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Eine Familie an Bord der Sea-Watch 4 (Archiv) © Twitter/@seawatchcrew

Deutschland zurückhaltend

Hunderte Geflüchtete harren weiter auf Mittelmeer aus

Hunderte Geflüchtete haben die Schiffe privater Hilfsorganisationen in den vergangenen Tagen im Mittelmeer gerettet. Einige von ihnen konnten nun in Italien an Land gehen - doch viele Menschen müssen vorerst auf den Schiffen bleiben, darunter erkältete Kinder. Die Bundesregierung zeigt sich zurückhaltend.

Montag, 07.11.2022, 20:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Dienstag, 08.11.2022, 8:28 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Hunderte Flüchtlinge, die von Hilfsorganisationen im Mittelmeer gerettet wurden, müssen weiter auf dem Mittelmeer ausharren. Zwar konnten sowohl von der „Humanity 1“ als auch von der „Geo Barents“ einige der aus Seenot geretteten Menschen in Italien an Land gehen. Doch 214 Personen an Bord der von „Ärzte ohne Grenzen“ betriebenen „Geo Barents“ durften das Schiff am Montag vorerst nicht verlassen, wie eine Sprecherin der Hilfsorganisation dem „Evangelischen Pressedienst“ mitteilte. Auch auf der „Humanity 1“ wurde Dutzenden im Mittelmeer geretteten Flüchtlingen und Migranten der Gang an Land zunächst verwehrt.

Die Crew der „Geo Barents“ hatte zwischen dem 27. und 29. Oktober 572 Flüchtlinge und Migranten im Mittelmeer gerettet und seitdem auf die Zuweisung eines Hafens gewartet. Am Sonntag hätten zunächst 357 Menschen das Schiff in Catania verlassen, sagte die Sprecherin von „Ärzte ohne Grenzen“. In der Nacht auf Montag sei eine weitere Person wegen Unterleibsschmerzen evakuiert worden.

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Auch von der „Humanity 1“ durften lediglich 144 der 179 geretteten Flüchtlinge in Catania an Land gehen. 35 Schutzsuchende mussten somit nach Angaben der deutschen Organisation „SOS Humanity“ an Bord bleiben. Am Montag habe die Organisation rechtliche Schritte eingeleitet, „um die Ausschiffung zu vollenden“, sagte ein Sprecher von „SOS Humanity“.

Erschöpfte und erkältete Kinder an Bord

Die „Ocean Viking“ des internationalen Verbundes „SOS Méditerranée“ wartete am Montagmittag derweil weiter auf einen Hafen für alle der mehr als 230 im Mittelmeer geretteten Flüchtlinge. Auch „Mission Lifeline“ forderte abermals einen Hafen für 95 Flüchtlinge und Migranten auf der „Rise Above“. „Die Stimmung an Bord ist gedrückt“, erklärte die Dresdner Organisation auf Twitter. Die Menschen seien erschöpft, Kinder erkältet und psychisch angeschlagen.

Bereits in der Vergangenheit mussten im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge und Migranten immer wieder tagelang warten, bis sie einen Hafen in Europa zugewiesen bekommen. Es wird befürchtet, dass die neue rechtsgerichtete Regierung in Italien den Kurs gegen die privaten Seenotrettungsorganisationen verschärft.

Bundesregierung zurückhaltend

Die Bundesregierung äußerte sich am Montag zurückhaltend zu der Frage, ob Deutschland weitere Gerettete aufnehmen werde. Ein Sprecher des Innenministeriums wies auf laufende Gespräche hin und darauf, dass Deutschland bereits über den im Juni vereinbarten gemeinsamen Solidaritätsmechanismus 3.500 Menschen aufnehme, die über das Mittelmeer nach Europa gekommen seien. Mitte Oktober habe es einen ersten Transfer aus Italien mit 74 Asylsuchenden gegeben. Zugleich mahnte eine Sprecherin des Auswärtigen Amtes an, dass die zivile Seenotrettung nicht behindert werden dürfte. Es sei eine moralische und rechtliche Verpflichtung, Menschen in Seenot nicht ertrinken zu lassen.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Hakan Demir mahnte Unterstützung für die Flüchtlinge an. „Es ist sehr wichtig, dass wir den Menschen auf den Rettungsschiffen jetzt schnell helfen“, sagte der stellvertretende Sprecher der SPD-Arbeitsgruppe Migration und Integration. Gleichzeitig seien „einzelne Aufnahmen langfristig keine Antwort auf das Problem der Verteilung Geflüchteter innerhalb der EU“. Es brauche eine „solidarische europäische Geflüchtetenpolitik“.

Das Mittelmeer zählt zu den gefährlichsten Fluchtrouten weltweit. Nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) kamen bei dessen Überquerung in diesem Jahr bereits 1.891 Flüchtlinge und Migranten ums Leben oder werden vermisst. Die Dunkelziffer dürfte viel höher liegen. (epd/mig) Leitartikel Panorama

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