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Gedenkstätte Bergen-Belsen © Marga en Johan van de Merwe @ flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

Gedenken an Befreiung

Roth: Bergen-Belsen war „eine Hölle, eingerichtet von Menschen“

Rund 52.000 Menschen kamen im früheren KZ Bergen-Belsen ums Leben. Die Bilder von ausgemergelten Häftlingen und Tausenden von Toten gingen um die Welt. Jetzt erinnerten Überlebende an das Grauen von damals und an die Befreiung vor 77 Jahren.

Sonntag, 04.09.2022, 19:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 04.09.2022, 16:22 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) hat die Deutschen aufgefordert, sich der schmerzvollen geschichtlichen Wahrheit über die NS-Verbrechen in den Konzentrationslagern zu stellen. Wer diese Wahrheit nicht sehen wolle oder gar leugne, handele nicht nur verantwortungslos, sondern stelle sich im Nachhinein auf die Seite der Täter, sagte Roth am Sonntag bei einer Gedenkzeremonie zur Befreiung des KZ Bergen-Belsen bei Celle vor 77 Jahren: „Bergen-Belsen war eine Folterstätte, eine Hölle eingerichtet von Menschen.“

Skrupellose nationalsozialistische Schergen hätten dort unschuldige Mitmenschen gequält und ermordet, betonte Roth. Wer diese Verbrechen vergessen wolle, bleibe der Vergangenheit ausgeliefert: „Wir blieben ahnungslos und wären verdammt zu wiederholen, wovor wir uns doch fürchten.“

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An dem Gedenken an die Befreiung des Lagers vor 77 Jahren nahmen rund 60 Überlebende aus 13 Ländern teil, dazu etwa 100 Angehörige. Die Überlebenden waren als Kinder im KZ Bergen-Belsen inhaftiert und sind heute zum großen Teil über 80 Jahre alt. Viele von ihnen wollten bereits zum 75. Jahrestag der Befreiung des Lagers am 15. April 2020 anreisen. Diese Feier wurde aber wegen der Corona-Pandemie mehrfach verschoben.

„Endstation der deutschen Vernichtungsmaschinerie“

Die Überlebenden kamen unter anderem aus Israel, Großbritannien, Frankreich, Kanada und Polen sowie aus den USA, der Schweiz und der Slowakei. Bei der Zeremonie unter freiem Himmel legten sie an der Inschriftenwand der Gedenkstätte Blumen und Kränze und nach jüdischer Tradition auch kleine Steine zur Erinnerung an die Toten nieder.

„Bergen-Belsen war die Endstation der deutschen Vernichtungsmaschinerie“, sagte Roth. Mit dem Rückzug der Wehrmacht aus den Todeslagern in Osteuropa seien viele KZ-Häftlinge immer weiter nach Westen getrieben worden. So hätten die Deutschen spätestens 1944 mitbekommen, was in den Lagern geschehen war: „Sie sahen die Elendsgestalten, die durchs Land zogen.“ Doch nur wenige hätten den Mut gehabt, ihnen wenigstens ein Stück Brot zuzustecken. Bei der Befreiung des Lagers am 15. April 1945 hätten britische Soldaten Tausende zum Skelett abgemagerte todkranke Menschen sowie Leichen vorgefunden. All das sei auf Filmen festgehalten.

Eine „auf Dauer gestellte Demokratieaufgabe“

Info: Bergen-Belsen ist bis heute weltweit ein Symbol für die Verbrechen der Deutschen in der NS-Zeit. Die Wehrmacht errichtete 1940 rund 60 Kilometer nordöstlich von Hannover ein Kriegsgefangenenlager. Im April 1943 übernahm die SS Teile des Geländes für ein Konzentrationslager. In Bergen-Belsen starben mehr als 52.000 KZ-Häftlinge und rund 20.000 Kriegsgefangene. Am 15. April 1945 befreiten britische Truppen das Lager. Sie fanden Tausende unbestattete Leichen und Zehntausende todkranke Menschen vor.

Für den Zentralrat der Juden in Deutschland betonte Vizepräsident Mark Dainow, dass trotz des Holocaust nach 1945 wieder ein vielfältiges jüdisches Leben auf deutschem Boden entstanden sei. „Das symbolisiert den Überlebenswillen des jüdischen Volkes.“ Staatssekretärin Gaby Willamowius vom niedersächsischen Kultusministerium sagte, das Gedenken an den Holocaust sei für die deutsche Gesellschaft eine „auf Dauer gestellte Demokratieaufgabe“.

In Bergen-Belsen kamen insgesamt mehr als 52.000 KZ-Häftlinge und rund 20.000 Kriegsgefangene ums Leben. Zu den Todesopfern gehörte das jüdische Mädchen Anne Frank, deren Tagebuch weltbekannt wurde. Am Dienstag wollen der israelische Staatspräsident Jitzchak Herzog und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier die Gedenkstätte besuchen. (epd/mig) Aktuell Feuilleton

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