Sachsen-Monitor alarmiert
Massive Zunahme rassistischer Vorstellungen
Zum fünften Mal sind Sachsen gezielt nach ihren politischen Einstellungen befragt worden. Das Vertrauen in Institutionen geht demnach dramatisch zurück. Dafür verfangen Verschwörungstheorien und rassistische Vorstellungen gegenüber Ausländer, Asylbewerber und Juden.
Donnerstag, 25.01.2024, 11:17 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 25.01.2024, 16:02 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
In Sachsen haben sich laut einer repräsentativen Umfrage Ressentiments gegen Ausländer verstärkt, das Vertrauen in demokratische Strukturen sinkt weiter. Eine enorme Zustimmung erhalten indes Verschwörungstheorien, wie es im neuen Sachsen-Monitor heißt, den Staatskanzleichef Oliver Schenk (CDU) und das Institut für Markt- und Politikforschung dimap am Dienstag in Dresden vorstellten. Fast zwei Drittel (64 Prozent) der mehr als 2.000 Befragten finden, dass Deutschland durch „die vielen Ausländer in einem gefährlichen Maß überfremdet“ ist.
Das sind 24 Prozentpunkte mehr als noch vor eineinhalb Jahren. Für ein Drittel gleicht Deutschland mehr einer Diktatur als einer Demokratie. Fast die Hälfte geht davon aus, dass die regierenden Parteien das Volk betrügen. Das Vertrauen in politische Institutionen wie Landtag, Parteien und Landkreise ist laut Sachsen-Monitor deutlich gesunken.
Regierung besorgt über Ergebnisse
Den Bundestag schätzen nur noch knapp ein Viertel der Sachsen (minus 20 Prozentpunkte), die Bundesregierung lediglich 18 Prozent (minus 21 Prozentpunkte). Auch Kirchen, Medien und das Europäische Parlament verloren weiter an Vertrauen. Dennoch halten laut der Umfrage 83 Prozent die Demokratie für eine gute Regierungsform, allerdings ist die Zustimmung um acht Prozentpunkte gesunken.
Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) räumte ein, dass die Ergebnisse des „Sachsen-Monitors“ die Regierung nachdenklich gestimmt hätten. Er sah in den Ergebnissen einen Beleg dafür, wie weit die zerstörerische Kraft gegen wichtige Institutionen schon fortgeschritten ist. Eine Politik des gesunden Menschenverstandes werde dazu führen, dass es im nächsten „Sachsen-Monitor“ wieder bessere Werte gibt.
Asylpolitik für jeden Vierten wichtigstes Problem
Justizministerin Katja Meier (Grüne), die im Kabinett auch für Demokratie zuständig ist, zeigte sich beunruhigt. Die Meinungsumfrage beschreibe, was man schon seit Jahren beobachten könne. „Immer mehr Menschen verlieren das Vertrauen in die Demokratie, neigen zu populistischen, rassistischen und verschwörungstheoretischen Ansichten und unterstützen antidemokratische Kräfte.“ Es dürfe nicht sein, dass Rechtsextreme den politischen Ton angeben. Dagegen würden nur „klare Kante und klare Ansagen“ helfen.
Für ein Viertel der Befragten ist die Asylpolitik das wichtigste Problem in Sachsen, ein Anstieg um 21 Prozentpunkte. Die generelle Zunahme entspricht aber laut dem Institut für Markt- und Politikforschung dimap einem bundesweiten Trend. Laut Schenk war das Thema beim vergangenen Sachsen-Monitor 2021/22 – während der Corona-Pandemie – wenig relevant. Für die aktuelle Studie wurden im Sommer 2023 in ganz Sachsen 2.041 zufällig ausgewählte Frauen und Männer vom dimap interviewt. Es ist der fünfte Monitor.
Antisemitismus zugenommen
Laut den Ergebnissen hat der Antisemitismus zugenommen: 26 Prozent (plus vier Prozentpunkte) stimmen der Aussage zu, dass Juden aus ihrer NS-Opferrolle einen Vorteil ziehen wollen. Dass Juden zu viel Macht hätten, bestätigten 18 Prozent (plus zwei Punkte). 16 Prozent (plus fünf Prozentpunkte) finden, dass Juden „nicht so recht zu uns passen“. Zudem ergab die Umfrage, dass 17 Prozent (plus sechs) der Ansicht sind, dass die NS-Verbrechen in der Geschichtsschreibung übertrieben werden.
Die Vorsitzende des Beirats Sachsen-Monitor, Constanze Geiert, sagte mit Blick auf die mehrheitliche Zustimmung zu Verschwörungstheorien (53 Prozent), dies deute auf rechtsradikale Einstellungen hin. Das Thema war erstmals Teil des Sachsen-Monitors. An dieser Stelle müsse intensiver nachgefragt werden, sagte Geiert. Dass das Vertrauen in Institutionen gesunken ist, sei ein „alarmierendes Zeichen“. Positiv in der aktuellen Analyse sei aber, dass die jüngere Generation offener und positiver eingestellt sei. (epd/mig) Gesellschaft Leitartikel
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