Demokratiefördergesetz
FDP bremst Kampf gegen Rechtsextremismus aus
Sozialverbände mahnen die schnelle Verabschiedung des Demokratiefördergesetzes an. Es müsse Schluss sein damit, Fördergelder jährlich in den Haushaltsberatungen neu auf den Prüfstand zu stellen. Innenministerin Faeser ist dafür, doch die FDP bremst – damit auch den Kampf gegen Rechtsextremismus.
Von Dirk Baas Montag, 26.02.2024, 16:40 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 26.02.2024, 16:40 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Caritas-Präsidentin Eva Maria Welskop-Deffaa ist enttäuscht. Zu Beginn der Legislaturperiode vor zwei Jahren habe ihr Verband die Hoffnung gehabt, dass bald ein Demokratiefördergesetz eine rechtssichere Grundlage für Förderprogramme schafft. „Leider sind die Meinungen der Koalitionspartner dazu verhärtet“, sagt Welskop-Deffaa. Doch es müsse verhindert werden, „dass zwischen Potemkinschen Fronten diese wertvollen Programme in der Bundesregierung zerrieben werden“. Ohne eine neue Rechtsgrundlage werde es auch künftig keine verlässliche Finanzierung von Initiativen wie etwa „Demokratie leben!“ geben, warnt die Caritas-Präsidentin.
Dieses Programm des Familienministeriums zur Förderung des zivilgesellschaftlichen Engagements startete 2015. 2023 war es mit 182 Millionen Euro ausgestattet. Aus diesem Topf werden Teilprojekte der sechs Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege gefördert. Davon profitieren mittelbar seit sechs Jahren auch katholische Kindertagesstätten. „Demokratie leben!“ sei ein „großer Erfolg“, sagt Welskop-Deffaa.
Beratungen seit 2022
Ziel des von der Ampel-Koalition geplanten Demokratiefördergesetzes ist es, Vereine und Organisationen, die sich für gesellschaftliche Vielfalt und die Prävention von Extremismus einsetzen, mit einer sicher kalkulierbaren finanziellen Grundlage auszustatten. Es war im Dezember 2022 vom Kabinett auf den Weg gebracht worden. Der Entwurf befindet sich noch immer in den parlamentarischen Beratungen.
Zuletzt hatten Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) und Familienministerin Lisa Paus (Grüne) gefordert, das Gesetz angesichts des Kampfes gegen erstarkenden Rechtsextremismus schnell im Bundestag zu verabschieden. Laut Faeser ist es „unabdingbar“, dass das Gesetz endlich beschlossen wird, damit Initiativen verlässlich und bedarfsorientiert finanziert werden.
FDP bremst
Bislang ist diese Förderung nur projektbezogen möglich, weshalb Projekten im Zuge der Haushaltsberatungen regelmäßig das Aus droht. Dabei ist die Ampel-Koalition schon überfällig: Im Koalitionsvertrag steht: „Zur verbindlichen und langfristig angelegten Stärkung der Zivilgesellschaft werden wir bis 2023 nach breiter Beteiligung ein Demokratiefördergesetz einbringen.“ Von der Verabschiedung im Bundestag ist indes in der Verabredung der Koalitionäre nicht die Rede.
Widerstand kommt von der FDP. Es dürfe kein Demokratiefördergesetz ohne Extremismusklausel geben, lautet der Einwand der Liberalen, die kritisieren, der Entwurf nehme „Extremismus von links“ nicht ernst genug. Die FDP-Bundestagsfraktion pocht darauf, die Vergabe der staatlichen Mittel strenger zu kontrollieren.
AWO: „Realitätsverlust“
Das hält die Diakonie für „überflüssig und kontraproduktiv“. Präsident Rüdiger Schuch sagte dem „Evangelischen Pressedienst“: „In den aktuellen Programmen des Bundes wird für die Förderzusage selbstverständlich auch jetzt schon erwartet, dass die Geförderten unsere Verfassung achten und mit ihrer Projektarbeit unterstützen.“ Es sei im ureigenen Interesse des Gemeinwesens, dass der Staat eine plurale Zivilgesellschaft fördert, die sich für die freiheitlich-demokratische Grundordnung einsetzt. „Das geplante Demokratiefördergesetz ist dafür ein wichtiger, unterstützender Rahmen. Es muss nun endlich kommen.“
AWO-Präsidentin Kathrin Sonnenholzner rügt, dass Abgeordnete einer Regierungsfraktion ein Gesetz zur Förderung demokratischer Basisarbeit beerdigen wollen: „Ein solches Verhalten grenzt an Realitätsverlust.“
Demokratie schon „im Sandkasten“
VdK-Präsidentin Verena Bentele sagt: „In Zeiten wie diesen sind Demokratieförderung, Stärkung von Vielfalt, Extremismus-Prävention und politische Bildung besonders wichtig.“ Das Gesetz verbessere die rechtlichen Rahmenbedingungen für eine nachhaltige Förderung des zivilgesellschaftlichen Engagements. Es müsse jetzt dringend verabschiedet werden, damit es ab 2025 wirken könne.
„Es wäre naiv, sich darauf zu verlassen, erst im Wahlalter das Leben mit Kompromissen einzuüben. Die Erfahrung, Mehrheitsentscheidungen konstruktiv zu akzeptieren und miteinander fair zu verhandeln, muss viel früher erlernt werden“, betont Präsidentin Welskop-Deffaa: „Für die Caritas beginnt Demokratieförderung im Sandkasten.“ (epd/mig) Aktuell Politik
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