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Mevlüde-Genç-Platz in Solingen © MiGAZIN

Solingen

Posthume Ehrung für Mevlüde Genç zum 30. Jahrestag des Brandanschlags

Mevlüde Genç steht für das unermessliche Leid der Brandanschlags-Opfer von Solingen, aber auch für Versöhnung und Verständigung. 30 Jahre nach der Tat benennt die Stadt Solingen einen Platz nach der verstorbenen Friedensbotschafterin.

Von Montag, 29.05.2023, 14:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Montag, 29.05.2023, 13:34 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Posthume Ehrung für Mevlüde Genç zum 30. Jahrestag des Brandanschlags von Solingen: Ein Platz neben dem Rathaus der Stadt trägt seit Sonntag den Namen der Friedensbotschafterin, die bei dem rassistischen Anschlag vom 29. Mai 1993 in Solingen fünf Angehörige verlor. Ein blaues Straßenschild mit der Aufschrift „Mevlüde-Genç-Platz“ würdigt ihren Einsatz für ein friedliches Miteinander, für den sie unter anderem das Bundesverdienstkreuz und den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen erhielt. Bislang war der Platz nach dem Herkunftsort der Familie Genç, Mercimek in der türkischen Provinz Amasyadem, benannt.

Rund 200 Menschen nahmen am Pfingstsonntag an der Umbenennung des Platzes nach Mevlüde Genç teil, die im vergangenen Oktober im Alter von 79 Jahren starb. Mit der Umbenennung wolle die Stadt Solingen ein „Zeichen setzen gegen Rassismus und Fremdenfeindlichkeit“ und für eine Gesellschaft eintreten, in der jeder Mensch respektiert und geschützt werde, sagte Oberbürgermeister Tim Kurzbach (SPD). „Mevlüde Genç stand zu ihren Lebzeiten für Respekt, Frieden und Freundschaft.“

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„Obwohl sie in Solingen so viel Leid erfahren hat, hat sich Mevlüde Genç entschieden, ihre zweite Heimat Solingen nicht zu verlassen“, betonte Kurzbach. Sie habe „durch ihren Mut und ihre Standhaftigkeit gezeigt, dass Hass und Gewalt niemals siegen dürfen“. Nach dem Brandanschlag hatte sie die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen.

„Lasst uns Freunde sein!“

Unter dem Straßenschild wurde eine Info-Tafel aufgestellt, die auf Türkisch, Deutsch und Englisch das Wirken von Mevlüde Genç beschreibt: Sie habe sich trotz des Brandanschlags „zeit ihres Lebens für ein friedliches, tolerantes und freundschaftliches Miteinander“ eingesetzt, heißt es dort.

Enkelin Özlem Genç lobte ihre Großmutter als „beispiellose, beeindruckende, starke und großartige Frau“. Zugleich erinnerte sie an den Aufruf von Mevlüde Genç nach dem Anschlag: „Lasst uns Freunde sein!“ Dies sei ein Akt gewesen, „der Solingen, aber auch der gesamten Bundesrepublik in einem äußerst kritischen Moment half“. Nach dem Mordanschlag von Solingen war es zu Protesten und gewalttätigen Auseinandersetzungen gekommen.

Stele enthüllt

Ihre Großmutter habe „damals den Samen dafür gepflanzt, dass aus ihrem großen Leid Hoffnung für ein friedliches Zusammenleben verschiedener Kulturen wachsen kann“, betonte Özlem Genç. Zugleich dürfe aber die Tat von Solingen nicht vergessen werden: „Es darf nicht in Vergessenheit geraten, was unserer Familie und all den Opfern rechter Gewalt angetan wurde.“

Nach der Umbenennung des Platzes und einer Schweigeminute wurden rote Nelken verteilt. Angeführt von Oberbürgermeister Kurzbach und Angehörigen der Familie Genç schloss sich ein Mahngang zu der etwa einen Kilometer entfernten Baulücke an der Unteren Wernerstraße an, wo das Haus der Familie Genç gestanden hatte. Dort wurde eine Stele enthüllt, auf der sich die Porträts der fünf getöteten Mädchen und Frauen im Alter von 4 bis 27 Jahren und von „Mutter Mevlüde“ befinden.

Gebete mit Imam und Pfarrerin

In einem Gebet erinnerten der Imam der örtlichen Ditib-Gemeinde, Ali-Rıza Yılmaz, und die Vorsitzende der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen in Solingen, die evangelische Superintendentin Ilka Werner, an die Opfer. Imam Yılmaz bat Allah um „Kraft, dem leichten Weg des Hasses zu widersprechen und gemeinsam für Toleranz und Akzeptanz einzustehen“.

Werner sprach ein Psalmgebet nach dem biblischen Psalm 57 und drückte damit „Trauer und Entsetzen, aber auch Erinnerung und Hoffnung auf Gottes Erbarmen“ aus. „Wir erinnern uns an Hoyerswerda, Hünxe, Rostock, Mölln und Solingen“, sagte die evangelische Theologin und weitete damit den Blick auf die ganze Reihe rechtsextrem motivierter Anschläge und Ausschreitungen in Deutschland Anfang der 90er Jahre. (epd/mig) Aktuell Panorama

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