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Richterpult (Symbolfoto)

Tatmotiv weiter offen

Prozessbeginn nach Brand von Flüchtlingsunterkunft Groß Strömkendorf

Er hatte sich an den Löscharbeiten beteiligt, jetzt steht der Feuerwehrmann wegen des Vorwurfs der schweren Brandstiftung vor Gericht. Der 32-Jährige soll das Feuer in der Flüchtlingsunterkunft Groß Strömkendorf bei Wismar vor gut einem halben Jahr gelegt haben.

Von Donnerstag, 11.05.2023, 18:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 11.05.2023, 14:51 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Fast sieben Monate nach dem Brand einer Flüchtlingsunterkunft für Ukrainer in Groß Strömkendorf bei Wismar (Kreis Nordwestmecklenburg) hat der Prozess gegen einen tatverdächtigen Feuerwehrmann am Landgericht Schwerin begonnen. Die Staatsanwaltschaft in Schwerin wirft dem 32-Jährigen Brandstiftung in insgesamt sieben Fällen vor, eine sich steigernde Brandserie zwischen Anfang Mai bis zum 19. Oktober 2022. Ein Motiv nannte der Staatsanwalt am Mittwoch nicht. Wie ein Sprecher des Landgerichts Schwerin im Anschluss an die Verhandlung sagte, drohen dem Angeklagten bei einer Verurteilung bis zu zehn Jahre Gefängnis.

Die Unterkunft für zu diesem Zeitpunkt noch 14 Menschen aus der Ukraine und ihre drei Betreuer steht am Ende dieser Reihe. Das reetgedeckte Gebäude des ehemaligen Hotels „Schäfereck“ brannte bis auf die Grundmauern nieder, die Bewohner konnten das Haus rechtzeitig verlassen. Der Gesamtschaden wird mit 8,7 Millionen Euro angegeben.

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Spekulationen über rechtsextremen Hintergrund

Der Brand nahe der Ostseeinsel Poel hatte zunächst für Spekulationen gesorgt, die Tat könne einen politischen Hintergrund haben. Das vor der Unterkunft platzierte Schild des Deutschen Roten Kreuzes war zuvor mit einem Hakenkreuz beschmiert worden. Unter anderem dieser Umstand sorgte für bundesweite Beachtung: Am Tag nach dem Feuer besuchte Bundesinnenministerin Nancy Faeser gemeinsam mit Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (beide SPD) Brandort.

Die Bürger vor Ort sahen sich in ein falsches Licht gerückt. Ausgeschlossen wurde die Möglichkeit eines rechten Tatmotivs durch die Ermittler erst nach der Festnahme des Tatverdächtigen Mitte November. Es gebe keine staatsschutzrelevanten Erkenntnisse, hieß es von Oberstaatsanwältin Claudia Lange von der Staatsanwaltschaft Schwerin. Bisherigen Angaben nach bestreitet der Mann die Tat. Er hatte sich an den Löscharbeiten beteiligt. Die Ruine in Groß Strömkendorf ist inzwischen weitgehend abgerissen.

Indizienprozess erwartet

Die dem Mann darüber hinaus zur Last gelegten Taten betreffen in der Mehrzahl Waldbrände sowie einen Schuppen und ein Wohnhaus. Das Feuer am Wohnhaus soll nur etwas über eine Woche vor dem Brand der Flüchtlingsunterkunft gelegt worden sein, es entstand ein Schaden von rund 500.000 Euro.

Laut dem Gericht sind bisher noch weitere sechs Verhandlungstage angesetzt, ob diese ausreichen werden, sei jedoch unklar. Die Verteidigung rechnet mit einem sehr technischen Prozess, der sich weitgehend auf Indizien stützen wird.

Angeklagter schweigt zu Tatvorwürfen

In der Verhandlung am Mittwoch wollte sich der Angeklagte zunächst nicht zu den Tatvorwürfen äußern, er machte jedoch Angaben zu seiner Person. Seiner Darstellung nach wurde er sowohl durch den leiblichen Vater wie auch – nach dessen Tod – durch weitere Lebensgefährten der Mutter mit Alkoholmissbrauch konfrontiert. Die Feuerwehr war zunächst nur Hobby, nach einem schweren Arbeitsunfall in seinem Lehrberuf habe er jedoch begonnen, auch hauptberuflich für die Werksfeuerwehr der ehemaligen MV-Werften zu arbeiten. Damit habe er sein Hobby zum Beruf gemacht, sagte der Angeklagte.

Darüber hinaus war er weiter in der Freiwilligen Feuerwehr aktiv und wollte sich dort eigenen Aussagen nach auch stärker engagieren. Geplant gewesen sei sowohl ein Lehrgang zum Ausbilder wie auch zum Zugführer. In seinem Wohnort Blowatz – zu dem auch Groß Strömkendorf gehört – wollte er sich zudem als Wehrführer zur Wahl stellen. (dpa/mig) Aktuell Panorama

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