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Kontroverse

Antisemitismusbeauftragter für Lehrer-Pflichtbesuche in Gedenkstätten

Vor 80 Jahren versammelten sich führende Funktionäre des NS-Staates am Berliner Wannsee zu einer Besprechung über die Organisation des Massenmords an den Juden. Dieser Jahrestag löst eine erneute Debatte über Pflichtbesuche in Gedenkstätten aus.

Freitag, 21.01.2022, 5:21 Uhr|zuletzt aktualisiert: Donnerstag, 20.01.2022, 15:21 Uhr Lesedauer: 2 Minuten  |  

Zum 80. Jahrestag der Wannsee-Konferenz hat der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, Pflichtbesuche für angehende Lehrer und Lehrerinnen in KZ-Gedenkstätten gefordert. „Mir fehlt das Verständnis dafür, dass es in Deutschland nach wie vor möglich ist, ein Lehramtsstudium ohne jeden Berührungspunkt mit der Schoah abschließen zu können“, sagte Klein den Zeitungen der Funke Mediengruppe. Schüler könnten die heutige Gesellschaft nur verstehen, wenn ihnen die deutsche Geschichte bewusst sei. Historiker warnen hingegen vor „Zwangsbesuchen“ in Gedenkstätten und einem ritualisierten Erinnern an die NS-Verbrechen. Die Auseinandersetzung junger Menschen mit der NS-Zeit müsse freiwillig erfolgen.

Auf der Wannsee-Konferenz am 20. Januar 1942 plante die NS-Führung die Aufgabenverteilung für den systematischen Völkermord an den Juden. Zu der Besprechung in der Berliner Villa mit Seeblick trafen sich dazu 15 NS-Parteigrößen, Ministerialbeamte und die Spitzen des Polizei- und Sicherheitsapparates.

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Kontroverse über Zwangsbesuche

Klein betonte, er wolle sich dafür einsetzen, dass die Auseinandersetzung mit der Schoah und mit Antisemitismus bundesweit ein verpflichtender Bestandteil des Lehramtsstudiums werde. Pflichtbesuche von allen angehenden Lehrerinnen und Lehrern in Gedenkstätten wie der Wannsee-Konferenz wären ein wichtiger Beitrag gegen den wieder erstarkenden Antisemitismus, sagte der Beauftragte der Bundesregierung für jüdisches Leben und den Kampf gegen Antisemitismus.

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Der stellvertretende Leiter der Berliner Gedenk- und Bildungsstätte „Haus der Wannsee-Konferenz“, Matthias Haß, sagte am Donnerstag im RBB-Inforadio: „Wir lernen am besten freiwillig. Wir lernen am besten, wenn Interesse abgefragt wird. Und wir lernen nicht gut, wenn gesagt wird: Das musst Du aber jetzt tun.“ Von daher sehe er „Zwangsbesuche“ eher skeptisch. Haß forderte, den Lehrkräften die Rahmenbedingungen und die Zeit für Gedenkstätten-Besuche zu ermöglichen. Wenn diese Fortbildungsangebote wahrnehmen könnten und Schulklassen dann vorbereitet kämen, könne dies „produktiv sein“.

Historiker fordert echte Aufarbeitung

Der Jenaer Historiker und Leiter der Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Jens-Christian Wagner, kritisierte eine zum Ritual erstarrte Gedenkkultur: „Auch wenn es richtig ist, um die Opfer zu trauern, fehlt das Nachdenken darüber, warum diese Menschen überhaupt zu Opfern geworden sind.“ Eine echte Aufarbeitung der NS-Zeit bedeute, nachzufragen, warum damals viele mitgemacht hätten, sagte Wagner im Gespräch.

Er persönlich habe schon Probleme mit dem Begriff „Erinnern“: „Er wird von allen hochgehalten, vor allem in Sonntagsreden an Jahrestagen.“ Der Begriff sei ein erhobener Zeigefinger: „Man muss sich fragen, an was sich eigentlich 16-Jährige erinnern sollen, wenn sie eine Gedenkstätte besuchen. Erinnern kann man sich ja nur an etwas, das man selbst erlebt hat.“ Wenn dann Erinnerung eingefordert werde, „verpufft das entweder wirkungslos oder löst Abwehrreaktionen aus“. „Eine Auseinandersetzung – das ist der passendere Begriff – muss immer selbstbestimmt und freiwillig sein“, sagte Wagner. (epd/mig) Aktuell Panorama

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