Entwicklungspolitik
Schulze: „Es reicht nicht, Getreidesäcke und Wassertanks zu liefern“
Lokaler Anbau statt Weizenlieferungen: Im Kampf gegen den weltweiten Hunger will Entwicklungsministerin Schulze die Importabhängigkeit ärmerer Länder verringern. Für zusätzlichen Druck könnten nun die hohen Preise für Dünger sorgen.
Donnerstag, 20.10.2022, 16:10 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 20.10.2022, 15:13 Uhr Lesedauer: 2 Minuten |
Bundesentwicklungsministerin Svenja Schulze (SPD) hat vor einer weiteren Zunahme des weltweiten Hungers gewarnt. Es sei bereits heute absehbar, „dass sich die Ernährungskrise höchstwahrscheinlich im nächsten Jahr verschärfen wird“, sagte Schulze am Donnerstag in Berlin. Um dem entgegenzuwirken, setze die Bundesregierung gemeinsam mit dem UN-Welternährungsprogramm WFP auf den Aufbau funktionierender Ernährungssysteme in den betroffenen Ländern. „Es reicht nicht, Getreidesäcke und Wassertanks zu liefern“, sagte Schulze. Um ihr Ziel zu erreichen, weitet die Bundesregierung nach eigenen Angaben die Zusammenarbeit mit der UN-Organisation in 27 Ländern aus, darunter in Mali, Äthiopien und Afghanistan.
Schulze sagte, dass viele ärmere Länder zu abhängig von Lebensmittelimporten seien. „Die Antwort muss eine Politik sein, die Entwicklungsländer wieder stärker zu Produzenten macht.“ Um kommende Hungerkrisen abzumildern und möglichst zu vermeiden, müssten Entwicklungsländer selbst Lebensmittel anpflanzen, „die an die veränderten klimatischen Bedingungen angepasst sind“. Laut Entwicklungsministerium sollen unter anderem der lokale Anbau und effizientere Bewässerungstechniken gefördert werden.
Inflation, Corona, Krieg
Die hohen Lebensmittelpreise, die Corona-Pandemie, der Schuldenstand vieler Entwicklungsländer sowie der Ukraine-Krieg seien eine „gefährliche Mischung, die weltweit Millionen Menschen in den Hunger treibt“, sagte die Ministerin. Kommende Ernten seien durch die steigenden Preise für Dünger gefährdet. „In vielen Ländern Afrikas wird Düngermangel voraussichtlich zu einem deutlichen Produktionsrückgang führen“, warnte Schulze.
Auch der Direktor des World Food Programmes (WFP), David Beasley, sprach von einer „noch nie dagewesenen Krise“. Bereits vor dem russischen Angriff auf die Ukraine sei die Situation besorgniserregend gewesen, sagte Beasley. Es drohe die schlimmste humanitäre Krise seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges. Die Bundesregierung unterstützt die UN-Organisation in diesem Jahr nach eigenen Angaben mit 530 Millionen Euro, so viel wie nie zuvor.
Wieder mehr Hungernde
Nach jahrelangen Fortschritten nimmt die Zahl der Hungernden weltweit seit einigen Jahren wieder zu. Nach Angaben des Welternährungsprogramms sind 345 Millionen Menschen akut von Hunger bedroht, fast 200 Millionen mehr als Anfang 2020. Auch die Zahl der chronisch unterernährten Menschen steigt. Als Ursache gelten die gestiegenen Preise für Lebensmittel, Konflikte sowie der Ukraine-Krieg. Auch der Klimawandel verschärft die Ernährungslage in vielen Regionen. So sind etwa am Horn von Afrika bis zu 20 Millionen Menschen wegen einer verheerenden Dürre von Ernährungsunsicherheit bedroht.
In diesem Zusammenhang gab die Bundesregierung am Donnerstag bekannt, ihre internationale Klimafinanzierung 2021 deutlich gesteigert zu haben. Wie das Entwicklungsministerium mitteilte, wurden für Klimaprojekte in Schwellen- und Entwicklungsländern im vergangenen Jahr 5,34 Milliarden Euro aus Haushaltsmitteln zur Verfügung gestellt. Damit sei ein neues Höchstniveau erreicht. Die Industriestaaten haben auf der Pariser Klimakonferenz 2015 versprochen, von 2020 bis 2025 jährlich 100 Milliarden US-Dollar an staatlichen und privaten Mitteln für Klimaschutz und Anpassung in Entwicklungsländern bereitzustellen. (epd/mig) Aktuell Politik
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