Studie
Milliarden Menschen können gesunde Ernährung nicht bezahlen
Rund drei Milliarden Menschen auf der Welt sind zu arm, um sich eine gesunde Ernährung leisten zu können. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie von Misereor und der Uni Göttingen. Experten fordern mehr politischen Einsatz gegen das Problem.
Montag, 09.10.2023, 16:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 07.10.2023, 17:16 Uhr Lesedauer: 3 Minuten |
Weltweit kann sich laut einer aktuellen Studie eine wachsende Zahl von Menschen eine gesunde Ernährung nicht leisten. Die am Donnerstag online vorgestellte Studie mit dem Titel „Die Armutslücke gesunder Ernährung“ nennt eine Zahl von rund drei Milliarden Betroffenen, das sind rechnerisch zwei von fünf Menschen weltweit. Verantwortlich für die Studie sind das katholische Hilfswerk Misereor, dessen Ernährungs-Experte Lutz Depenbusch die Erhebung zusammen mit dem Entwicklungsökonomen Jonas Stehl von der Uni Göttingen vorstellte, der zweiten beteiligten Institution.
Ursache für das zunehmende Problem ungesunder Ernährung ist der Studie zufolge die wachsende Armut auf der Welt. „Besonders groß ist die Armutslücke in den Weltregionen Sub-Sahara-Afrika und Südasien“, erklärte Entwicklungsökonom Stehl. Im Ländervergleich bestünden die größten Armutslücken in den bevölkerungsreichen Ländern Indien, Nigeria und Indonesien. Die Belastung pro Person sei in Madagaskar am höchsten. Dort fehlten den Menschen durchschnittlich 73 Prozent des notwendigen Einkommens, um sich eine gesunde Ernährung leisten zu können.
Neue Armutsgrenzen definiert
Für die Studie haben die Wissenschaftler neue Armutsgrenzen für die jeweiligen Länder entwickelt. Die von UN und Weltbank definierte Armutsgrenze von 2,15 US-Dollar pro Tag reiche nicht aus, um die Zahl der tatsächlich Betroffenen zu ermitteln, hieß es. In Indien wären demnach 2,17 Dollar mehr Einkommen pro Tag für eine gesunde Ernährung nötig, in Indonesien 3,32 Dollar und in Nigeria 4,43 Dollar. Auch der Verweis auf die 2.100 Kilokalorien, die ein Mensch pro Tag konsumieren sollte, um ausreichend zu essen, sei irreführend, unterstrich Entwicklungsökonom Stehl. Dabei werde nicht berücksichtigt, ob und inwieweit es sich auch um eine gesunde Ernährung handele.
Außerdem rechneten die Studienautoren aus, wie viel Geld Menschen weltweit fehlt, um sich eine gesunde Ernährung leisten zu können und zeigen, wie diese Armutslücke im Verhältnis zum globalen Wohlstand steht. Die „globale Armutslücke“ für gesunde Ernährung habe bei knapp drei Billionen Dollar gelegen, hieß es. Misereor-Experte Depenbusch verwies darauf, dass den drei Billionen eine globale Wirtschaftsleistung von 135 Billionen Dollar gegenüberstehe. Die Armutslücke entspreche damit lediglich 2,2 Prozent des globalen Einkommens. Auf der anderen Seite sei von dem Problem aber fast die Hälfte (41 Prozent) der Menschheit betroffen.
Ungleichheit und Armut verringern
Die Studienautoren und Misereor sprachen sich für internationale Hilfe im Kampf gegen ungesunde Ernährung aus. „Die Ergebnisse machen deutlich: Wer Hunger und Mangelernährung besiegen möchte, muss Ungleichheit und Armut verringern“, betonte Depenbusch. „Es ist ein moralisches Versagen, wenn die Weltgemeinschaft den wachsenden Reichtum nicht stärker dafür einsetzt, das grundlegende Recht auf eine gesunde Ernährung aller Menschen zu sichern.“
So könnte etwa eine Besteuerung der Vermögen von Millionären und Milliardären von durchschnittlich 1,2 Prozent Steuereinnahmen im Umfang von 78 Prozent der Armutslücke generieren. Um das weltweite Problem zu bekämpfen, sei „mehr politischer Wille nötig“, sagte Depenbusch. Mit Blick auf das Bundesentwicklungsministerium sprach sich der Misereor-Vertreter dafür aus, das Budget für internationale Zusammenarbeit anzuheben. (epd/mig) Aktuell Panorama
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