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Tansania in Ostafrika © de.depositphotos.com

Deutsch-Ostafrika

Steinmeier in Tansania auf den Spuren deutscher Kolonialverbrechen

In Deutsch-Ostafrika verfolgten die Kolonialtruppen bei der Niederschlagung des Maji-Maji-Aufstands eine Politik der verbrannten Erde. Auch in Songea im Südwesten Tansanias, wo Bundespräsident Steinmeier auf die kolonialen Schatten trifft.

Von Mittwoch, 01.11.2023, 17:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 19.03.2024, 12:27 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Wo der Wind durch die Maisfelder rund um Songea streicht, verteilte er vor rund einem Jahrhundert die Asche verbrannter Hütten und Äcker. Im Süden des heutigen Tansanias vernichteten Soldaten der deutschen Kolonialmacht damals gnadenlos Land und Gut und versuchten so, den bislang größten Aufstand in Deutsch-Ostafrika schnell und restlos niederzuschlagen. Von der Zerstörung, von Leid und Tod im Maji-Maji-Krieg von 1905 bis 1907 kündet heute ein Museum in Songea. Dort stellte sich Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Mittwoch den Gräueln der deutschen Kolonialgeschichte.

In der Stadt im Südwesten des Landes traf Steinmeier mit Nachfahren des Wangoni-Führers Songea Mbano zusammen, der von den deutschen Kolonialtruppen zusammen mit 66 anderen Kämpfern im Februar 1906 gehängt und enthauptet wurde. „Auch wir Deutsche müssen uns dieser Geschichte stellen, damit wir gemeinsam eine bessere Zukunft bauen können“, betonte Steinmeier.

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Aufstände in Deutsch-Ostafrika

Gegen Unterdrückung und Ausbeutung kam es um die Jahrhundertwende immer wieder zu kleineren Aufständen in Deutsch-Ostafrika. Im Süden des Landes schlossen sich schließlich verschiedene Stämme zusammen. Der Widerstand gegen Zwangsarbeit auf den Plantagen oder unerbittlich steigende Steuern eskalierte 1905 im Maji-Maji-Krieg, der sich über ein breites Band vom Indischen Ozean bis zum Njassa-See im Westen ausbreitete – auch im Wangoni-Land, wo Songea liegt.

Die Wut der Unterdrückten brach sich in koordinierten Angriffen auf deutsche Einrichtungen Bahn. Die mit Macheten und Beilen bewaffneten Aufständischen sahen sich jedoch schnell dem Maschinengewehrfeuer der Deutschen ausgeliefert. Mit „Zauberwasser“ versuchten viele, sich zu schützen. Das „Maji“, wie Wasser auf Kisuaheli heißt, würde bewirken, so wurde verbreitet, dass die Kugeln aus den Gewehren wie Regentropfen am Körper abperlen.

Politik der verbrannten Erde

Die Schüsse kosteten letztlich vermutlich Tausende Afrikaner im Maji-Maji-Krieg das Leben. Die Stammesführer wurden zudem gejagt und öffentlich hingerichtet. „Darüber hinaus betrieben die Soldaten, die den Maji-Maji-Aufstand niederschlagen sollten, eine Politik der verbrannten Erde“, erklärt der aus Songea stammende Historiker Kevin Haule. Dörfer und Felder gingen in Flammen auf, Vieh wurde beschlagnahmt. „Als Folge davon litten unzählige Menschen Hunger. Schätzungen zufolge ließen von den 80.000 Menschen im Wangoni-Land bis 1907 rund 60.000 ihr Leben.“ Für den gesamten Süden Tansanias gehen die Geschichtsschreiber von bis zu 300.000 Toten aus.

„Ich verneige mich vor den Opfern der deutschen Kolonialherrschaft“, sagte Steinmeier am Mittwoch in Songea. „Als deutscher Bundespräsident möchte ich um Verzeihung bitten für das, was Deutsche hier Ihren Vorfahren angetan haben.“ Rufe nach Aufklärung und Wiedergutmachung werden ihn und Deutschland weiter begleiten. Details nannte Steinmeier nicht.

Weg in die Unabhängigkeit

Damals löste die Gewalt der Kolonialverwaltung bei der Niederschlagung des Aufstands innenpolitischen Protest in Deutschland aus. Teile des Parlaments machten Druck auf die Regierung, die Lebensverhältnisse in den Kolonien zu verbessern.

In Tansania wiederum galt der Maji-Maji-Aufstand später als ein Wegbereiter der nationalen Einigung. Staatsgründer Julius Nyerere nannte ihn in einer Rede vor den Vereinten Nationen den Beginn des Kampfes für Freiheit und Einheit. Der Weg in die Unabhängigkeit verlief dann schließlich für Tanganyika anders als in vielen anderen afrikanischen Ländern friedlich. (epd/mig) Aktuell Politik

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