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Containerschiff am Hamburger Hafen (Archiv) © 123rf.com

Menschenrechte

EU-Parlament einigt sich auf strenges Lieferkettengesetz

Die Mehrheit der Abgeordneten im EU-Parlament hat gegen den Widerstand der Konservativen für ein strenges EU-Lieferkettengesetz gestimmt. Die EU-Regeln sind teilweise strenger als die von Deutschland. Eine Beweislastumkehr zugunsten der Opfer fehlt aber.

Sonntag, 04.06.2023, 14:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Samstag, 03.06.2023, 22:14 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Das angestrebte Lieferkettengesetz der Europäischen Union ist ein Stück näher gerückt: Die EU-Parlamentarier einigten sich am Donnerstag auf eine Position für die Verhandlungen mit den Mitgliedsstaaten. Wer in Europa wirtschaften wolle, müsse sicherstellen, „dass Rechte, die für uns normal sind, nicht an den EU-Grenzen aufhören“, sagte der EU-Abgeordnete Tiemo Wölken (SPD) nach der Abstimmung in Brüssel.

Unternehmen sollen dazu verpflichtet werden, ihre Lieferketten im Hinblick auf Kinderarbeit, Sklaverei, Ausbeutung von Arbeitskräften, Umweltverschmutzung und den Verlust von Artenvielfalt zu kontrollieren. Die Forderungen des Parlaments gehen dabei über den Vorschlag der EU-Kommission und über die Regeln des deutschen Lieferkettengesetzes hinaus.

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Kurz vor der Abstimmung im EU-Parlament drohte das geplante Lieferkettengesetz zu scheitern. Aus den Reihen der Europäischen Volkspartei (EVP), der größten Fraktion im EU-Parlament, kam massive Kritik am Entwurf. Die Abgeordneten warnten aufgrund der strengen Vorschriften vor der Abwanderung von europäischen Unternehmen aus dem globalen Süden. Auch wollten sie die Finanzindustrie ausklammern. Bei der Abstimmung sprachen sich letztlich 366 Abgeordnete für den Vorschlag und 225 dagegen aus.

Pflichten für Unternehmen ab 250 Mitarbeitern

Das Parlament fordert in seinem nun angenommenen Entwurf, dass die Sorgfaltspflichten bereits für Unternehmen ab 250 Mitarbeitern gelten. In Deutschland gelten die Pflichten derzeit für Unternehmen mit mindestens 3.000, ab 2024 für Unternehmen mit mindestens 1.000 Mitarbeitern.

Der Vorschlag des EU-Parlaments bezieht außerdem Menschen- und Umweltrechte ein. Unternehmen dürfen beispielsweise kein Trinkwasser verschmutzen. Im deutschen Lieferkettengesetz spielen umweltbezogene Risiken eine untergeordnete Rolle.

Schulze: Abstimmung großer Schritt

Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) erklärte, die Abstimmung sei ein großer Schritt auf dem Weg zu fairen Produktionsbedingungen. Auch für europäische Unternehmen sei das eine gute Nachricht. „Weil sie alle gleichermaßen an diese Sorgfaltspflichten gebunden sind, schafft die Regelung faire Wettbewerbsbedingungen in der gesamten EU.“

Viele Nichtregierungsorganisationen begrüßten die Abstimmung im Parlament ebenfalls, wie etwa Amnesty International. Das EU-Lieferkettengesetz habe „das Potenzial, ein wegweisendes Rechtsinstrument zu werden“, um Unternehmen bei Menschenrechten und Umweltschäden in die Verantwortung zu unternehmen, erklärte eine Sprecherin der Menschenrechtsorganisation.

Keine Beweislastumkehr zugunsten der Opfer

Viele Organisationen kritisierten aber, dass bei den Verhandlungen im Parlament der Vorschlag für eine Beweislastumkehr gescheitert war. Damit bleibt es dabei, dass Opfer die schädlichen Auswirkungen von Aktivitäten eines Unternehmens nachweisen müssen. „Um die Situation der betroffenen Arbeiter und Arbeiterinnen wirklich zu verbessern, müssen sie eine echte Möglichkeit bekommen, ihre Rechte auch vor deutschen Gerichten einzuklagen. Das ist so nicht der Fall“, sagte eine Sprecherin von Oxfam.

Nachdem sich das EU-Parlament auf eine Position geeinigt hat, können die Verhandlungen mit dem Rat über den endgültigen Wortlaut des Gesetzes beginnen. (epd/mig) Aktuell Wirtschaft

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