Israel, Fahne, Flagge, Staat, David Stern
Israel © Zachi Evenor @ flickr.com (CC 2.0), bearb. MiG

Studie

Israelis blicken positiver auf Deutschland als umgekehrt

Israelis sehen deutlich positiver auf Deutschland als umgekehrt, wie eine Studie zeigt. Jeder zweite Deutsche spricht sich demnach dafür aus, mit dem Holocaust im öffentlichen Diskurs abzuschließen.

Sonntag, 04.09.2022, 17:00 Uhr|zuletzt aktualisiert: Sonntag, 04.09.2022, 11:41 Uhr Lesedauer: 3 Minuten  |  

Die Mehrheit der israelischen Bevölkerung hat laut einer Studie der Bertelsmann Stiftung eine positive Einstellung zu Deutschland. Unter Israelis haben fast zwei Drittel (63 Prozent) eine ziemlich gute oder sehr gute Meinung von der Bundesrepublik, wie es in der am Freitag veröffentlichten Studie heißt. Umgekehrt denkt nur knapp die Hälfte der Bundesbürger (46 Prozent) positiv über Israel. Negativ wird vor allem die israelische Regierung gesehen. Lediglich 24 Prozent beurteilen deren Politik als gut.

Jeder zweite Deutsche (49 Prozent) spricht sich den Angaben nach zudem dafür aus, mit dem Holocaust zumindest im öffentlichen Diskurs abzuschließen. Lediglich 33 Prozent halten das für falsch. Außerdem sind sich die Befragten beider Länder uneinig darüber, ob aus der NS-Vergangenheit eine besondere deutsche Verantwortung für Israel erwachsen soll. Während in Israel eine Mehrheit von 57 Prozent das so sieht, ist es in Deutschland eine Minderheit von 27 Prozent.

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Israelis hätten also Erwartungen, die eine Mehrheit der deutschen Befragten nicht uneingeschränkt bereit sei zu erfüllen, heißt es in der Studie, die die Bertelsmann Stiftung anlässlich des Deutschlandbesuchs des israelischen Staatspräsidenten Izchak Herzog veröffentlichte.

Unterschiedliche Schlussfolgerungen aus der Geschichte

Als ein Beispiel wird der israelisch-palästinensische Konflikt genannt. 61 Prozent der Israelis erhoffen sich hier von der Bundesregierung eine einseitige politische Unterstützung ihrer Position. Doch nur zwölf Prozent der deutschen Befragten teilen diese Haltung. Diese Unterschiede seien auch das Resultat unterschiedlicher Schlussfolgerungen aus der Geschichte, sagte Stephan Vopel, Israel-Experte der Stiftung. „Für die allermeisten Deutschen gilt weiter die Maxime ’nie wieder Krieg‘, für die Israelis heißt es ’nie wieder Opfer‘.“

Die junge Generation der Deutschen lässt in der Umfrage ein tiefgreifendes, historisches Bewusstsein gegenüber den NS-Verbrechen erkennen, wie es weiter hieß. So widerspreche in der Altersgruppe der 18- bis 29-Jährigen jeder Zweite (47 Prozent) der Forderung, einen Schlussstrich unter die Vergangenheit zu ziehen. Auch antisemitische Ressentiments sind laut der Umfrage in dieser Gruppe weniger stark vertreten als unter allen anderen Interviewten.

Historische Verantwortung für Juden, nicht für Israel

Verpflichtungen gegenüber dem Staat Israel leiten sich nach Meinung der jungen Deutschen daraus aber nicht zwangsläufig ab. Unter den unter 30-Jährigen in Deutschland sehen laut Studie nur 15 Prozent die israelische Regierung positiv. Insgesamt lasse es sich ihre Einstellung auf die Formel bringen: historische Verantwortung gegenüber Jüdinnen und Juden ja, gegenüber dem Staat Israel jedoch nicht, so das Autoren-Team der Studie.

Geht es um die deutsch-israelische Zusammenarbeit, zeigen sich die Befragten in allen Altersgruppen allerdings insgesamt zufrieden. So vertritt den Angaben zufolge die Mehrheit der Deutschen (56 Prozent) und Israelis (68 Prozent) die Auffassung, dass die Kooperation zwischen beiden Ländern sehr oder eher gut funktioniert. Vier von fünf Israelis (78 Prozent) sowie jeder zweite Deutsche (53 Prozent) wünschen sich mehr Zusammenarbeit, in Wirtschaft, Forschung, in Form von Städtepartnerschaften.

Viel erreicht in den vergangenen Jahrzehnten

„In den vergangenen Jahrzehnten wurde viel für das deutsch-israelische Verhältnis erreicht“, sagte Joachim Rother von der Bertelsmann Stiftung. Die Anzeichen einer möglichen Entfremdung der beiden Länder zeigten aber auch, dass eine intensive Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen Perspektiven und Lebensrealitäten durch direkte Begegnungen und Dialog unabdingbar sei.

Für die Studie hatten die Berliner Meinungsforschungsagentur pollytix strategic research und das Forschungsinstitut New Wave Research jeweils rund 1.200 wahlberechtigte Deutsche und Israelis im Spätsommer 2021 befragt. (epd/mig) Aktuell Gesellschaft

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