30 Jarhe Mölln
Experte kritisiert Festhalten an „deutschem Leitbild“
Die Politik hat sich nach Ansicht des Sozialwissenschaftlers Virchow bisher nicht entschieden genug von der Vorstellung eines ‚deutschen Leitbildes‘ verabschiedet und keine überzeugende Antwort auf Rassismus gefunden – im Gegenteil: Teilweise stützten sie Bedrohungswahrnehmungen sogar.
Von Nicole Kiesewetter Montag, 21.11.2022, 19:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 22.11.2022, 6:16 Uhr Lesedauer: 1 Minuten |
Die demokratischen Parteien haben nach Ansicht des Sozialwissenschaftlers Fabian Virchow bisher keine überzeugende Antwort auf Rassismus und rechte Gewalt in der deutschen Gesellschaft gefunden. „Es gibt dazu keine systematisch geführte Diskussion und langfristige angelegte Strategie“, sagte Virchow, der an der Hochschule Düsseldorf Leiter des Forschungsschwerpunkts Rechtsextremismus/Neonazismus ist.
Ein Blick auf die letzten Jahrzehnte zeige, „diese Phänomene haben uns immer begleitet“, sagte der Professor für Theorien der Gesellschaft und politischen Handelns. Die Anschläge von Hanau und Halle, die Mordserie des NSU, die Ausschreitungen von Rostock-Lichtenhagen und Erfurt, das Oktoberfest-Attentat von 1980, die Brandanschläge von Mölln und Solingen seien nur die bekanntesten Beispiele.
Virchow zufolge ist der „gemeinsame Nenner“ der rechtsextremen Täter die Ansicht, „dass es ein Deutschsein gegen Bedrohungen zu verteidigen gilt“. Dabei würden die Täter vom Prinzip her keinen Unterschied machen, ob ihr Anschlag einer jahrelang ansässigen türkischstämmigen Familie gelte, wie am 23. November vor 30 Jahren in Mölln, oder Geflüchteten in Notunterkünften.
Politik stützt „Bedrohungswahrnehmung“
Zwar gebe es viele Programme gegen rechts und sehr engagierte Initiativen und Menschen. „Aber die Politik hat sich nicht entschieden genug von der Vorstellung eines ‚deutschen Leitbildes‘ verabschiedet“, kritisiert Virchow. Solange Politikerinnen und Politiker wiederkehrend Migration für Probleme in der Gesellschaft verantwortlich machten, stützten sie die „Bedrohungswahrnehmung“ von Teilen der Bevölkerung.
Mit einer Gedenkfeier soll am 23. November in Mölln (Kreis Herzogtum-Lauenburg) an die rechtsradikalen Brandanschläge vor 30 Jahren erinnert werden. Bei dem Brandanschlag am 23. November 1992 hatten Skinheads Molotow-Cocktails in zwei Häuser geworfen, in denen türkische Familien wohnten. Die 51-jährige Bahide Arslan, ihre Enkelin Yeliz (10) und ihre Nichte Ayse (14) starben. Neun weitere Menschen wurden zum Teil schwer verletzt. (epd/mig) Aktuell Politik
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