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Frankfurter Polizeirevier © MiG

Hessen

Gericht lehnt Anklage zu rechtsextremer Chatgruppe von Polizisten ab

Das Landgericht Frankfurt hat die Anklage gegen Polizisten wegen rechtsextremen Chats abgelehnt. Die Beamten waren im Zuge der Ermittlungen zu den „NSU 2.0“-Drohschreiben aufgedeckt worden. Die Staatsanwaltschaft hat Beschwerde beim OLG erhoben.

Mittwoch, 01.03.2023, 18:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Mittwoch, 01.03.2023, 15:10 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Im Verfahren um eine Chatgruppe Frankfurter Polizisten mit rechtsextremen Inhalten hat das Landgericht Frankfurt die Anklage der Staatsanwaltschaft nicht zugelassen. Die Eröffnung der Hauptverhandlung sei mit einem Beschluss vom 13. Februar abgelehnt worden, teilte ein Gerichtssprecher am Mittwoch mit. Zuvor hatten mehrere Medien darüber berichtet.

Zur Ablehnung der Anklage teilte der Sprecher mit, die Strafkammer habe eine Verbreitung der Inhalte nicht als gegeben angesehen, da es sich um eine geschlossene Chatgruppe gehandelt habe. Auch wurde demnach kein hinreichender Tatverdacht wegen Volksverhetzung und anderer Delikte gesehen.

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Gericht: Chat von Meinungsfreiheit gedeckt

Eine Sprecherin der Staatsanwaltschaft sagte, die Anklagebehörde habe sofortige Beschwerde gegen die Entscheidung des Gerichts erhoben. Mit dieser Beschwerde befasst sich nun die Frankfurter Generalstaatsanwaltschaft, die in den kommenden Wochen eine Bewertung zu dem Fall abgibt. Danach entscheidet das Oberlandesgericht über die Beschwerde.

Die Staatsanwaltschaft gehe davon aus, dass das Verbreiten von rechtsextremistischen und menschenverachtenden Chats aus der Gruppe heraus an einen weiteren Personenkreis möglich gewesen sei, sagte Niesen. Das Landgericht hatte die Ablehnung der Anklage damit begründet, dass der interne Austausch der Chats vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt sei. Das notwendige Merkmal der Verbreitung sei in der geschlossenen Gruppe von jeweils weniger als zehn Mitgliedern nicht gegeben gewesen.

Beuth: Entscheidung der unabhängigen Justiz

„Das ist am Ende eine Entscheidung der unabhängigen Justiz“, sagte der hessische Innenminister Peter Beuth (CDU) über die Nichtzulassung der Anklage. Die Inhalte, die in der Chatgruppe geteilt worden sind, seien „völlig inakzeptabel“ und hätten „keinen Boden auf der hessischen Polizei“, betonte der Minister. „Die sind mit den Werten der hessischen Polizei an keinem Punkt vereinbar.“

Beschäftigte der Polizei, die Bilder aus der Chatgruppe zu Schulungszwecken gesehen hätten, seien erschüttert gewesen von dem, was die Kollegen dort geteilt hätten, sagte Beuth. „Das ist mit den Werten der hessischen Polizei nicht übereinzubringen.“ Er verwies auf Bemühungen des Landes Hessen, auf Bundesebene Gesetze zu verschärfen. Demnach sollen volksverhetzende Aussagen von Beamten im Gesetz schärfer beurteilt werden können. Dies sei bislang nicht umgesetzt, der Ball liege bei der Bundesinnenministerin, sagte Beuth.

Chatgruppe zufällig aufgedeckt

Die Chatgruppe von Beamten des ersten Frankfurter Polizeireviers war im Zusammenhang mit den Ermittlungen zu den „NSU 2.0“-Drohschreiben zufällig aufgedeckt worden. Die Frankfurter Rechtsanwältin Seda Başay-Yıldız und ihre Familie waren im August 2018 mit dem Tode bedroht und rassistisch beleidigt worden. Die Ermittlungen ergaben, dass persönliche Daten der Juristin, die öffentlich nicht zugänglich waren, kurz vor Eintreffen des ersten Drohschreibens von einem Polizeicomputer in dem Revier abgerufen worden waren. Bei den weiteren Nachforschungen stießen die Ermittler auch auf die Chatgruppe.

Als Verantwortlicher für die Drohschreiben, die sich später unter anderem auch gegen Politikerinnen und Frauen des öffentlichen Lebens richteten, war ein Mann aus Berlin im vergangenen November zu mehrjähriger Haft verurteilt worden. Die Nebenklageanwältinnen von Başay-Yıldız hatten wiederholt angezweifelt, dass er auch für das erste Drohschreiben verantwortlich war und weitere Ermittlungen gefordert. (dpa/epd/mig) Aktuell Panorama

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