Lübcke-Mord

Rhein: Rechtsstaat hat funktioniert

Nach Überzeugung des hessischen Ministerpräsidenten Rhein hätte der Mord an Walter Lübcke nicht verhindert werden können. Das erklärte er vor dem Untersuchungsausschuss – und überzeugte nicht. SPD und Linke werfen ihm und dem Verfassungsschutz eklatante Fehler vor.

Sonntag, 22.01.2023, 16:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 22.01.2023, 12:02 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Der Mord an Walter Lübcke im Juni 2019 hätte laut dem hessischen Ministerpräsidenten Boris Rhein (CDU) nicht verhindert werden können. Vor dem Untersuchungsausschuss des Wiesbadener Landtags zum Fall Lübcke sagte Rhein am Freitag, es habe keinerlei Hinweise auf Pläne für eine solche oder andere Straftaten gegen den Kasseler Regierungspräsidenten gegeben. Den Ausschuss überzeugte Rhein nicht.

Der Untersuchungsausschuss war eingesetzt worden, um mögliche Fehler der Sicherheitsbehörden vor den Todesschüssen des Rechtsextremisten Stephan Ernst auf Lübcke vor dessen Privathaus in Wolfhagen bei Kassel aufzuklären. Rhein sagte, wie andere habe auch er sich immer wieder gefragt, ob der Mord an Lübcke hätte verhindert werden können. Auch nach den zwischenzeitlichen Erkenntnissen des Untersuchungsausschusses komme er aber zu dem Schluss, dass nicht der Fall sei.

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Rhein überzeugt Ausschuss nicht

Immerhin habe die schnelle Festnahme der Täter gezeigt: „Der Rechtsstaat funktioniert“, sagte Rhein. Er könne sich nicht erinnern, dass er während seiner Tätigkeit im Innenministerium einen Bericht zu Ernst oder Markus H. erhalten habe. Auch Kenntnisse über die erst nach seiner Amtszeit erfolgte Sperrung der Personenakte des späteren Mörders habe er nur aus den Medien. Der hessische Ministerpräsident sagte, der Mord an Lübcke habe ihn tief erschüttert, zumal er zusammen mit ihm 1999 als CDU-Landtagsabgeordneter angefangen und seitdem freundschaftliche Beziehungen mit seinem Parteifreund gepflegt habe.

Überzeugen konnte Rhein die Ausschussmitglieder mit seinen Aussagen nicht. „Im Landesamt mangelte es an vielem, seien es Kapazitäten für eine nachrichtendienstliche Analyse oder ein professionelles Informationsmanagement. Und auch ein Herr Rhein hat während seiner Amtszeit daran nichts geändert“, erklärte SPD-Obmann Günter Rudolph. Die Verantwortlichen suchten die Verantwortung „überall“, „nur nicht im eigenen Haus“. Insbesondere die zentrale Frage des Untersuchungsausschusses, wie Stephan Ernst vom Radar der Sicherheitsbehörden verschwinden konnte, blieb auch heute leider unbeantwortet“, beklagte Rudolph.

Linksfraktion: Verfassungsschutz viel zu viel entgangen

Kritik erntete Rhein auch vom Obmann der Linksfraktion, Torsten Felstehausen: „Zur Erhellung der Vorgänge im Landesamt während seiner Amtszeit als Innenminister konnte Boris Rhein heute überraschend wenig beitragen.“ Rheins Aussage, Ernst sei nie vom Schirm des Verfassungsschutzes verschwunden, sei nicht haltbar. Dem Verfassungsschutz sei vieles entgangen, kritisierte Felstehausen. „Viel zu viel, wenn er als Frühwarnsystem dienen soll.“

Mit der Vernehmung Rheins als Zeuge trat der Untersuchungsausschuss in die Schlussphase seiner Beweisaufnahme ein. Das Gremium will rechtzeitig vor der nächsten Landtagswahl bis zum Sommer seinen Abschlussbericht vorlegen. Hauptthema in dem Ausschuss ist die Frage, warum die Akte über Ernst trotz Erkenntnissen des Verfassungsschutzes über den Rechtsextremisten 2015 geschlossen wurde, weil es fünf Jahre keine neuen Hinweise über ihn mehr gegeben habe. Rhein war von 2009 bis 2014 erst Staatssekretär und dann Ressortchef im hessischen Innenministerium und damit auch für den Verfassungsschutz zuständig. (epd/mig) Aktuell Panorama

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