Hessen
1.775 Personen Geld zur „freiwilligen Ausreise“ gezahlt
Zwischen 2019 und 2022 hat Hessen 1.775 Menschen durchschnittlich jeweils knapp 960 Euro gezahlt, damit sie aus Deutschland „freiwillig ausreisen“. 2006 wurde „freiwillige Ausreise“ zum „Unwort des Jahres“ gekürt. Begründung: Die Freiwilligkeit einer solchen Ausreise dürfe bezweifelt werden.
Montag, 28.08.2023, 15:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 28.08.2023, 9:32 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Mithilfe vom Land Hessen gezahlter Unterstützung sind in den vergangenen Jahren 1.775 Menschen „freiwillig“ in ihr Heimatland zurückgekehrt, darunter 467 Kinder und 576 weibliche Personen. 58 der „freiwillig ausgereisten“ seien nach den vorliegenden Informationen anschließend erneut nach Deutschland eingereist, teilte das Innenministerium auf eine Anfrage der AfD-Landtagsfraktion in Wiesbaden mit. Die Zahlen der Ausreisenden beziehen sich auf den Zeitraum Januar 2019 bis Ende 2022, die 58 verzeichneten Wiedereinreisen erfolgten den Angaben zufolge von Anfang 2019 bis Jahresmitte 2023.
Hessen „unterstützte“ die Menschen im Rahmen des sogenannten REAG/GARP-Programms von Bund und Ländern. Die von Hessen gezahlte Summe gibt das Ministerium für den Zeitraum mit rund 1,7 Millionen Euro an. Das entspricht einer durchschnittlichen Zahlung von 958,75 Euro pro Person – Flugtickets, andere Reisekosten sowie finanzielle Starthilfe inbegriffen. Haupt-Ausreiseland war den Angaben zufolge der Irak mit 275 Menschen in den Jahren 2019 bis 2022, es folgten Albanien mit 202 und der Iran mit 171 Menschen.
152 Rückzahlungsforderungen
Für 152 Menschen ergeben sich den Angaben zufolge Rückzahlungsforderungen, weil sie anschließend wieder einreisten oder doch nicht ausreisten. Sechs von ihnen hätten bis Ende Juni das Geld erstattet.
Das Bund-/Länder-Programm heißt mit vollem Namen „Reintegration and Emigration Programme for Asylum-Seekers in Germany/Government Assisted Repatriation Programme“ (deutsch: „Reintegrations- und Emigrations-Programm für Asylsuchende in Deutschland/Regierungsunterstütztes Rückführungs-Programm“). Gezahlt werden Hilfsleistungen für die Rückkehr ins Heimatland oder ein anderes Land.
„Freiwillige Ausreise“ Unwort des Jahres 2006
Die Praxis der sogenannten „freiwilligen Ausreise“ steht in der Kritik, weil sie in vielen Fällen nicht „freiwillig“ erfolgt, sondern durch Androhung einer Abschiebung unter Anwendung körperlichen Zwanges. Auch die gezahlte „Starthilfe“ sei nicht geeignet, den Menschen in der Heimat eine echte Perspektive zu liefern. Im Vergleich dazu kostet eine Abschiebung deutlich mehr als die gezahlte „Starthilfe“. Einer Studie zufolge verlassen die meisten „freiwillig“ Ausgereisten Deutschland nicht wegen der Geldzahlung.
Die Bezeichnung wurde 2006 zum „Unwort des Jahres“ gekürt, weil die Formulierung als Ersatz für den amtlichen Begriff „Abschiebung“ verwendet werde und suggeriere, die Menschen verließen das Land freiwillig. Die Freiwilligkeit einer solchen Ausreise dürfe jedoch bezweifelt werden, erklärte die Jury. (dpa/mig) Aktuell Panorama
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