

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Der Verlag „Der Schelm“ vertrieb laut Bundesanwaltschaft unter anderem Hitlers unkommentierte Ausgabe von „Mein Kampf“. Zwischen August 2018 und Dezember 2020 seien rund 46.500 Druckerzeugnisse mit einem Umsatz von mehr als 800.000 Euro verkauft worden. Bei einer Durchsuchung am 17. Dezember 2020 seien zudem weitere Druckerzeugnisse mit überwiegend volksverhetzendem Inhalt mit einem Verkaufswert von mehr als 900.000 Euro sichergestellt worden. Offizieller Sitz des Verlages war zunächst Leipzig.

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Verlagschef gesucht per Haftbefehl

Der damalige Verlagschef und Rechtsextremist Adrian Preißinger wird mit internationalem Haftbefehl gesucht. Laut Aussagen von Matthias B. ist er seit 2015/2016 nicht mehr in Deutschland gewesen. Er halte sich in Russland auf.

Auch der zweite Angeklagte, der frühere Leipziger NPD-Stadtrat Enrico B., sagte im Prozess aus. Der 41-Jährige hat nach eigenen Angaben Lagerräume betreut sowie die „Schelm“-Bücher verpackt und verschickt. „Mit der ganzen Maschinerie dahinter habe ich nichts zu tun gehabt“, sagte Enrico B. Gelesen habe er die Bücher nicht.

Hitlerbücher verkauft – ohne Zweifel

Zweifel an seiner Tätigkeit für den Verlag seien ihm keine gekommen. Jeder hätte diese Bücher über Internet-Plattformen kaufen können. „Wenn das möglich ist, war nicht der Hintergedanke da, das könnte strafrechtlich relevant sein“, sagte er.

Der Mitangeklagte Matthias B. erklärte dagegen, er habe nach einer Weile durchaus Zweifel an seiner Tätigkeit gehabt. Nach der Razzia sei dann für ihn „Schluss“ gewesen. Zu seiner Motivation sagte er: „Die primäre Situation war, Geld zu verdienen.“

Keins der Bücher gelesen

Der flüchtige Verlagschef Adrian Preißinger sei seiner Meinung nach bekennender Antisemit, aber auch ihm sei es vor allem um Geld gegangen. Geldkonten habe der Verlagschef über Strohleute geführt, etwa in Tschechien, Lettland, Österreich, Großbritannien und Spanien.

Nach seiner Verhaftung hat Matthias B. nach eigener Aussage bei den Ermittlern in Karlsruhe umfangreich ausgesagt, Namen von Mittätern genannt und Daten des Verlagschefs zur Verfügung gestellt. Auch er will keins der Bücher gelesen haben. B. hatte nach eigenen Angaben auch im NPD-Verlag Deutsche Stimme in Riesa gearbeitet. (epd/mig) Aktuell Panorama

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