No-go-Area

Brandenburger Touristiker nach rechten Vorfällen gegen Schüler in Sorge

Ermittlungen zu rassistischen Beleidigungen in einer Ferienanlage und Vorfällen an einer Schule in Brandenburg schlagen Wellen. Leidet das Image des Landes als Reiseziel? Kommt die Debatte um No-go-Areas zurück? Absagen beklagen Touristiker bislang nicht, doch Besorgnis ist zu spüren.

Von Donnerstag, 11.05.2023, 17:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 11.05.2023, 14:36 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Nach rassistischen Anfeindungen gegen Berliner Schüler in einem Feriencamp und Vorfällen an einer Schule in Brandenburg gibt es in der Tourismusbranche Sorgen, dass das Image des Reiselandes Schaden nehmen kann. Von Reise-Absagen berichteten Touristiker bislang aber nicht. Einzelne Politiker sehen ein Aufflammen der Debatte um No-go-Areas – also Angstzonen – und brachten die Frage nach der Sicherheit in manchen Regionen Brandenburgs auf.

Beratungsstellen für Betroffene rechter Übergriffe äußern sich zurückhaltend dazu. Ängste von Menschen mit Zuwanderungsgeschichte, die fragten, ob sie manche Orte in Brandenburg meiden sollten, gebe es durchaus, sagte Anne Brügmann von der Beratungsstelle Opferperspektive in Potsdam der dpa. Das sei aber keine neue Entwicklung. Rassistische Angriffe seien „kein Spezifikum“ für Brandenburg und Ostdeutschland, es gebe solche Fälle auch in Berlin oder Hamburg, sagte Brügmann.

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Bundespräsident: Geschehen nicht kleinreden

Auf die Brandenburger Fälle reagierte nun auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. „Es ist wichtig, dass die Geschehnisse nicht mehr verschwiegen oder klein geredet werden“, sagte er dem Nachrichtenmagazin „Stern“ am Mittwoch. „Die Verherrlichung der Nazi-Verbrechen, rassistischer Hass auf andere Menschen, Mobbing und Gewalt – all das kann niemals Normalität sein.“

Die Landesgruppe Brandenburg in der SPD-Bundestagsfraktion teilte am Donnerstag mit Blick auf den Fall in Burg mit: „Der Fall in Südbrandenburg ist kein Einzelfall, aber auch kein Alleinstellungsmerkmal: Rechtsextremismus und rechte Jugendgewalt an Schulen sind ein landes- sowie bundesweites Problem, was wir nur gemeinsam bekämpfen.“

Rechtsextremismus schadet dem Land

Die Sprecherin der Tourismus-Marketing Brandenburg GmbH (TMB) in Potsdam, Birgit Kunkel, sagte zu möglichen Folgen rechtsextremer und rassistischer Vorfälle für das Image, solches Verhalten schade dem Land. Sie habe aber keine Kenntnis von Stornierungen, es gebe bislang auch nicht viele beunruhigte Reaktionen. „Aber wir wissen natürlich nicht, wie viele Menschen sich gegen eine Buchung entscheiden.“

Es sei bisher eine Anfrage bei ihr eingetroffen, in der jemand wissen wollte, ob es in Brandenburg eine Karte mit einer Verteilung rechter Übergriffe gebe, sagte Kunkel. Sie betonte auch: „Man darf das Land nicht über einen Kamm scheren, da tut man vielen Unrecht.“ Auch laut Tourismusverband im Spreewald löste der Fall in Burg keine Reisestornierungen aus.

Bislang keine Absagen

Der Fachverband für Kinder- und Jugendreisen in Berlin und Brandenburg mahnte, es dürfe nicht zu Vorverurteilungen kommen. Der stellvertretende Vorsitzende des Verbandes, Manuel Hammer, sagte, bislang kenne er keine Fälle, die mit dem in der Ferienanlage am Frauensee (Kreis Dahme-Spreewald) vergleichbar seien. „So ne extreme Sache haben wir noch nicht gehabt.“

Hammer ist selber Reiseveranstalter für Kinder- und Jugendreisen und bietet auch Aufenthalte in der Ferienlage in Heidesee an. Bislang habe er keine Absagen von Klassenfahrten und anderen Jugendreisen registriert. Stornierungen gebe es nicht. „Aber natürlich haben wir auch Angst, dass wir davon einen Schaden tragen“, sagte Hammer.

Schüler rassistisch beleidigt

Die Schülerinnen und Schüler einer zehnten Klasse aus Berlin, größtenteils mit Migrationshintergrund, wollten in einer Ferienanlage am Frauensee ein Mathe-Camp durchführen. In der Nacht zum Sonntag sollen sie von anderen Gästen der Einrichtung rassistisch beleidigt worden sein. Sie reisten daraufhin ab. Der Staatsschutz ermittelt wegen Volksverhetzung und Bedrohung.

Der Grünen-Bundestagsabgeordnete Stefan Gelbhaar sagte am Dienstag laut Mitteilung: „Die Debatte um Brandenburger No-go-Areas für Berlinerinnen und Berliner ist damit wieder da.“ Der Berliner SPD-Abgeordnete Marcel Hopp teilte mit: „Wenn Schülerinnen und Schüler mit Migrationsgeschichte sich nicht sicher fühlen können, stellt das die jeweiligen Regionen als Reiseziele zunehmend infrage.“

Debatte über No-go-Areas

Eine Debatte über No-go-Areas hatte es vor vielen Jahren gegeben. Im Jahr 2006 zur Fußball-WM hatte etwa der ehemalige Sprecher der rot-grünen Bundesregierung vor ausländerfeindlichen Gegenden in Brandenburg und anderswo in Ostdeutschland gewarnt.

Der Verein Opferperspektive teilte im März mit, dass er 138 rechte Übergriffe im Jahr 2022 in Brandenburg gezählt habe. Ein Jahr zuvor seien es 150 gewesen. Schwerpunkte waren demnach Cottbus (19 Fälle) und die Landkreise Märkisch-Oderland (17) und Ostprignitz-Ruppin (12). In diesen Regionen nahm die Zahl rechter Angriffe im Vergleich zum Vorjahr zu. Dabei sind auch Angriffe gegen politische Gegner und Attacken bei Protesten gegen Corona-Maßnahmen berücksichtigt. (dpa/mig) Aktuell Panorama

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