Nebenan
Geopfert
Heute muss ich mal anderweitig Dampf ablassen. Und dabei geht es um eine Form von Heuchelei, um die die meisten Leser des MiGAZIN wissen dürften.
Von Sven Bensmann Montag, 10.07.2023, 14:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 10.07.2023, 10:53 Uhr Lesedauer: 10 Minuten |
Eigentlich hatte ich ja vor, mich heute wieder einmal meinem Lieblingsthema, westlicher Heuchelei, zu widmen – anlässlich der Lieferung von international geächteter Streumunition der USA an die Ukraine. Ich hatte einen schönen Text vorbereitet, der zeigt, wie der Westen seit seinen völkerrechtswidrigen Kriegen im Irak und in Afghanistan bis hierher seine moralische Position immer weiter ausgehöhlt hat, ohne die Position eigenmächtig erhobener moralischer Überlegenheit dabei grundlegend in Frage zu stellen.
Aber seien wir ehrlich: Das mache ich seit 10 Jahren und niemanden scherts so richtig. Werd ich deshalb damit aufhören? Nö, denn das hab ich immer schon so gemacht!!1elf! Für heute muss ich allerdings aus einem persönlichen Anlass heraus doch mal anderweitig etwas Dampf ablassen. Und dabei geht es um eine Form von Heuchelei, um die die meisten Leser des MiGAZIN wissen dürften, eine Heuchelei linker und migrantischer Milieus – die meist geflissentlich unter den Tisch fallen gelassen wird, in der Befürchtung, so rechten Affen Zucker zu geben. Und das durchaus auch von meiner Seite, weil sich halt immer ein Vollidiot findet, der das Gelesene einfach nicht versteht oder verstehen will. Aber wir sind hier ja unter uns.
Da die AfD mittlerweile – angefeuert von BILD und Union – bundesweit bei 20 Prozent steht und gar demokratische Würdenträger stellt (wobei Würde im Zusammenhang der AfD nicht allzu eng zu verstehen ist) und sich alle Fragen, woher das eigentlich kommt, derweil die einen auf eine Koalition verweisen, die mit der Kommunikation ihrer Politik völlig überfordert ist, weil sie sich nur darauf versteht, Plattitüden auf schwarzweiße Wichsvorlagen eines chirurgisch optimierten Porschefahrers und Sylturlaubers zu drucken, die anderen auf eine CDU/CSU schauen, die durch die Art, wie sie Diskurse framed, scheinbar alles auf die Karte einer Legitimation ebenjener AfD rechtzeitig zur nächsten Bundestagswahl setzt, um eine Machtoption jenseits des Hauptfeindes in grün zu eröffnen, geht ein Punkt immer wieder verloren. Dabei mag es sein, dass dieses Thema mit einer ordentlichen Prise Rassismus und Menschenverachtung in einer Rechtspostille wie der Jungen Freiheit oder dem Tiktok-Kanal der AfD auftauchen mag – aber wer solchen Quatsch verfolgt, hat halt endgültig die Kontrolle über sein Leben verloren.
Mache ich es also einmal gewohnt plakativ und gehässig zu meinem Punkt: Es gibt in diesem Land einen harten Kern extremst asozialen menschlichen Abschaums, der hier aufgewachsen ist, der zumeist einen deutschen Pass hat und der im Weltbild von Union und AfD nicht deutsch ist, weil er eben nicht blond und blauäugig wie Hitler, nicht hochgewachsen und muskulös wie Goebbels oder überhaupt von deutschem Blute wie Jesus von Nazareth ist. Menschen, die so widerlich sind, dass man sie diesseits von NPD/Die Heimat und AfD-Flügel nicht unbedingt erwarten würde, die ein Weltbild besitzen, dass sie im Gegenteil sogar für diese Parteien qualifizieren würde, wenn die nur bereit wären, ihr Weltbild inklusiver zu gestalten. Homophobes, sexistisches, chauvinistisches, asoziales Pack, das mit ebenso asozialem Rap aufgewachsen ist, der Homophobie, Sexismus, Chauvinismus und Kriminalität verherrlicht und das sich scheinbar jeden Tag aus dem Bett erhebt mit dem Ziel, sich heute so krass asozial zu benehmen, dass es endlich mal ordentlich auf die Fresse kriegt – und sich davon, dass alle anderen zivilisierter sind als es selbst, weiter ermutigen lässt, weil die anlasslosen Beleidigungen und persönlichen Angriffe, die es anderen entgegenschreit, weil ihm sonst niemand zuhört, auch diesmal wieder nicht dazu geführt haben, dass es sich den Kiefer aufwendig hätte richten lassen müssen.
Merzens Wort von den „kleinen Paschas“ knüpft an dieses Bild des verlotterten Migrantenbengels an, der sich aufführt, als gehöre ihm die Welt, weil er nur so seine eigene kleine Jämmerlichkeit Tag für Tag ertragen kann. Und diese Worte fallen deshalb auf fruchtbaren Boden, weil jeder, der in diesem Land lebt, im Wochenrhythmus Erfahrung mit dieser Art von Menschen macht – und diese eigentlich immer irgendwie nach Ausländer, nach Türke oder Araber, aussehen. Oder eben nach Nazi – aber auch die werden externalisiert: die einen sind dann eben nicht Teil unserer demokratischen Gesellschaft, die anderen noch einfacher: die Ausländer. Eigentlich ist es ganz leicht zu erkennen, dass, so wie illegale israelische Siedlungen, wie israelische Panzer in Palästina, wie Überfälle der USA auf souveräne Staaten oder US-amerikanische Drohnen, die überall aus dem blauen Himmel heraus eine Hellfire-Rakete auf einfache Zivilisten abfeuern können, das beste Rekrutierungstool für den islamistischen Terror sind, diese abgefuckte Jugend mit nordafrikanischem oder vorderasiatischem Genpool eben der beste Strohmann für das einfache Menschenbild von Union und AfD ist. Und die konservativen Biodeutschen sind ja nicht einmal allein damit: Hätte ich einen Euro für jedes Mal, dass ein Mensch, der zugewandert ist, dessen Vorfahren in dieses Land eingewandert sind oder der sich trotz deutschem Pass gar noch als (z.B.) Türke identifiziert, mir gegenüber über die Kanacken, die Schwarzköpfe oder Schlimmeres abgelästert hat, könnte ich mich wahrscheinlich längst zur Ruhe setzen.
Im linken Diskurs findet dieses Argument aus Gründen praktisch nicht statt – ob diese Gründe auch wirklich gut sind oder nicht, lasse ich mal dahingestellt: Es will halt niemand den Eindruck erwecken, alle Menschen mit Migrationsgeschichte über denselben Kamm scheren zu wollen oder das es sich um ein in besonderem Maße kulturelles Problem handele, das gar nichts mit Deutschland zu tun habe – immerhin sind diese Leute in ihrem Leben nie woanders als in Deutschland gewesen (es sei denn, es wäre im Familienbudget mal Platz für einen ausgedehnten Urlaub gewesen). Aber was bringt denn das Verschweigen? Wenn man Argumente komplett Rechten überlässt, dann werden sie diese immer weiter rassistisch aufladen und für ganze Bevölkerungsgruppen pauschalisieren. Darauf dann nur einzuwenden, die sich daraus ergebende Präsentation des Arguments sei rassistisch, löst allenfalls Abwehrreaktionen in denjenigen aus, die sie von diesen „ausländisch aussehenden“ (eine wunderbare Wortschöpfung, die die volle Absurdität und den der Argumentation inhärenten Rassismus bereits offenbart) jungen Männern mit einigem Recht angewidert sind. Daraus ergeben sich dann Satzkonstruktionen wie das Typische „Ich bin ja kein Rassist, aber *rassistische Plattitüde einfügen*.“ oder „Das wird man ja wohl noch sagen dürfen!“. Warum sind denn diese Plattitüden dann so oft rassistisch? Weil die Menschen nur rassistisches Vokabular zur Verfügung haben, um sich mit diesen Themen auseinanderzusetzen. Und allzu oft sind sie auch intellektuell nicht in der Lage, den Unterschied zu erkennen zwischen etwas Rassistisches sagen und ein geschlossenes rassistisches Weltbild haben – aber das sind ja auch auf der Linken nicht allzu viele.
Kleiner Exkurs, damit mir niemand sagen kann, ich hätte es euch nicht erklärt: Im Deutschland der letzten 80 Jahren gab es durchgehend viele Menschen, die harte Antisemiten waren – aber bis zur Etablierung von Social Media dachten die meisten davon halt, sie wären damit weitgehend allein (weil nach 1945 ja alle Deutschen im Widerstand gegen Hitler waren) oder wollten nicht mit den jeweils gerade aktiven rechtsextremen Parteien identifiziert werden. Also hielten sie die Schnauze. Waren sie deshalb keine Antisemiten? Wohl kaum. Gleichzeitig ist nicht jeder, der Z-soße, N-küsse oder M-straßen verteidigt, gleich ein Rassist, nur weil diese Begriffe rassistisch sind – er oder sie kann auch einfach nur ein strukturkonservatives und ignorantes Arschloch sein. Und die mögen statistisch häufiger als selbstkritische Skeptiker auch gleichzeitig Rassisten sein, aber das ist kein Beweis für irgendetwas.
Und ja, wenn man so diskutiert, muss man auch fragen, woher das eigentlich kommt, sind meiner Erfahrung nach doch besonders diejenigen Menschen, die tatsächlich eine Migrationserfahrung haben, die „woanders“ sozialisiert wurden, die ersten, aber auch noch die zweiten, Generationen oft die angenehmsten Menschen, die man in diesem Land finden kann, und zwar explizit auch im Vergleich zu ihren biodeutschen Altersgenossen – die Wirtschaftsmigrantin Alice ebenso explizit ausgenommen.
An welcher Stelle ist der Karren also entgleist und vom Regen, unter Umgehung der Traufe, direkt in die Scheiße gerutscht (wie mein alter Klassenlehrer stets zu sagen pflegte)? Ich habe keine Ahnung, erkenne aber viel des unangenehmen Anspruchsdenkens der deutschen Boomer-Generation in diesen Leuten, die ihrerseits ja auch in besonderem Maße zu AfD und CDU/CSU neigt.
Was können wir tun? Sicherlich hat es auch damit zu tun, dass es diesen Opfern daran mangelt, dass ihnen von der Mehrheitsgesellschaft Anerkennung als Menschen und auch als Deutsche versagt wird. Aber Überalmanisierung durch Autofetischismus und gewaltsame Abwertung aller, die dieses Land schon einmal in Lager gesteckt hat, wird diese Anerkennung nicht erzeugen. Und ich will mich ja auch gar nicht auf „simple Antworten“ im Stile der AfD versteifen, einfach nur sagen: Diese kleinen Scheißer sollen einfach mal auf ihr verkacktes Leben klarkommen, und wenn das nicht funktioniert, dann müssen Mama und Papa vielleicht doch noch ein letztes Mal auf eine veraltete Form von Pädagogik zurückgreifen, und die Scheiße aus ihren Kackbratzen herausprügeln. Könnte ich sagen. Tu ich aber nicht. Antworten auf komplexe Fragen sind halt immer entweder selbst komplex oder eben falsch. Und jede ausreichend allgemeine Gruppe hat sowieso immer ihren Anteil an asozialen Arschlöchern: Deutschland hat seine Nazis, die Musik hat den Rap, der Journalismus hat die Springerpresse – und die migrantische Community hat minderbepimmelte 15jährige Bastarde, die auf ihre Aggressionen nicht klarkommen. Es scheinen einfach hier nur einfach besonders viele zu sein.
Festzuhalten gilt daher, nach all dem, vielleicht erst einmal nur Folgendes: Wenn diese Community – sicherlich auch mit konstruktiver Unterstützung von allen anderen – den Schmutz, den sie ihre Kinder, ihre Enkel oder ihre Brüder nennt, nicht in den Griff bekommt, wird der Boden dafür, alle anderen Nicht-Biodeutschen mit in diesen Topf zu werfen und diesen im Mittelmeer auszusetzen, nur immer größer werden, bis irgendwann auch die „woke bubble“ sich fragen wird: Warum sollten wir uns eigentlich für diese Leute einsetzen, wenn die uns doch nur wieder aggressiv beleidigen, sobald wir das Haus verlassen, wenn die uns angreifen, wenn wir den CSD feiern oder mit ihrem Stadtpanzer in die Klimademo brettern? Und irgendwann wird dann auch wieder ein Richter feststellen: Ich kenn doch diese Leute, jedesmal wenn ich vor die Tür gehe, fährt mich einer von denen aggressiv schräg von der Seite an – wenn der dann endlich mal auf die Fresse bekommt, dann ist das doch wohl nur gerecht und eben kein rassistisches Tatmotiv. Die Faschos werden sich daraufhin wieder bestärkt fühlen, dass man in Deutschland wenig zu befürchten hat, wenn man „Türken klatschen“ geht, weil es ein implizites Verständnis zu geben scheint, dass die es ja doch irgendwie verdient haben. Und dann werden anschließend auch wieder die eigentlichen Opfer auf die Straße gehen, die anständigen Leute, und sich über ebendiese rassistische Gewalt aufregen, wird erklären, dass die eigene Jugend keine Manieren habe, völlig verkommen und aggressiv sei und Tag für Tag darum bettele, die Fresse poliert zu bekommen, das liege ja irgendwie nur an der Mehrheitsgesellschaft, die sie nicht für das akzeptiert, was sie halt sind: völlig verzogene, aggressive und hart minderbepimmelte Bastarde, die Tag für Tag auf offener Straße Menschen beleidigen, in der Hoffnung, dass ihnen endlich mal jemand die Fresse poliert, um sich endlich mal wieder selbst zu spüren, und weil sie dann endlich wieder das sind, was sie dem Wesen nach und tagein tagaus eh sind: Opfer.
Und damit gebe ich das Wort an all diejenigen, die darüber eine sachlichere Diskussion führen wollen. Meinung
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