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Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) © MiG

Studie

Hilfen nicht ausschlaggebend für Rückkehr von Flüchtlingen

Das Bundesamt für Migration hat untersuchen lassen, ob Geld ein Lockmittel sein kann, um Flüchtlinge zur freiwilligen Ausreise zu bewegen. Die Antwort: eigentlich nicht. Aber die, die beschlossen haben zu gehen, sind froh über die Förderung.

Donnerstag, 21.11.2019, 5:25 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 08.01.2020, 15:41 Uhr Lesedauer: 4 Minuten  |  

Die Entscheidung von Flüchtlingen, Deutschland wieder zu verlassen, hängt nicht davon ab, ob sie dafür mit Geld oder Sachleistungen unterstützt werden. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie aus dem Forschungszentrum des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bamf), die am Mittwoch in Berlin vorgestellt wurde. Die Förderung könne aber dazu beitragen, eine Entscheidung zur Rückkehr auch umzusetzen, stellten die Forscher fest. Außerdem zeigten sich die Rückkehrer mit der Unterstützung zufrieden, auch wenn ihre Lebenssituation nicht einfach war.

Hauptgründe für eine Ausreise sind der Studie zufolge der unsichere Aufenthalt in Deutschland (46 Prozent) und das Gefühl, hier nicht zu Hause zu sein (28 Prozent). Rund 70 Prozent waren als Asylbewerber abgelehnt worden, 30 Prozent noch im Verfahren. Nur vier Prozent erklärten, das Geld für die Rückkehr habe den Ausschlag für ihre Entscheidung gegeben. Gleichzeitig sagte mehr als die Hälfte der Befragten (53 Prozent), die Förderung habe seine oder ihre Entscheidung dennoch beeinflusst. Den Angaben zufolge äußerten sich 84 Prozent der Befragten zufrieden mit dem Programm, aus dem sie unterstützt wurden.

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Viele Programme zur Ausreiseförderung

Es gibt etliche Programme zur Förderung der freiwilligen Rückkehr von Flüchtlingen. Sie werden vom Bundesinnenministerium finanziert mit dem Ziel, mehr freiwillige Ausreisen als Abschiebungen zu haben und die Weiterwanderung und Wiedereinwanderung zu verhindern, wie die Leiterin des Grundsatzreferats Rückkehr im Innenministerium, Ann-Marie Burbaum, erklärte.

Untersucht wurde das Förderprogramm „StarthilfePlus“, das die Bundesregierung 2017 zusätzlich aufgelegt hatte, um die freiwillige Ausreise von Flüchtlingen zu fördern, die in den Jahren 2015 und 2016 nach Deutschland gekommen waren und keine Bleibeperspektive haben. Es wird in Zusammenarbeit mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) umgesetzt und soll die Reintegration im Herkunftsland erleichtern. Voraussetzung ist, dass die Geflüchteten mittellos und außerdem im Rahmen des größten Rückkehr-Förderprogramms REAG/GARP registriert sind.

15.000 Ausreisen in zwei Jahren

Den Angaben zufolge sind in den Jahren 2017 und 2018 rund 15.000 Menschen mit einer Zusatzförderung über „StarthilfePlus“ ausgereist. Sie bekommen in der Regel 1.000 bis 2.000 Euro in zwei Raten vor und etwa sechs Monate nach der Rückkehr. Befragt wurden für die nicht repräsentative Studie 1.339 Personen, die zwischen Februar 2017 und April 2018 ausgereist waren. Die meisten, etwa ein Viertel, kehrten in den Irak zurück, an zweiter und dritter Stelle standen Russland und Afghanistan.

Der Fall Afghanistan zeigt, wie schwierig die Befragungen waren. Erreicht wurden nach der Rückkehr nur die Menschen, die die zweite Rate in einem IOM-Büro auch wirklich abholten. In Afghanistan war das nur jeder Zweite. Befragt nach der eigenen Lebenssituation erklärte von diesen Personen wiederum jeder Zweite, er oder sie sei zufrieden. Studienautorin Tatjana Baraulina sagte dazu, man könne nur diejenigen befragen, an die man herankomme. „Die interessanteste Gruppe wären aber die gewesen, die die zweite Rate nicht abgeholt haben.“

Lebensunterhalt selten gesichert

Dennoch liefert die Studie zum ersten Mal Daten über ein Rückkehr-Förderprogramm aus der Sicht der betroffenen Menschen. Gut ein halbes Jahr nach der Rückkehr waren rund 40 Prozent zufrieden mit ihrer Lebenssituation, ein gutes Drittel hatte nach acht Monaten eine Arbeit gefunden. Aber nur 15 Prozent konnten den eigenen Angaben zufolge von ihren Einnahmen leben.

Monica Goracci, die Leiterin von IOM-Deutschland, sagte, die Überbrückungshilfen am Anfang seien wichtig. Aber entscheidend sei, ob die Menschen eine langfristige Perspektive in ihrem Herkunftsland hätten: „Wir wollen nicht, dass Menschen nach der Rückkehr in derselben Situation sind wie vorher.“

Auf Kritik stößt die Erfolgsquote auch bei den Grünen. Die Migrationspolitische Sprechering, Filiz Polat erklärt: „Wenn freiwillige Ausreiseprogramme letztendlich dazu führen, dass 85 Prozent der Rückkehrenden in ihren Heimatländern nicht genug zum Leben haben, dann kann dies nicht als Erfolg gesehen werden. Weder für die Rückkehrberatungsstellen noch für die von der Bundesregierung aufgelegten Rückkehrprogramme.“ Sie fordert, dass in eine nichtstaatliche und ergebnisoffene Rückkehrberatung investiert wird.

247.000 Geduldete in Deutschland

Das Bundesamt für Migration ist zuständig für die Konzeption und Umsetzung von Rückkehrprogrammen. Zu den Leistungen zählen die Erstattung von Reisekosten und eine finanzielle Starthilfe. 2018 gingen nach Angaben der Behörde rund 16.000 Menschen im Rahmen von Rückkehrförderprogrammen zurück in ihre Herkunftsländer. 2017 waren es fast doppelt so viele. Auf dem Höhepunkt der jüngsten Zuwanderung hatten im Jahr 2016 rund 55.000 Menschen Deutschland freiwillig wieder verlassen.

In der Bundesrepublik leben nach Angaben des Bundesinnenministeriums rund 247.000 Geduldete, die eigentlich das Land verlassen müssten. Nicht jeder abgelehnte Asylbewerber kann auch abgeschoben werden, etwa weil gesundheitliche Gründe dagegen sprechen. (epd/mig) Leitartikel Panorama Studien

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