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„Palästinensertücher?“

Initiative gegen Antisemitismus warnt vor Verbot-Aktionismus

Wie lässt sich Antisemitismus nachhaltig bekämpfen? Die einen setzen auf Verbote. Andere warnen vor Aktionismus – etwa durch Verbote von sogenannten „Palästinensertüchern“ an Schulen. Gleichzeitig wächst die Sorge, das Problem könnte noch zunehmen.

Dienstag, 17.10.2023, 17:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 18.10.2023, 8:21 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Sanktionen und Verbote sind nach Einschätzung der Kreuzberger Initiative gegen Antisemitismus keine ausreichende Reaktion auf Judenhass und Israelfeindlichkeit. „Antisemitismus wurde lange ignoriert. Man hat das Thema köcheln lassen“, sagte der Vorsitzende der Initiative, Derviş Hızarcı, der Deutschen Presse-Agentur. „Jetzt kocht es über, und dann heißt es, schnell den Deckel drauf. Aber wenn man den Deckel drauf macht, fliegt dir der Topf um die Ohren.“ Prävention sei weiterhin das A und O.

„Aber sie gelingt nicht allein mit Sanktionen. Sie gelingt vor allem mit offenem und ehrlichem Austausch“, sagte Hızarcı, der sich seit vielen Jahren gegen Antisemitismus engagiert und 2021 das Bundesverdienstkreuz erhalten hat. Ganz klare antisemitische oder israelfeindliche Äußerungen etwa in der Schule müsse man unterbinden. „Dann muss man die Jugendlichen, die sich so äußern, zu sich holen und mit ihnen sprechen, gegebenenfalls auch mit den Eltern“, sagte Hızarcı. „Und zweitens nutzt man einen solchen Vorfall als Anlass, um in der Klasse über den Nahostkonflikt zu sprechen – und hört sich dabei unterschiedliche Perspektiven an.“

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Antisemitismus könnte sich noch verstärken

Hızarcı befürchtet, dass sich die Situation vor dem Hintergrund des Kriegs zwischen Israel und der islamistischen Hamas weiter verschärft. „Es hat dieses Mal eine andere Qualität. Die, die Antisemitismus in sich schlummern hatten, sind jetzt bereiter, ihn zu zeigen. Bei anderen, bei denen er schon sichtbar war, wird er sich noch verstärken.“

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Die Aufmerksamkeit für das Thema werde abebben. „Aber das Problem wird bleiben und sich noch mehr bemerkbar machen als in der Vergangenheit. Und wir haben noch nicht den richtigen Umgang damit gefunden“, so der ausgebildete Lehrer und ehemalige Antidiskriminierungsbeauftragte des Berliner Senats.

Standardreaktionen nicht ausreichend

„Die Standardreaktion ‚Wir verurteilen Antisemitismus und sind auf der Seite Israels‘ ist nicht ausreichend, weil sowohl die Brutalität der Hamas als auch die Reaktionen hierzulande eine andere Qualität haben“, sagte der Experte.

Skeptisch sieht er aber auch die Forderung, nun klare Kante zu zeigen: „Sanktionen und Verbote allein sind meiner Meinung nach eine hilflose Aktion und kein wirklich zielführendes Angehen der Ursachen.“ So funktioniere Pädagogik und politische Bildung nicht. Die Schule sei ein Lernort.

Wie lässt sich Antisemitismus bekämpfen?

„Als ich gelesen habe, dass Schulen das Tragen von Palästinensertüchern untersagen können, habe ich gedacht: Das wird ganz klar nach hinten losgehen.“ Das sei wie eine Einladung zur Provokation. „Wird Antisemitismus bekämpft, wenn ich sage ‚Tragt keine Palästinensertücher‘?“ Sein Anliegen sei, einseitige, problematische, gefährliche Einstellungen und Denkweisen bei Menschen zu ändern. „Wo hat man gesehen, dass man das durch solche Sanktionen hinbekommt?“

Es sei aktuell insgesamt eine äußerst schwierige Situation. „Und ich würde lügen, wenn ich nicht sagen würde, dass ich das Gefühl habe, nicht dort weiterzumachen, wo man zuletzt stehengeblieben ist, sondern zurückfällt. Das ist bitter.“ (dpa/mig) Aktuell Panorama

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