EU-Tunesien-Pakt

Weitere 27 Menschen an tunesisch-libyscher Wüstenregion gestorben

Erneut Tote nach Aussetzung in der Wüste: Verzweifeltes Leiden an der tunesisch-libyschen Grenze setzt sich fort. Während EU mit deutscher Unterstützung am Tunesien-Pakt zur Fluchtverhinderung festhält, schlagen Menschenrechtsorganisationen Alarm.

Donnerstag, 10.08.2023, 14:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 10.08.2023, 16:19 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Im Wüstengebiet an der tunesisch-libyschen Grenze sind Menschenrechtlern zufolge seit Dienstag 27 Leichen von Migranten geborgen worden. Tunesische Behörden hätten die Menschen dort bei großer Hitze und ohne Wasser ausgesetzt, teilte das Nationale Menschenrechtskomitee in Libyen der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch mit. Auch Lebensmittel oder Medikamente hätten die Migranten nicht bekommen.

Nach Angaben der Organisation zwingen die tunesischen Behörden die Menschen in dem entlegenen Wüstengebiet, zu Fuß die Grenze nach Libyen zu überqueren. Woher genau die Migranten stammten, war zunächst unklar. Libyschen Medien zufolge waren unter den Toten auch Kinder.

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Seit einiger Zeit gibt es immer wieder Berichte darüber, dass tunesische Sicherheitskräfte Migranten in der Wüste aussetzen. Im Juli waren laut internationalen Organisationen fast 200 Betroffene gerettet worden. Die Menschenrechtsorganisation Human Rights Watch warf den tunesischen Sicherheitskräften vor, Hunderte Migranten und Asylbewerber kollektiv in Richtung der Grenze ausgewiesen zu haben, darunter Kinder und schwangere Frauen.

Deutschland verteidigt EU-Pakt mit Tunesien

Nichtdestotrotz hatte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen Mitte Juli eine Absichtserklärung mit Tunesien unterzeichnet, die eine engere Zusammenarbeit in fünf Punkten vorsieht. Einer davon ist der Bereich „Migration“. Es soll dabei helfen, die sogenannte „irreguläre Migration“ – gemeint ist die Flucht nach Europa – über das Mittelmeer zu reduzieren. Das geschah, nachdem die Organisation Human Rights Watch berichtet hatte, dass tunesische Sicherheitskräfte Flüchtlinge und Migranten in das Grenzgebiet zu Libyen verschleppen und in einer militärischen Pufferzone festhalten.

Die Bundesregierung signalisierte nach dem Zustandekommen des Abkommens vor zwei Wochen ihre Unterstützung für das Vorhaben. Auch Katja Keul (Grüne), Staatsministerin im Auswärtigen Amt, erkläre zuletzt am 8. August in Berlin vor ihrer Reise in die Hauptstadt Tunis, die deutsche und europäische Zusammenarbeit mit Tunesien zu Migrationsthemen sei, an humanitäre Standards und Menschenrechte gebunden. Sie verwies zugleich auf „schockierende“ Berichte über das Schicksal von Geflüchteten und Migranten in dem nordafrikanischen Land. Sie wolle sich daher im persönlichen Austausch mit den Betroffenen ein besseres Bild der Lage verschaffen.

Tunesien und Libyen sind wichtige Transitländer

Tunesien und Libyen sind die wichtigsten Transitländer für Migranten in Nordafrika auf dem Weg nach Europa. Anfeindungen und Schikanen gegen Migranten aus Ländern südlich der Sahara nahmen in vergangenen Monaten nach umstrittenen Bemerkungen von Tunesiens Präsident Kais Saied in dem Land zu. Dieser hatte von „Horden irregulärer Migranten“ gesprochen, ihnen „Gewalt, Verbrechen und inakzeptable Verhaltensweisen“ vorgeworfen und ein härteres Vorgehen gegen sie angekündigt. In den vergangenen Monaten kam es in Tunesien auch zu gewaltsamen Zusammenstößen zwischen Anwohnern und Migranten. Zwei Menschen starben dabei bisher.

Auch im Bürgerkriegsland Libyen ist die Lage für Migranten prekär: In Lagern dort drohen ihnen nach Angaben von Hilfsorganisationen Folter, Sklaverei und sexuelle Gewalt. (epd/dpa/mig) Leitartikel Politik

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